Uli Blumenthal: Am 16. Februar 2005 ist das Kyoto-Protokoll in Kraft getreten, das völkerrechtlich verbindliche Ziele für die Emission von Treibhausgasen festlegt. Diese Vereinbarung über die Reduzierung des jährlichen Treibhausgasausstoßes der Industrieländer läuft 2012 aus. Seit gestern nun findet im mexikanischen Cancun der 16. Klimagipfel der Vereinten Nationen statt. Nach den ergebnislosen Verhandlungen vor einem Jahr in Kopenhagen jetzt also ein erneuter Anlauf für eine Nachfolgevereinbarung des Kyoto-Protokolls. Ich habe vor der Sendung mit Professor Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig gesprochen und ihn nach den Chancen dafür gefragt, dass in Cancun ein neues internationales Klimaschutzabkommen beschlossen wird.
Reimund Schwarze: Ich sehe im Moment keine großen Chancen, dass wir in Cancun zu einem rechtsverbindlichen Folgeabkommen zum Kyoto-Protokoll kommen oder auch zu langfristigen Kooperationsvereinbaren mit den USA und China. Wir stehen im Grunde vor der gleichen Situation wie Kopenhagen, nur dass die großen Ziele jetzt aufgegeben wurden zugunsten kleiner Schritte und natürlich auch wichtiger Einzelschritte, um die bestehende Architektur jetzt zu halten.
Blumenthal: Der Klimagipfel vor einem Jahr in Kopenhagen war ganz klar überschrieben 'jetzt werden wir ein Kyoto-Nachfolgeprotokoll verabschieden'. Das hat nicht geklappt. Ein Jahr später - wie ist der Start dieser Diskussion, dieser Gespräche jetzt in Cancun? Gibt es da erste Zeichen, wo Sie sagen, wir sind doch auf einem richtigen Weg?
Schwarze: Zunächst musste der Scherbenhaufen von Kopenhagen wieder geklebt werden. Das war ein mühseliger Prozess, auch wieder Vertrauen und Routinen in diesen Verhandlungsprozess zu bringen, nachdem alle Routinen des Verhandelns in Kopenhagen gescheitert sind. Heute ist man an dem Punkt, dass wohl diese Routinen und auch das Grundvertrauen im Prozess wieder da ist. Jetzt geht man zu kleinen Einzelschritten über. Ich beobachte, dass einige Themen dabei in den Vordergrund rücken. Das ist zum Einen die Anpassung an den unvermeidlichen Klimawandel, das ist zum Anderen Maßnahmen zum Waldschutz weltweit und auch Maßnahmen zum Technologietransfer, also Maßnahmen im Bereich einzelner Sektoren, wie zum Beispiel Zementindustrie oder Energiewirtschaft.
Blumenthal: Heißt das, dass wir eigentlich mit dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls Abschied nehmen auch von dem einen großen verbindlichen Vertrag zum Klimaschutz und dann international eine Politik der kleinen Schritte stattfinden wird?
Schwarze: Das ist jedenfalls der Pfad, den ich beobachte, der eingeschlagen wurde jetzt durch die neue Führung im Klimasekretariat. Sie wissen ja, mit Kopenhagen und dem Scheitern von Kopenhagen gab es auch einen wichtigen Wechsel in der Spitze der Verhandlungsführung dieser internationalen Klimaverhandlungen. Und Frau Figueres ist glaube ich eine sehr pragmatische, wenn auch durchsetzungsfähige Frau, die sich jetzt vorgenommen hat, zunächst wieder einzelne erfolgreiche Schritte zu gehen, Maßnahmen, die geeignet sind, die Depressionen, die zunächst nach Kopenhagen entstanden sind, aufzufangen durch konkrete Fortschritte in Einzelmaßnahmen.
Blumenthal: Das heißt Cancun jetzt in Mexiko wird eine Zwischenetappe sein hin dann zu dem Klimagipfel, der 2012 ja in Durban stattfinden soll, auch im Dezember. Und dann? Was wird es dann dort geben, ein Kyoto-Nachfolgeprotokoll oder ganz viele kleine? Wie muss man sich diese Entwicklung vorstellen?
Schwarze: Es ist leider ein Zwischenschritt, eigentlich ein viel zu kleiner Zwischenschritt für das, was vor uns liegt. Es ist nicht möglich, auf Grundlage der Zwischenschritte, die hier erreichbar scheinen, in Durban tatsächlich zu dem großen Schritt zu kommen. Wir würden Kopenhagen wiederholen, wenn wir die gleichen großen Erwartungen an Durban setzen würden, auf Basis der kleinen Zwischenschritte, die jetzt in Cancun möglich erscheinen. Weder die Anpassungsfrage noch die Frage des Waldschutzes können uns zentral voranbringen in den Fragen, die wichtig wären für ein kurzes internationales Abkommen zum Klimaschutz.
Blumenthal: Was bedeuten all diese ganzen Faktoren für verbindliche Ziele, die die Emissionen von Treibhausgasen festlegen und regeln sollen - und natürlich auch zu einer Reduktion führen. Sind wir eigentlich von diesen Zielen, die Kyoto formuliert hat, damit dann schon wieder meilenweit entfernt?
Schwarze: Wir wären davon entfernt, wenn es nicht begleitend auch Maßnahmen gibt an der großen Architektur. Natürlich gibt es immer Vorschläge. Grenada hat zum Beispiel gerade noch einmal ganz aktuell eine große Architektur der Klimapolitik des 21. Jahrhunderts als Protokollvorschlag eingereicht. Aber das sind natürlich kleine Länder und einzelne Vorstöße. Nichtsdestotrotz gilt: Wir brauchen eine solche große Architektur. All die kleinen Maßnahmen, die jetzt vielleicht auch zu Erfolgen auf dem Verhandlungsprozess in Cancun führen, sind nicht geeignet, eine große Architektur zu erreichen. Wir müssen umgekehrt jetzt auch Maßnahmen im Bereich der Sicherung der großen Architektur machen. Ich habe selber von einer Notoperation am Kyoto-Protokoll gesprochen, insoweit das Kyoto-Protokoll noch Bestandteil einer großen Architektur sein muss. Und Kyoto-Protokoll heißt eben auch Maßnahmen der Mengenbeschränkung des Ausstoßes an fossilen Brennstoffen aus der Verbrennung müssen jetzt in Cancun wenigstens aller, aller erste Schritte ergriffen werden, um zu ermöglichen, dass diese Architektur nicht nach Durban dann zusammenbricht.
Reimund Schwarze: Ich sehe im Moment keine großen Chancen, dass wir in Cancun zu einem rechtsverbindlichen Folgeabkommen zum Kyoto-Protokoll kommen oder auch zu langfristigen Kooperationsvereinbaren mit den USA und China. Wir stehen im Grunde vor der gleichen Situation wie Kopenhagen, nur dass die großen Ziele jetzt aufgegeben wurden zugunsten kleiner Schritte und natürlich auch wichtiger Einzelschritte, um die bestehende Architektur jetzt zu halten.
Blumenthal: Der Klimagipfel vor einem Jahr in Kopenhagen war ganz klar überschrieben 'jetzt werden wir ein Kyoto-Nachfolgeprotokoll verabschieden'. Das hat nicht geklappt. Ein Jahr später - wie ist der Start dieser Diskussion, dieser Gespräche jetzt in Cancun? Gibt es da erste Zeichen, wo Sie sagen, wir sind doch auf einem richtigen Weg?
Schwarze: Zunächst musste der Scherbenhaufen von Kopenhagen wieder geklebt werden. Das war ein mühseliger Prozess, auch wieder Vertrauen und Routinen in diesen Verhandlungsprozess zu bringen, nachdem alle Routinen des Verhandelns in Kopenhagen gescheitert sind. Heute ist man an dem Punkt, dass wohl diese Routinen und auch das Grundvertrauen im Prozess wieder da ist. Jetzt geht man zu kleinen Einzelschritten über. Ich beobachte, dass einige Themen dabei in den Vordergrund rücken. Das ist zum Einen die Anpassung an den unvermeidlichen Klimawandel, das ist zum Anderen Maßnahmen zum Waldschutz weltweit und auch Maßnahmen zum Technologietransfer, also Maßnahmen im Bereich einzelner Sektoren, wie zum Beispiel Zementindustrie oder Energiewirtschaft.
Blumenthal: Heißt das, dass wir eigentlich mit dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls Abschied nehmen auch von dem einen großen verbindlichen Vertrag zum Klimaschutz und dann international eine Politik der kleinen Schritte stattfinden wird?
Schwarze: Das ist jedenfalls der Pfad, den ich beobachte, der eingeschlagen wurde jetzt durch die neue Führung im Klimasekretariat. Sie wissen ja, mit Kopenhagen und dem Scheitern von Kopenhagen gab es auch einen wichtigen Wechsel in der Spitze der Verhandlungsführung dieser internationalen Klimaverhandlungen. Und Frau Figueres ist glaube ich eine sehr pragmatische, wenn auch durchsetzungsfähige Frau, die sich jetzt vorgenommen hat, zunächst wieder einzelne erfolgreiche Schritte zu gehen, Maßnahmen, die geeignet sind, die Depressionen, die zunächst nach Kopenhagen entstanden sind, aufzufangen durch konkrete Fortschritte in Einzelmaßnahmen.
Blumenthal: Das heißt Cancun jetzt in Mexiko wird eine Zwischenetappe sein hin dann zu dem Klimagipfel, der 2012 ja in Durban stattfinden soll, auch im Dezember. Und dann? Was wird es dann dort geben, ein Kyoto-Nachfolgeprotokoll oder ganz viele kleine? Wie muss man sich diese Entwicklung vorstellen?
Schwarze: Es ist leider ein Zwischenschritt, eigentlich ein viel zu kleiner Zwischenschritt für das, was vor uns liegt. Es ist nicht möglich, auf Grundlage der Zwischenschritte, die hier erreichbar scheinen, in Durban tatsächlich zu dem großen Schritt zu kommen. Wir würden Kopenhagen wiederholen, wenn wir die gleichen großen Erwartungen an Durban setzen würden, auf Basis der kleinen Zwischenschritte, die jetzt in Cancun möglich erscheinen. Weder die Anpassungsfrage noch die Frage des Waldschutzes können uns zentral voranbringen in den Fragen, die wichtig wären für ein kurzes internationales Abkommen zum Klimaschutz.
Blumenthal: Was bedeuten all diese ganzen Faktoren für verbindliche Ziele, die die Emissionen von Treibhausgasen festlegen und regeln sollen - und natürlich auch zu einer Reduktion führen. Sind wir eigentlich von diesen Zielen, die Kyoto formuliert hat, damit dann schon wieder meilenweit entfernt?
Schwarze: Wir wären davon entfernt, wenn es nicht begleitend auch Maßnahmen gibt an der großen Architektur. Natürlich gibt es immer Vorschläge. Grenada hat zum Beispiel gerade noch einmal ganz aktuell eine große Architektur der Klimapolitik des 21. Jahrhunderts als Protokollvorschlag eingereicht. Aber das sind natürlich kleine Länder und einzelne Vorstöße. Nichtsdestotrotz gilt: Wir brauchen eine solche große Architektur. All die kleinen Maßnahmen, die jetzt vielleicht auch zu Erfolgen auf dem Verhandlungsprozess in Cancun führen, sind nicht geeignet, eine große Architektur zu erreichen. Wir müssen umgekehrt jetzt auch Maßnahmen im Bereich der Sicherung der großen Architektur machen. Ich habe selber von einer Notoperation am Kyoto-Protokoll gesprochen, insoweit das Kyoto-Protokoll noch Bestandteil einer großen Architektur sein muss. Und Kyoto-Protokoll heißt eben auch Maßnahmen der Mengenbeschränkung des Ausstoßes an fossilen Brennstoffen aus der Verbrennung müssen jetzt in Cancun wenigstens aller, aller erste Schritte ergriffen werden, um zu ermöglichen, dass diese Architektur nicht nach Durban dann zusammenbricht.