Georg Ehring: Der World Wide Fund for Nature (WWF) gehört zu den ältesten und bekanntesten Umweltorganisationen. Mit dem Logo des Panda dürfen viele Unternehmen ihre Produkte schmücken, wenn sie ganz besondere Standards in Bezug auf die Nachhaltigkeit erfüllen. Hohe Standards hat sich der WWF auch für die Menschenrechte gesetzt, umso schwerer wiegen die Vorwürfe, die das Onlineportal Buzzfeed gegen die Naturschützer erhebt. Von Folter ist dort die Rede und sogar von Mord an Wilderern. Daniela Siebert in Berlin, worum geht es genau?
Daniela Siebert: Das Onlinemagazin Buzzfeed hat seine beunruhigenden monatelangen Recherchen am Montag veröffentlicht. Demnach soll der WWF über Jahre in Afrika und Asien wissentlich mit Wildhütern zusammengearbeitet haben, die bei ihrer Arbeit sehr weit über das Ziel hinausgeschossen sind.
Demnach sollen sie tatsächliche oder vermeintliche Wilderer nicht einfach nur vom illegalen Töten von Tieren abgehalten haben, sondern viele dieser Menschen misshandelt, zum Teil brutal gefoltert und vereinzelt sogar ermordet haben. Berichtet wird zum Beispiel ein Fall aus Kamerun, wo ein Elfjähriger vor den Augen seiner Eltern gefoltert worden sein soll. Auch in Nepal recherchierte Buzzfeed den Fall eines Mannes, der sogar ermordet worden sein soll. Nach Angaben seiner Witwe wurde er wohl von Park-Rangern zu Tode geprügelt, bekam von ihnen Salzwasser in Mund und Nase geschüttet, weil er beim Vergraben eines Nashorn-Horns beteiligt gewesen sein soll.
Offenbar Methode
Daneben werden auch sexuelle Übergriffe bis hin zu Vergewaltigungen, Water-Boarding und Schläge auf etliche Opfer berichtet – oftmals Anwohner der Tierschutzgebiete - und viele der Wildhüter waren wohl eher paramilitärisch organisiert. Der WWF soll diese Personen finanziert und ausgerüstet haben. Außerdem habe die Naturschutzorganisation wie ein Spionagering agiert und Netzwerke von Informanten für Parkranger betrieben, berichtet Buzzfeed.
Ehring: Wann soll das alles passiert sein?
Siebert: Es ist ein langer Zeitraum, in dem Buzzfeed recherchiert hat. In sechs Ländern wurde recherchiert und verschiedenste Vorkommnisse aufgedeckt. Das klingt auch alles nicht so sehr nach Einzelfällen, sondern oft nach Methode. Um den Rahmen grob abzustecken: Der Fall aus Nepal datiert aus dem Jahr 2006, der Fall aus Kamerun aus 2017.
Ehring: Das sind ja außerordentlich schwere Vorwürfe. Wie reagiert der WWF darauf?
Siebert: Bestürzt. Man habe sofort ein internationales Krisenteam eingerichtet und eine umfassende Untersuchung eingeleitet, schreibt der WWF in einer Pressemitteilung. Buzzfeed wurde gebeten, weitere Informationen und Beweise zur Verfügung zu stellen, und der WWF hat den Menschenrechtsexperten Markus Löning mit der Prüfung der Vorwürfe beauftragt, der soll bis April einen Zwischenbericht vorlegen. Der WWF in London ließ verlauten, Menschenrechte gehörten zum Kernbereich der eigenen Mission. Also das ist auch für den WWF ein schwerer Vorwurf.
Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel
Ehring: Die Angelegenheit zieht Kreis und es gibt schon erste Erweiterungen und Reaktionen, welche?
Siebert: In Deutschland reagiert die Bundesregierung mit zwei betroffene Ministerien. Einmal das Bundesumweltministerium: Das nimmt die Anschuldigungen laut einer Sprecherin "sehr, sehr ernst". Das Ministerium will die Vorwürfe jetzt prüfen, nicht zuletzt, weil das Haus auch etliche Tierschutzprojekte dieser Art fördert und die Frage im Raum steht, ob die auch betroffene Projekte dabei sind, und die Einhaltung von Menschenrechten ist dort eigentlich ein wichtiges Kriterium. Da steht also auch politisch einiges an Glaubwürdigkeit auf dem Spiel und Buzzfeed schreibt auch ganz konkret, dass ein WWF-Projekt im Salonga-Nationalpark im Kongo betroffen sei, das vom deutschen Entwicklungsministerium mit Millionen Euro gefördert worden sein soll.
Das Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung will jetzt prüfen und teilte uns auch mit, man nehme die Sache sehr ernst und habe mit dem WWF unverzüglich Kontakt aufgenommen, um die Sachlage zu klären.