Gesetzentwurf zu Nebentätigkeiten
Was Abgeordnete nebenbei verdienen dürfen

Die jüngsten Skandale in CDU und CSU um Maskengeschäfte und Nebentätigkeiten von Abgeordneten haben Bewegung in das Thema gebracht. Künftig sollen für Abgeordnete des Bundestages nach einem neuen Gesetzesentwurf schärfere Transparenzregeln gelten. Ein Überblick.

    Verschwommener Vordergrund, im Hintergrund der Bundesadler im Plenarsaal des deutschen Bundestags
    Die Nebentätigkeiten und Einkünfte von Abgeordneten stehen immer wieder in der Kritik, vor allem, weil einige sehr hohe Summen zusätzlich zu ihrem Mandat beziehen (picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Kira Hofmann)
    Wieder einmal wird diskutiert, welche Tätigkeiten der politischen Klasse legal und legitim sind. Wann kommt es - etwa bei Beratertätigkeiten von Bundestagsabgeordneten - zu einer Interessensvermischung, zu Loyalitätskonflikten oder zur Beeinflussung ihres Mandats? Wann werden Transparenz-Regeln missachtet und wann bereichern sich Politiker persönlich, werden korrupt?

    Auch kleinere Nebenjobs sollen öffentlich werden

    Die Union sieht sich nach den jüngsten Lobby- und Korruptionsskandalen gezwungen zu handeln. Zuvor hatte sie jahrelang strengere Transparenz-Regelungen blockiert. Nun soll unter anderem das Abgeordnetengesetz geändert und damit auch kleinere Einkünfte aus Nebentätigkeiten und geringere Beteiligungen an Kapitalgesellschaften öffentlich gemacht werden. Das Abgeordnetengesetz ist neben dem Lobbyregister und den Regelungen für Karenzzeiten für Politiker einer von drei größeren Bausteinen für mehr Transparenz. Die Gesetzesänderung muss noch vom Bundestag beschlossen werden und wäre anschließend für alle Parteien verbindlich.

    Was steht im neuen Gesetzentwurf?
    Das sind die Beschlüsse der Großen Koalition zu den neuen Transparenzvorschriften - Änderungen sind im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens möglich:
    • Nebeneinkünfte von Abgeordneten müssen auf Euro und Cent genau angegeben werden, wenn sie die Grenze von 1.000 Euro im Monat oder von 3.000 Euro im Jahr übersteigen (bisher: 10.000 Euro).
    • Unternehmensbeteiligungen müssen ab fünf Prozent angegeben werden (bisher: 25 Prozent).
    • Einkünfte aus solchen Beteiligungen sowie Aktienoptionen müssen veröffentlicht werden.
    • Verboten sind Geldspenden an Abgeordnete, Honorare für Vorträge, bezahlte Lobbyarbeit sowie Beratungstätigkeiten, die unmittelbar mit dem Mandat zu tun haben.
    • Wer das Mandat trotzdem missbraucht, riskiert Strafen von bis zu 60.000 Euro, zudem kann der Gewinn von unzulässigen Geschäften abgeschöpft werden.
    • Abgeordnetenbestechung soll als Verbrechen geahndet werden (bisher als Vergehen).
    • Flugreisen, die ein ausländischer Staat oder eine Organisation bezahlt, bleiben erlaubt; ebenso ehrenamtliche Tätigkeiten gegen verhältnismäßige Aufwandsentschädigungen.
    Welche Kritik gibt es an dem Gesetzentwurf?
    Clara Helming vom Internetportal Abgeordnetenwatch begrüßt die neuen Transparenz-Regeln grundsätzlich. Sie kritisiert aber, dass Reisen von Abgeordneten weiter bezahlt werden können und verweist auf die Aserbaidschan-Affäre. Mehreren Abgeordnete wird vorgeworfen, sich von Aserbaidschan beeinflusst und beschenkt haben zu lassen. Das sei somit auch in Zukunft möglich.
    SPD-Politiker Matthias Bartke hält dagegen, internationale Kontakte seien sehr wichtig und nicht jede Reise problematisch. Er selbst sei von einer japanischen NGO zu einem Vortrag eingeladen worden, um über den deutschen Umgang mit dem Nationalsozialismus zu berichten - das werde aber nicht vonseiten der Fraktion oder vom Bundestag finanziert. Sämtliche bezahlte Reisen zu verbieten, hält er für unverhältnismäßig.
    Was dürfen Abgeordnete nebenbei verdienen?
    Einige Abgeordnete beziehen aus Nebentätigkeiten sehr hohe Summen zusätzlich zu ihrem Mandat. Das ist bisher legal, eine Obergrenze gibt es nicht. Die Rechte und Pflichten der Abgeordneten sind bisher im Grundgesetz aufgeführt, dem Abgeordnetengesetz und der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, das spezielle Verhaltensregeln beinhaltet.
    Paragraph 44a des Abgeordnetengesetzes: Ausübung des Mandats

    (1) Die Ausübung des Mandats steht im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages. Unbeschadet dieser Verpflichtung bleiben Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art neben dem Mandat grundsätzlich zulässig.
    (2) (...) Unzulässig ist insbesondere die Annahme von Geld oder von geldwerten Zuwendungen, die nur deshalb gewährt werden, weil dafür die Vertretung und Durchsetzung der Interessen des Leistenden im Bundestag erwartet wird. (...)
    Abgeordnete dürfen also Nebentätigkeiten ausüben, für viele geht das auch nicht anders. Handwerkern, Landwirten oder Rechtsanwälten könne man nicht abverlangen, dass sie ihren Hof oder Betrieb verkaufen und alle Brücken hinter sich abbrechen, wenn sie für vier Jahre für den Bundestag kandidierten, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, im Dlf . "Wenn wir wollen, dass nicht nur Beamte und Rentner im Bundestag sitzen, dann müssen wir genau auch solchen Personen den Weg dahin öffnen."
    Gysi: "Zwischen Korruption und Nebentätigkeit gibt es einen Riesenunterschied"
    Dass er als Buchautor und Anwalt nebenbei Geld verdiene, sei nicht problematisch. sagte der Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi (Die Linke) im Dlf.
    Bundestagsabgeordnete müssen bislang ihre Einkünfte für jede einzelne Tätigkeit anzeigen, sofern sie mehr als 1.000 Euro im Monat oder 10.000 Euro im Jahr betragen. Diese werden anschließend in den jeweiligen Biografien auf der Internetseite des Bundestages veröffentlicht und aktualisiert. Auch das Portal abgeordnetenwatch.de veröffentlicht die Angaben zu Nebentätigkeiten der Abgeordneten.
    Balkendiagramm über die Bruttoeinkünfte von Bundestagsabgeordneten aus meldepflichtigen Nebentätigkeiten in der 19. Wahlperiode¹ nach Parteien
    Demnach kamen CDU-Bundestagsabgeordnete in der aktuellen Wahlperiode (Stichtag 31. Juli 2020) auf Nebeneinkünfte im Wert von insgesamt 8,7 Millionen Euro. Die CDU liegt damit an der Spitze aller im Bundestag vertretenen Parteien. Die geringste Summe an Nebeneinkünften erzielten die Grünen. Den höchsten Anteil von Bundestagsabgeordneten mit Nebeneinkünften hatte die FDP mit 53 Prozent.
    Nebeneinkünfte von Abgeordneten

    Enrico Komning (Afd): 952.000 Euro
    Peter Ramsauer (CSU): 896.000 Euro
    Gregor Gysi (Linke): 470.000 Euro
    Christian Lindner (FDP): 424.500 Euro

    (Beginn Legislaturperiode 2017 bis Mitte 2020, Quelle: abgeordnetenwatch.de)
    Mindestens 25,1 Millionen Euro haben die Parlamentarier so neben ihrer monatlichen Diät in Höhe von 10.083 Euro zusätzlich eingenommen und seit der Bundestagswahl 2017 an Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble gemeldet.
    Aktuelle Korruptions- und Lobbyskandale
    Zuletzt standen wegen der Maskenaffäre vor allem CDU und CSU im Fokus: Der CSU-Parlamentarier Georg Nüßlein und der CDU-Abgeordnete Nikolaus Löbel sollen Provisionen in sechsstelliger Höhe für die Vermittlung von Kaufverträgen mit Corona-Schutzmasken kassiert haben. Beide Politiker haben inzwischen ihre jeweilige Partei verlassen. Löbel, gegen den ermittelt wird, legte sein Bundestagsmandat mit sofortiger Wirkung nieder.
    Eine Hand hält einen Aktenkoffer
    Lobbyregister: Diese Transparenzregeln sollen künftig gelten
    Für den Deutschen Bundestag haben mehr Lobbyisten einen Hausausweis als das Parlament Abgeordnete hat. Das Lobbyregister soll mehr Transparenz bringen. Ein Überblick.
    Für Wirbel sorgen zudem Lobbykontakte weiterer CDU-Politiker zum autoritär regierten Aserbaidschan. Der Thüringer CDU-Politiker Mark Hauptmann hat sein Bundestagsmandat niedergelegt. In diesem Fall geht es unter anderem um Werbeanzeigen im "Südthüringen Kurier" für Tourismus-Aufenthalte in Aserbaidschan. Hauptmann ist Herausgeber des "Südthüringen Kurier", bestreitet allerdings, Geld von ausländischen Stellen angenommen zu haben. Der CDU-Abgeordnete Axel Fischer verlor wegen ähnlicher Vorwürfe seine Immunität, gegen ihn wird ermittelt. Genannt wird in diesem Zusammenhang auch Wirtschafts-Staatssetretär Thomas Bareiß.
    Das alles weckt Erinnerungen – etwa an die Spendenaffäre von Helmut Kohl, die Amigo-Affäre der CSU oder die Lobbyisten-Affäre des CDU-Politikers Philipp Amthor. Die Führung der Unionsfraktion plant über die Gesetzesänderung hinaus einen Verhaltenskodex, der nur für die eigenen Abgeordneten gelten soll. Ein erster Schritt war eine Selbstauskunft - auch Ehrenerklärung genannt - aller Unions-Abgeordneten mit der Fragestellung, ob sie für Dritte Kontakte zur Bundesregierung oder Institutionen im Land hergestellt haben.
    Hinweisschild auf die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. (Themenbild, Symbolbild) Berlin, 12.02.2021
    Kommentar: Erfolgreiche Flucht nach vorne
    Die Reaktionen der Unionsparteien auf unmoralische Maskendeals in den eigenen Reihen waren schnell, konsequent und hart, kommentiert Stephan Detjen. Die Vorwürfe werden den Parteien aber im Wahlkampf noch länger anhängen.
    Quellen: Dlf, Katharina Hamberger, Panajotis Gavrilis, abgeordnetenwatch.de, bundestag.de, dpa, afp, og