Peter und Manuela haben den Widerstand an diesem Abend in ihre Wohnung eingeladen, in die zehnten Etage des Wohnblocks in der Lohbeckstraße 64, mitten in Berlin-Kreuzberg.
Bei Süßigkeiten und Nüsschen sitzen die Nachbarn dicht an dicht an dem großen Couchtisch des Ehepaars und reden. Wie so oft in den vergangenen Wochen. Über ihren Vermieter, der für die Hausgemeinschaft eigentlich mehr ein Gegner ist, eine Bedrohung: die Deutsche Wohnen, Berlins größter und wohl auch unbeliebtester Immobilienkonzern. Mit 110.000 Wohnungen allein in der Hauptstadt: "Deren Ziel hier ist ganz klar Entmietung", sagt einer der Mieter. "Wir sind innerstädtisch, Regierungsviertel ist nicht weit weg, es ist zentral zum Alexanderplatz, sie können hier erheblich mehr nehmen."
Ihre Nachnamen wollen die Mieter nicht im Radio nennen – denn manche von ihnen fürchten Nachteile. Ende 2018 haben sich die Bewohner des Hauses in einer Mieterinitiative zusammengeschlossen. Ein paar Wochen, nachdem sie Post von ihrem Vermieter bekommen hatten. Eine Modernisierungsankündigung, die für sie eine erhebliche Mietsteigerung bedeutet: "So wie das von der Deutschen Wohnen vorgesehen ist, akzeptieren wir das nicht", sagt ein Mieter. "Wir stellen infrage, wer die Zeche dafür zu bezahlen hat, wenn wir zum Beispiel feststellen, dass sehr viele Posten in der Modernisierungsankündigung als Modernisierung deklariert sind, die eigentlich Instandsetzungsmaßnahmen sind."
Bei Süßigkeiten und Nüsschen sitzen die Nachbarn dicht an dicht an dem großen Couchtisch des Ehepaars und reden. Wie so oft in den vergangenen Wochen. Über ihren Vermieter, der für die Hausgemeinschaft eigentlich mehr ein Gegner ist, eine Bedrohung: die Deutsche Wohnen, Berlins größter und wohl auch unbeliebtester Immobilienkonzern. Mit 110.000 Wohnungen allein in der Hauptstadt: "Deren Ziel hier ist ganz klar Entmietung", sagt einer der Mieter. "Wir sind innerstädtisch, Regierungsviertel ist nicht weit weg, es ist zentral zum Alexanderplatz, sie können hier erheblich mehr nehmen."
Ihre Nachnamen wollen die Mieter nicht im Radio nennen – denn manche von ihnen fürchten Nachteile. Ende 2018 haben sich die Bewohner des Hauses in einer Mieterinitiative zusammengeschlossen. Ein paar Wochen, nachdem sie Post von ihrem Vermieter bekommen hatten. Eine Modernisierungsankündigung, die für sie eine erhebliche Mietsteigerung bedeutet: "So wie das von der Deutschen Wohnen vorgesehen ist, akzeptieren wir das nicht", sagt ein Mieter. "Wir stellen infrage, wer die Zeche dafür zu bezahlen hat, wenn wir zum Beispiel feststellen, dass sehr viele Posten in der Modernisierungsankündigung als Modernisierung deklariert sind, die eigentlich Instandsetzungsmaßnahmen sind."
Wer für die Sanierung zahlen muss
Instandsetzung oder Modernisierung – das ist nämlich die Frage. Dass an dem 15-stöckigen Bau aus den 60er Jahren etwas gemacht werden muss – da sind sich alle hier am Tisch einig: "Hier wurde seit Jahrzehnten nichts mehr gemacht", sagt ein Mieter. "Die Fenster zum Beispiel sind absolut marode, die sind von 1965. Das sind noch zweiteilige Fenster, die sind undicht, da weht der Wind durch", so ein anderer.
In die Flure weht und regnet es hinein, in den Decken sei schon vor Jahren Asbest gefunden worden, erzählt Peter. Für alle hier steht fest: Das Haus muss saniert, nicht modernisiert werden.
In die Flure weht und regnet es hinein, in den Decken sei schon vor Jahren Asbest gefunden worden, erzählt Peter. Für alle hier steht fest: Das Haus muss saniert, nicht modernisiert werden.
Der entscheidende Unterschied: Bei einer Modernisierung trägt der Mieter anteilig die Kosten, über eine monatliche Erhöhung der Kaltmiete. Bis Ende 2018 maximal elf Prozent, nach einer Gesetzesänderung nun maximal acht Prozent der Modernisierungskosten. Wird eine Immobilie dagegen instandgesetzt, muss das allein der Eigentümer bezahlen.
Peter blättert in der Mappe mit der Ankündigung, zählt auf, was die Deutsche Wohnen alles machen will – und was das für ihre Miete bedeuten würde: "Also bei uns heißt es 158 Euro Kaltmiete höher, plus natürlich auch noch Baukosten, Architektur und Planungskosten, da müssen wir mit mindestens noch mal 100 bis 150 Euro zusätzlich rechnen."
Wenn die Wohnung unbezahlbar wird
Die Deutsche Wohnen will sich auf Anfrage des Deutschlandfunks nicht zu den Baumaßnahmen äußern. Generell lehnt das Unternehmen ein Interview ab.
Der 50-jährige Cemal arbeitet als Hausmeister. Er ist in Kreuzberg aufgewachsen, hier im Haus wohnt er seit mehr als zehn Jahren. Würde die Deutsche Wohnen mit ihren Plänen durchkommen, müsste er raus: "Ich weiß nicht wohin ich ziehen werde, es macht mich jeden Tag seelisch kaputt. Mein Gehalt ist 1350 Euro im Monat – es wird dann 800 Euro Miete kosten, ich weiß nicht, was ich da machen soll."
Beate nimmt ihre Zigarettenschachtel vom Wohnzimmertisch, knibbelt eine Weile an der Plastikhülle. Dann beginnt auch sie zu erzählen, von den Panikattacken, die sie seit November immer wieder habe: "Das macht mir Angst und schlaflose Nächte, weil es einfach meine Existenz gefährdet. Ein Obdach zu haben, ist das A und O. Und ich wohne hier schon 22 Jahre und will auch in dieser Gemeinschaft bleiben."
Die 56-Jährige arbeitet Vollzeit als Krankenschwester, 35 Stunden die Woche. Sie gibt schon jetzt mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete in dem heruntergekommenen Haus aus. Nach der geplanten Erhöhung wären es 45 Prozent, sagt sie. Zu viel für sie: "Bezahlbare Mieten in Berlin ist ein Ding der Unmöglichkeit."
Auf die Frage, ob sie schon geschaut habe, wo sie hinziehen könnte, fangen alle an zu lachen. "Da bleibt nur eins: Hellersdorf und Marzahn", sagt einer. Und ein anderer: "Auch das nicht mehr."
Beate denkt über ein WG-Zimmer nach, das erste in ihrem Leben. Mit 56 Jahren.
Der 50-jährige Cemal arbeitet als Hausmeister. Er ist in Kreuzberg aufgewachsen, hier im Haus wohnt er seit mehr als zehn Jahren. Würde die Deutsche Wohnen mit ihren Plänen durchkommen, müsste er raus: "Ich weiß nicht wohin ich ziehen werde, es macht mich jeden Tag seelisch kaputt. Mein Gehalt ist 1350 Euro im Monat – es wird dann 800 Euro Miete kosten, ich weiß nicht, was ich da machen soll."
Beate nimmt ihre Zigarettenschachtel vom Wohnzimmertisch, knibbelt eine Weile an der Plastikhülle. Dann beginnt auch sie zu erzählen, von den Panikattacken, die sie seit November immer wieder habe: "Das macht mir Angst und schlaflose Nächte, weil es einfach meine Existenz gefährdet. Ein Obdach zu haben, ist das A und O. Und ich wohne hier schon 22 Jahre und will auch in dieser Gemeinschaft bleiben."
Die 56-Jährige arbeitet Vollzeit als Krankenschwester, 35 Stunden die Woche. Sie gibt schon jetzt mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete in dem heruntergekommenen Haus aus. Nach der geplanten Erhöhung wären es 45 Prozent, sagt sie. Zu viel für sie: "Bezahlbare Mieten in Berlin ist ein Ding der Unmöglichkeit."
Auf die Frage, ob sie schon geschaut habe, wo sie hinziehen könnte, fangen alle an zu lachen. "Da bleibt nur eins: Hellersdorf und Marzahn", sagt einer. Und ein anderer: "Auch das nicht mehr."
Beate denkt über ein WG-Zimmer nach, das erste in ihrem Leben. Mit 56 Jahren.
Volksbegehren und Enteignung
In keiner anderen Stadt der Welt steigen die Mieten zurzeit so stark wie in Berlin – allein im vergangenen Jahr um mehr als 20 Prozent. Lag der Quadratmeterpreis bei Neuvermietungen 2008 noch bei etwa 5 Euro, wurden nach Angaben des Zentralen Immobilien-Ausschusses im dritten Quartal 2018 etwas mehr als 10 Euro verlangt. Lange Zeit galten die Mieten in Berlin als besonders niedrig – doch das ändert sich nach und nach. Heute sind nur noch fünf Städte in Deutschland teurer als die Hauptstadt.
31 Prozent ihres Einkommens geben die Berliner inzwischen durchschnittlich für die Miete aus. Nur in Frankfurt ist die Belastung höher.
Nur ein paar hundert Meter vom Wohnblock der Mietergemeinschaft entfernt, führt Rouzbeh Taheri durch die Otto-Suhr-Siedlung, ein Viertel aus Wohnblockriegeln an der ehemaligen Grenze zu Ostberlin. In den 50er-Jahren als Vorzeigeprojekt sozialen Wohnungsbaus Westberlins errichtet.
31 Prozent ihres Einkommens geben die Berliner inzwischen durchschnittlich für die Miete aus. Nur in Frankfurt ist die Belastung höher.
Nur ein paar hundert Meter vom Wohnblock der Mietergemeinschaft entfernt, führt Rouzbeh Taheri durch die Otto-Suhr-Siedlung, ein Viertel aus Wohnblockriegeln an der ehemaligen Grenze zu Ostberlin. In den 50er-Jahren als Vorzeigeprojekt sozialen Wohnungsbaus Westberlins errichtet.
Der linke Teil der Blocks gehört der Deutsche Wohnen, der rechte der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaft WBM. In beiden wurde kürzlich modernisiert: "Bei einer vergleichbaren Wohnung will die WBM 80 Euro Mieterhöhung, die Deutsche Wohnen will160 Euro. Bei gleichem Standard.", sagt Taheri. Das liege daran, "dass die Deutsche Wohnen mit der Modernisierung Geld machen will."
Taheri will wegen dieser Entwicklung wieder mehr Sozialismus wagen, wenn es ums Wohnen geht. Er hat das Volksbegehren "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" initiiert. Der Wirtschaftswissenschaftler will die Berliner darüber abstimmen lassen, ob Immobilienfirmen, die in der Hauptstadt mehr als 3000 Wohnungen besitzen, gegen Entschädigung vom Senat enteignet werden sollen. Allen voran die Deutsche Wohnen, aber auch Firmen wie Vonovia oder Ado Properties.
Taheri sagt: "Die nutzten ihre Marktmacht aus, um alle Hebel in Bewegung zu setzen: Klassische Mieterhöhung, Modernisierung. Gleichzeitig greifen sie mit ihrer Marktmacht die Mieterschutzgesetze an. Die Mieten werden teilweise über den Mitspiegel erhöht. Und wenn die Mieter sich dagegen wehren, werden sie verklagt."
20.000 Unterschriften sind nötig
Taheri und seine Mitstreiter berufen sich auf die Berliner Verfassung. Diese erklärt "jeden Missbrauch wirtschaftlicher Macht für widerrechtlich". Außerdem auf Artikel 15 des Grundgesetzes, der es ermöglicht, Eigentum zu vergesellschaften. Ob der in diesem Fall greift, ist unter Staatsrechtlern umstritten, schließlich schützt das Grundgesetz auch das Eigentum ausdrücklich.
"Wir glauben, dass bestimmte Bereiche des Lebens von der Marktlogik ausgenommen werden sollten und dazu gehört das Grundrecht auf Wohnen", ist Taheri überzeugt. "Diese Wohnungen, die größtenteils auch städtisch waren, gehören gemeinwirtschaftlich bewirtschaftet, im Sinne der Wohnungsversorgung für breite Schichten der Bevölkerung und nicht der Profitmaximierung."
Im April will Taheri mit seinen Mitstreitern beginnen, die 20.000 Unterschriften zu sammeln, die im ersten Verfahrensschritt für das Volksbegehren nötig sind. Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Berliner hinter dem Vorhaben steht.
Inzwischen zeigen auch die mitregierenden Grünen Sympathien für das Volksbegehren, die Partei Die Linke, die mit Katrin Lompscher die Bausenatorin stellt, unterstützt es sogar offen. Auch wenn die Senatorin das Wort Enteignung lieber nicht in den Mund nimmt: "Wir debattieren die Frage, wie man das Grundbedürfnis auf Wohnen gewährleistet und dabei werden viele Fragen diskutiert. Unter anderem auch die vom Grundgesetz vorgezeichneten Möglichkeiten der Vergesellschaftung wichtiger Gemeingüter."
"Wir glauben, dass bestimmte Bereiche des Lebens von der Marktlogik ausgenommen werden sollten und dazu gehört das Grundrecht auf Wohnen", ist Taheri überzeugt. "Diese Wohnungen, die größtenteils auch städtisch waren, gehören gemeinwirtschaftlich bewirtschaftet, im Sinne der Wohnungsversorgung für breite Schichten der Bevölkerung und nicht der Profitmaximierung."
Im April will Taheri mit seinen Mitstreitern beginnen, die 20.000 Unterschriften zu sammeln, die im ersten Verfahrensschritt für das Volksbegehren nötig sind. Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Berliner hinter dem Vorhaben steht.
Inzwischen zeigen auch die mitregierenden Grünen Sympathien für das Volksbegehren, die Partei Die Linke, die mit Katrin Lompscher die Bausenatorin stellt, unterstützt es sogar offen. Auch wenn die Senatorin das Wort Enteignung lieber nicht in den Mund nimmt: "Wir debattieren die Frage, wie man das Grundbedürfnis auf Wohnen gewährleistet und dabei werden viele Fragen diskutiert. Unter anderem auch die vom Grundgesetz vorgezeichneten Möglichkeiten der Vergesellschaftung wichtiger Gemeingüter."
Bausenatorin unter Druck
Allerdings räumt die Linken-Politikerin ein: Eine Enteignung der Wohnungskonzerne wäre kompliziert. "Hier wird Neuland beschritten, rechtlich, inhaltlich Neuland. Wenn man hier eine gesetzliche Grundlage schafft, wird die verfassungsrechtlich überprüft werden. Sodass man sich wenn überhaupt auf eine lange Reise macht."
Die SPD in Berlin bevorzugt deshalb einen schwächeren Eingriff ins Eigentum, um Wohnraum bezahlbar zu halten. Die Partei will die Mieten in Bestandswohnungen auf 6 bis 7 Euro pro Quadratmeter deckeln, und zwar auch bei Neuvermietungen. Neu wäre dieses Vorgehen nicht. In der Nachkriegszeit gab es solche Deckelungen in mehreren deutschen Städten, in Westberlin sogar bis 1988.
"Die große Schwierigkeit liegt darin, ob das Land eigene Gesetzgebungskompetenz auf diesem Feld hat. Wenn wir die hätten, dann wäre es wunderbar", so Lompscher. "Aber das müssen wir uns sehr genau anschauen, weil es wäre so oder so ein Eingriff ins Eigentum. Es muss also verfassungsrechtlich bestandskräftig ausgearbeitet werden."
Die SPD in Berlin bevorzugt deshalb einen schwächeren Eingriff ins Eigentum, um Wohnraum bezahlbar zu halten. Die Partei will die Mieten in Bestandswohnungen auf 6 bis 7 Euro pro Quadratmeter deckeln, und zwar auch bei Neuvermietungen. Neu wäre dieses Vorgehen nicht. In der Nachkriegszeit gab es solche Deckelungen in mehreren deutschen Städten, in Westberlin sogar bis 1988.
"Die große Schwierigkeit liegt darin, ob das Land eigene Gesetzgebungskompetenz auf diesem Feld hat. Wenn wir die hätten, dann wäre es wunderbar", so Lompscher. "Aber das müssen wir uns sehr genau anschauen, weil es wäre so oder so ein Eingriff ins Eigentum. Es muss also verfassungsrechtlich bestandskräftig ausgearbeitet werden."
Katrin Lompscher hat sich viel Zeit genommen für dieses Interview, sie will sich erklären. Weil die Mieten auch unter der linken Bausenatorin steigen und steigen, steht die 56-Jährige massiv unter Druck. Die Opposition fordert fast jede Woche ihren Rücktritt, auch in der rot-rot-grünen Koalition ist sie umstritten.
Für das Interview hat sie eine dicke Mappe vor sich – mit all den Details und gesetzlichen Möglichkeiten, die das Wohnen auch in den zentralen Bezirken der Hauptstadt bezahlbar halten sollen. Drauf gucken muss sie nicht. "Wir haben inzwischen 56 soziale Erhaltungsgebiete in dieser Stadt auch dort ist es möglich, Modernisierungsmaßnahmen zu begrenzen und damit den Mietauftrieb zu begrenzen. Dort ist es möglich, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu begrenzen. Dort ist es insbesondere möglich, das kommunale Vorkaufsrecht zu nutzen, wenn Häuser den Besitzer wechseln. Alles das sind Maßnahmen, die den Mietauftrieb dämpfen."
Für das Interview hat sie eine dicke Mappe vor sich – mit all den Details und gesetzlichen Möglichkeiten, die das Wohnen auch in den zentralen Bezirken der Hauptstadt bezahlbar halten sollen. Drauf gucken muss sie nicht. "Wir haben inzwischen 56 soziale Erhaltungsgebiete in dieser Stadt auch dort ist es möglich, Modernisierungsmaßnahmen zu begrenzen und damit den Mietauftrieb zu begrenzen. Dort ist es möglich, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu begrenzen. Dort ist es insbesondere möglich, das kommunale Vorkaufsrecht zu nutzen, wenn Häuser den Besitzer wechseln. Alles das sind Maßnahmen, die den Mietauftrieb dämpfen."
Rückkauf und Vorkaufsrecht
Vor allem setzt der Senat aber derzeit auf den Rückkauf von Wohnungsbeständen, die vor allem in den 00er Jahren an private Investoren verscherbelt wurden - um Schulden zu senken. Katrin Lompscher: "Wir sind unterwegs mit den städtischen Gesellschaften und nehmen Ankaufsoptionen wahr – wenn die Rahmenbedingungen stimmen."
Anfang Februar stimmten die Bedingungen - nach jahrelangen Verhandlungen - bei 1800 Wohnungen im Kosmosviertel am Schönefelder Flughafen. 250 Millionen Euro soll die öffentliche Wohnungsgesellschaft Stadt und Land gezahlt haben. Lompscher kommentiert die Summen nicht – um die eigene Position bei neuen Verhandlungen nicht zu verschlechtern. Dass es die geben wird, ist so gut wie sicher: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller von der SPD erklärte Anfang Januar, die Bestände der Deutschen Wohnen zurückzukaufen, die 2004 noch dem Land gehörten: "Ich glaube, dass es gut ist, wenn wir als Stadt ganz konkret auf die Deutsche Wohnen zugehen und anbieten, diese unglückliche Situation aufzulösen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Unternehmen selbst mit diesem Auftritt, den wir in Berlin erleben, langfristig glücklich wird."
Anfang Februar stimmten die Bedingungen - nach jahrelangen Verhandlungen - bei 1800 Wohnungen im Kosmosviertel am Schönefelder Flughafen. 250 Millionen Euro soll die öffentliche Wohnungsgesellschaft Stadt und Land gezahlt haben. Lompscher kommentiert die Summen nicht – um die eigene Position bei neuen Verhandlungen nicht zu verschlechtern. Dass es die geben wird, ist so gut wie sicher: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller von der SPD erklärte Anfang Januar, die Bestände der Deutschen Wohnen zurückzukaufen, die 2004 noch dem Land gehörten: "Ich glaube, dass es gut ist, wenn wir als Stadt ganz konkret auf die Deutsche Wohnen zugehen und anbieten, diese unglückliche Situation aufzulösen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Unternehmen selbst mit diesem Auftritt, den wir in Berlin erleben, langfristig glücklich wird."
Konkret geht es um rund 50.000 Wohnungen, damals vom rot-roten Senat unter Klaus Wowereit für 405 Millionen Euro verkauft. Im Schnitt 8000 Euro pro Wohnung. Heute gibt die Deutsche Wohnen den Buchwert mit etwa 7 Milliarden Euro an, fast das 17-fache! Der Konzern hat Bereitschaft signalisiert, bei etwaigen Verkäufen das Land Berlin als Käufer zu bevorzugen. Es wäre ein gutes Geschäft – für die Deutsche Wohnen.
"Purer Populismus", sagt Christian Gräff. Er empfängt in seinem Wahlkreisbüro in Berlin Marzahn. Der CDU-Politiker hält wenig von den Plänen des Senats. Er ist baupolitischer Sprecher seiner Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Ein Rückkauf von zehntausenden Wohnungen schaffe weder neuen Wohnraum, noch würden dadurch wirklich die Mieten in Berlin sinken.
Kritik der Opposition
Im Gegenteil, durch die Rückkäufe treibe die Politik die Immobilien-Preise und damit die Mieten sogar noch weiter in die Höhe: "In der Innenstadt habe ich zunehmend den Eindruck und das sagen einem viele, die mit Immobilien zu tun haben, dass das Land Berlin sich an Spekulationen beteiligt. Das ist das Gegenteil dessen, was wir wollen."
Gräff meint damit auch die Politik von Florian Schmidt. Der grüne Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg ist über die Grenzen der Stadt hinaus für seine Vorkaufspolitik bekannt geworden. Weite Teile des Bezirks stehen mittlerweile unter Milieuschutz, sind soziale Erhaltungsgebiete. Soll hier ein Haus verkauft werden, kann der Bezirk darauf bestehen, dass der Käufer das Haus nicht "luxusmodernisiert". Akzeptiert er das nicht, hat der Bezirk ein Vorkaufsrecht. Auf diese Weise hat der Baustadtrat bei etwa 1.400 Wohnungen den Verkauf an einen Investor verhindert - und aus Sicht der Befürworter auch steigende Mieten und eine Verdrängung der Mieter.
So gut das für die einzelnen Mieter sei – generell treibe Schmidt mit seiner Politik die Preise hoch, sagt CDU-Mann Christian Gräff: "Wir haben jetzt schon Menschen in Friedrichshain-Kreuzberg, die überlegen, jetzt wäre eigentlich der richtige Zeitpunkt, meine Wohnung zu verkaufen. Das ist purer Populismus, weil für die Menschen in der breiten Masse die Mieten dadurch nicht sinken, im Gegenteil. Da wird nur für ganz wenige, eine Lösung geschaffen, der breiten Masse bringt das nichts."
Statt Hunderte Millionen in den Rückkauf und Vorkauf von Wohnungen zu stecken, müsse der Senat mehr neue Wohnungen bauen: "Deswegen ist unser erster Schritt, den wir fordern, ein Bündnis mit allen Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und privaten Eigentümern und der Bauindustrie, wie es zum Beispiel auch in Hamburg gibt, ein Bündnis für Mieten und Neubau."
Auch Claus Michelsen, Immobilienexperte beim arbeitnehmernahen Wirtschaftsinstitut DIW sagt: Die wirksamste Lösung, um Druck aus dem Mietmarkt zu nehmen, sei: mehr Wohnungen bauen, vor allem öffentliche.
Schließlich wächst Berlin jährlich um 40 bis 50.000 Einwohner. Den Bestand günstig zu halten – das allein reiche nicht: "Die Freiheiten der Konzerne entstehen ja vor allem deshalb, weil der Druck am Markt so groß ist. Sie hätten ja gar nicht diese Möglichkeiten, sich so zu verhalten, wenn Mieter auf diese Machenschaften reagieren könnten und sich einfach eine andere Wohnung suchen könnten. Diese Monopolmacht oder Monopolstellung werden jetzt ausgenutzt", so Michelsen vom DIW.
Gräff meint damit auch die Politik von Florian Schmidt. Der grüne Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg ist über die Grenzen der Stadt hinaus für seine Vorkaufspolitik bekannt geworden. Weite Teile des Bezirks stehen mittlerweile unter Milieuschutz, sind soziale Erhaltungsgebiete. Soll hier ein Haus verkauft werden, kann der Bezirk darauf bestehen, dass der Käufer das Haus nicht "luxusmodernisiert". Akzeptiert er das nicht, hat der Bezirk ein Vorkaufsrecht. Auf diese Weise hat der Baustadtrat bei etwa 1.400 Wohnungen den Verkauf an einen Investor verhindert - und aus Sicht der Befürworter auch steigende Mieten und eine Verdrängung der Mieter.
So gut das für die einzelnen Mieter sei – generell treibe Schmidt mit seiner Politik die Preise hoch, sagt CDU-Mann Christian Gräff: "Wir haben jetzt schon Menschen in Friedrichshain-Kreuzberg, die überlegen, jetzt wäre eigentlich der richtige Zeitpunkt, meine Wohnung zu verkaufen. Das ist purer Populismus, weil für die Menschen in der breiten Masse die Mieten dadurch nicht sinken, im Gegenteil. Da wird nur für ganz wenige, eine Lösung geschaffen, der breiten Masse bringt das nichts."
Statt Hunderte Millionen in den Rückkauf und Vorkauf von Wohnungen zu stecken, müsse der Senat mehr neue Wohnungen bauen: "Deswegen ist unser erster Schritt, den wir fordern, ein Bündnis mit allen Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und privaten Eigentümern und der Bauindustrie, wie es zum Beispiel auch in Hamburg gibt, ein Bündnis für Mieten und Neubau."
Auch Claus Michelsen, Immobilienexperte beim arbeitnehmernahen Wirtschaftsinstitut DIW sagt: Die wirksamste Lösung, um Druck aus dem Mietmarkt zu nehmen, sei: mehr Wohnungen bauen, vor allem öffentliche.
Schließlich wächst Berlin jährlich um 40 bis 50.000 Einwohner. Den Bestand günstig zu halten – das allein reiche nicht: "Die Freiheiten der Konzerne entstehen ja vor allem deshalb, weil der Druck am Markt so groß ist. Sie hätten ja gar nicht diese Möglichkeiten, sich so zu verhalten, wenn Mieter auf diese Machenschaften reagieren könnten und sich einfach eine andere Wohnung suchen könnten. Diese Monopolmacht oder Monopolstellung werden jetzt ausgenutzt", so Michelsen vom DIW.
Raum genug gebe es in Berlin durchaus noch – und zwar nicht nur an den Rändern der Stadt: "Man vernachlässigt häufig die Verdichtungs- und Nachverdichtungspotentiale. Berlin war schon mal sehr viel dichter bebaut als heute, es gibt Möglichkeiten, in zweiter Reihe zu bauen, größer und höher zu bauen, auch das sollte stärker genutzt werden und versucht werden, mehr Menschen auf dem selben Raum unterzubringen. Was sicherlich auch noch sinnvoll ist, ist die Durchmischung von Gewerbe und Wohnen stärker zu machen. Auch hier gibt es das neue städtebauliche urbane Gebiet wo andere Lärm- und Emissionsvorschriften gelten, wo man auch Wohnraum in überwiegend gewerblich genutzten Gebieten schaffen kann."
Monopolmacht der Immobilienkonzerne
Der Senat hat seine selbst gesteckten Ziele beim Neubau jedenfalls nicht erreicht. 30.000 neue Wohnungen wollte Rot-Rot-Grün in dieser Legislaturperiode allein durch die öffentlichen Gesellschaften bauen lassen. Vor wenigen Wochen musste Bausenatorin Katrin Lompscher eingestehen, es werden deutlich weniger: "Wir haben eine Untergrenze gesetzt von 25.000, die wir wirklich fertiggestellt sehen wollen, zum Ende des Jahres 2021. Mir ist es aber wichtig, zu betonen, dass die anderen Wohnungen auch gebaut werden. Die werden halt nur ein bisschen später fertig."
Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus sah das nicht so gelassen. Die CDU stellte kürzlich einen Missbilligungsantrag gegen Lompscher im Landesparlament, der allerdings mit der Mehrheit der Koalition abgewiesen wurde.
In der Monschauer Straße in Mariendorf, ein paar Kilometer südlich des Tempelhofer Feldes, drückt ein Minibagger Kies und Sand glatt, ein paar Bauarbeiter legen Gehwegplatten. Letzte Arbeiten an einer der Baustellen von Michael Abraham: "Das ist ein frei finanziertes Verdichtungsprojekt hier in Mariendorf, wir haben hier einen Bestand aus den 30er Jahren mit rund 500 Wohnungen, die noch so drei Baulücken hatten und die schließen wir jetzt."
Zwei Neubauten in einem Häuserriegel mit zwei Lücken. Es ist eine kleine Baustelle. Viel mehr ist momentan nicht drin, sagt Abraham: "Genossenschaften brauchen Grundstücke, und das ist auch immer wieder geäußert worden und da ich leider konstatieren, dass von der Politik überhaupt nichts in diese Richtung kommt."
Dabei ist Michael Abraham so ziemlich das Gegenteil einer Immobilien-Heuschrecke. Er ist Vorstand der Wohnbaugenossenschaft "Ideal". Sie ist nicht profitorientiert. Wer bei ihm eine Wohnung bezieht, ist nicht nur Mieter, sondern Mitglied. Was seine Genossenschaft baut, wird zum Baukostenpreis vermietet.
Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus sah das nicht so gelassen. Die CDU stellte kürzlich einen Missbilligungsantrag gegen Lompscher im Landesparlament, der allerdings mit der Mehrheit der Koalition abgewiesen wurde.
In der Monschauer Straße in Mariendorf, ein paar Kilometer südlich des Tempelhofer Feldes, drückt ein Minibagger Kies und Sand glatt, ein paar Bauarbeiter legen Gehwegplatten. Letzte Arbeiten an einer der Baustellen von Michael Abraham: "Das ist ein frei finanziertes Verdichtungsprojekt hier in Mariendorf, wir haben hier einen Bestand aus den 30er Jahren mit rund 500 Wohnungen, die noch so drei Baulücken hatten und die schließen wir jetzt."
Zwei Neubauten in einem Häuserriegel mit zwei Lücken. Es ist eine kleine Baustelle. Viel mehr ist momentan nicht drin, sagt Abraham: "Genossenschaften brauchen Grundstücke, und das ist auch immer wieder geäußert worden und da ich leider konstatieren, dass von der Politik überhaupt nichts in diese Richtung kommt."
Dabei ist Michael Abraham so ziemlich das Gegenteil einer Immobilien-Heuschrecke. Er ist Vorstand der Wohnbaugenossenschaft "Ideal". Sie ist nicht profitorientiert. Wer bei ihm eine Wohnung bezieht, ist nicht nur Mieter, sondern Mitglied. Was seine Genossenschaft baut, wird zum Baukostenpreis vermietet.
Genossenschaften suchen Grundstücke
Zwar hat der Senat den Genossenschaften 20 Grundstücke angeboten – doch die seien völlig unbrauchbar, sagt Abraham: "Wenn ein Grundstück 500 bis 700 Quadratmeter groß ist, da können sie nicht wirklich viel genossenschaftlichen Wohnungsbau drauf setzen. Da können sie ein Einfamilienhaus drauf setzen."
Abraham sieht sich als Opfer einer investorenfeindlichen Baupolitik – zerrieben zwischen den städtischen Gesellschaften und den profitorientierten Groß-Investoren. 120 größere Grundstücke liegen in Berlin laut einer kleinen Anfrage der CDU seit Jahren brach – weil die öffentlichen Wohnbaugesellschaften mit Planung und Bau nicht hinterher kommen.
Wenn der Senat wirklich daran interessiert sei, ausreichend Wohnraum zu schaffen, sei er auf die Genossenschaften angewiesen, sagt Abraham: "Grundsätzlich werden Grundstücke immer erst an die städtischen Wohnungsbaugesellschaften vergeben. Allerdings, wenn genossenschaftlicher Wohnbau gewollt würde, hätte man auch hier Lösungen finden können, dass Genossenschaften ebenfalls Berücksichtigung finden."
In der Lohbeckstraße in Kreuzberg ist es spät geworden. Seit fast drei Stunden sitzen die Mieter hier schon zusammen, erzählen sich eine üble Geschichte nach der anderen. Über ihren Vermieter, der zwar regelmäßig die Mieten erhöht, ihr Haus aber völlig runterkommen lasse.
Peter zündet sich eine neue Zigarette an, die zehnte an diesem Abend. Für fast alle hier am Couchtisch wäre eine Neubauwohnung auch bei einer Genossenschaft nicht bezahlbar. Und auf die paar städtischen, die neu gebaut werden, würden sich momentan viel zu viele bewerben.
Die Mieter haben hier haben eine andere Strategie: Sie wollen die angekündigte Modernisierung inklusive drastischer Mieterhöhung nicht akzeptieren - wie etwa die Hälfte der Bewohner des Hauses. Sie wollen kämpfen, sagt Ullrich: "Mittlerweile hat sich hier die Erkenntnis durchgesetzt, dass wir sehr viel besser da stehen, wenn wir dafür sorgen, dass wir Allgemeininteressen durchsetzen. Die Leute wissen mittlerweile sehr genau, womit wir es zu tun haben. Und sie wissen, dass ein Einzelner keine Chance hätte, seine Interessen durchzusetzen. Wir können nur gemeinsam agieren!"
Abraham sieht sich als Opfer einer investorenfeindlichen Baupolitik – zerrieben zwischen den städtischen Gesellschaften und den profitorientierten Groß-Investoren. 120 größere Grundstücke liegen in Berlin laut einer kleinen Anfrage der CDU seit Jahren brach – weil die öffentlichen Wohnbaugesellschaften mit Planung und Bau nicht hinterher kommen.
Wenn der Senat wirklich daran interessiert sei, ausreichend Wohnraum zu schaffen, sei er auf die Genossenschaften angewiesen, sagt Abraham: "Grundsätzlich werden Grundstücke immer erst an die städtischen Wohnungsbaugesellschaften vergeben. Allerdings, wenn genossenschaftlicher Wohnbau gewollt würde, hätte man auch hier Lösungen finden können, dass Genossenschaften ebenfalls Berücksichtigung finden."
In der Lohbeckstraße in Kreuzberg ist es spät geworden. Seit fast drei Stunden sitzen die Mieter hier schon zusammen, erzählen sich eine üble Geschichte nach der anderen. Über ihren Vermieter, der zwar regelmäßig die Mieten erhöht, ihr Haus aber völlig runterkommen lasse.
Peter zündet sich eine neue Zigarette an, die zehnte an diesem Abend. Für fast alle hier am Couchtisch wäre eine Neubauwohnung auch bei einer Genossenschaft nicht bezahlbar. Und auf die paar städtischen, die neu gebaut werden, würden sich momentan viel zu viele bewerben.
Die Mieter haben hier haben eine andere Strategie: Sie wollen die angekündigte Modernisierung inklusive drastischer Mieterhöhung nicht akzeptieren - wie etwa die Hälfte der Bewohner des Hauses. Sie wollen kämpfen, sagt Ullrich: "Mittlerweile hat sich hier die Erkenntnis durchgesetzt, dass wir sehr viel besser da stehen, wenn wir dafür sorgen, dass wir Allgemeininteressen durchsetzen. Die Leute wissen mittlerweile sehr genau, womit wir es zu tun haben. Und sie wissen, dass ein Einzelner keine Chance hätte, seine Interessen durchzusetzen. Wir können nur gemeinsam agieren!"