Wichtiger Teil seiner Filme seien Fassbinders Frauenfiguren gewesen. Diese hätten den Zuschauer nicht mehr losgelassen, "weil sie auf so verzweifelte und auch stolze Weise eigentlich an sich selbst vorbei leben und auch an sich selbst vorbei lieben", so Nicodemus.
Schauspielerinnen wie Margit Carstensen, Hanna Schygulla oder Irm Hermann seien dabei die schillerndsten, widersprüchlichsten, erotischsten und auch bittersten Heldinnen des deutschen Nachkriegskinos gewesen.
Ein "berserkerhaft drehender Zeitdiagnostiker"
Erzählt habe Fassbinder in seinen Filmen von Menschen, "die eine Ahnung haben von ihren Möglichkeiten und Bedürfnissen und trotzdem das herrschende System im Kopf akzeptieren und es durch ihre Taten festigen", sagte die Kritikerin im Dlf.
Als Filmemacher sei Fassbinder "ein fiebriger, berserkerhaft drehender Zeitdiagnostiker" und auch ein Diagnostiker der deutschen Gesellschaft gewesen. In fast jedem seiner Filme habe er in die Seele und Abgründe Deutschlands geblickt und die deutsche Geschichte und Nachkriegsgeschichte analysiert.
Dass ihm so viel Ablehnung entgegenschlug und es das Bild vom "Bürgerschreck Fassbinder" gab, daran hab er mit Auftritten in Talkshows als breitbeinig dasitzender Bad Boy selbst gearbeitet, so Katja Nicodemus über das Image des Filmemachers.