Die 30-jährige Ärztin hatte ihr zwei Monate altes Baby im Arm, als sie am Montag aus nächster Nähe erschossen wurde. Auf offener Straße in Malmö, einem der Hotspots der Gang-Kriminalität. Ein 19-jähriger vorbestrafter Drogendealer wurde unter dem Verdacht der Beihilfe zum Mord festgenommen, nach dem oder den Tätern wird gesucht.
Nur zwei Tage später trafen Kugeln aus einer automatischen Waffe eine 18-Jährige in einem Apartment bei Stockholm ebenfalls tödlich. Der oder die ebenfalls unbekannten Täter hatten von der Straße aus durch ein Fenster gefeuert und womöglich einen Mann umbringen wollen, der in der Wohnung war. Die junge Ärztin dagegen scheint gezielt getötet worden zu sein, um ihren Mann zu bestrafen, einen verurteilen Räuber, der nach Presseberichten Mittäter betrogen haben könnte.
"Eine beunruhigende Entwicklung"
Die Gewalt in Schweden eskaliert, der Mord an Frauen war bisher im Milieu allerdings tabu. Das Land steht unter Schock und Innenminister Mikael Damberg von den Sozialdemokraten unter Druck:
"Das ist eine beunruhigende Entwicklung, eines der größten Gesellschaftsprobleme dieser Zeit. Die tödliche Gewalt kommt näher. Das macht den Menschen Angst. Wir müssen diese Entwicklung zurückdrängen und zwar mit der gesamten Kraft der Gesellschaft."
Im vergangenen Jahr hat die Polizei 306 Fälle von Schusswaffengebrauch registriert, es gab 135 Verletzte und 45 Tote, fast doppelt so viele wie noch zwei Jahre zuvor. Die rot-grüne Minderheitsregierung verspricht 10.000 zusätzliche Polizisten und schärfere Gesetze. Aber nicht zum ersten Mal, sagt Thomas Ramberg vom öffentlichen Sender SVT:
"Diese schärferen Gesetze werden seit Jahren diskutiert. Es gibt bereits eine Reihe von konkreten Vorschlägen und Untersuchungen und man ist dabei, sie umzusetzen. Dazu zählt die Einführung von anonymen Zeugenaussagen, Kronzeugenregelungen, Zeugenschutzprogrammen und Unterstützung für Aussteiger, die gegen ihre Ex-Kumpane aussagen."
Suche nach den Ursachen der Gewalt
Nur, diese Gesetzesvorhaben sind zum großen Teil noch nicht umgesetzt und wenn die Polizei im Land Schlagzeilen macht, dann vor allem durch Unterbesetzung und Überforderung. Als würde man sich weigern, die offenbar neue und kritische Sicherheitslage im früheren Bullerbü zur Kenntnis zu nehmen. Stattdessen: Kopfschütteln selbst bei Kriminologen wie Manne Gerell, der sich wie allen anderen fragt, warum es immer mehr brutale Gewalt gibt, inzwischen selbst in kleineren Städten und gegen Frauen.
"Ehrlich gesagt wissen wir das nicht genau. Eine Hypothese ist, dass es eine Normverschiebung oder eine Art Wettrüsten in den kriminellen Kreisen gegeben hat. In diesem Milieu ist Gewaltkapital wichtig. Wer Geld verdienen und sich etablieren will, der muss in der Lage sein, Gewalt anzuwenden oder zumindest als gewaltbereit wahrgenommen werden."
Die Sache ist so ernst, dass König Carl Gustaf und Thronfolgerin Viktoria sich gestern von der Polizeispitze über die Lage informieren und hinter erklären ließen – Zitat: "Wir teilen nach diesen Taten die Sorgen der Allgemeinheit und fühlen mit den Hinterbliebenen. Zugleich stehen wir hinter der Polizei und anderen Behörden." Die Politik haben sie dabei nicht erwähnt.