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Zwangsprostitution
Große Koalition will Strafen für Freier

Sollte die Große Koalition ihre Arbeit aufnehmen, wird eines ihrer ersten Vorhaben die Reform des Prostitutionsgesetzes sein. Das Bündnis erwägt, Freier, die Dienste von Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen und dies eindeutig erkennen können, zu bestrafen.

    Dieses Vorhaben gehört zu einer umfassenden Reform des zwölf Jahre alten Prostitutionsgesetzes, die die Große Koalition bereits Anfang kommenden Jahres auf den Weg bringen will, sollte es zu dem angestrebten Regierungsbündnis kommen.
    Generelle Bestrafung wird abgelehnt
    Eine generelle Bestrafung von Freiern werde aber abgelehnt, betonte der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl. Ermöglicht werden solle aber eine Strafe in Fällen von "erkennbarer Zwangsprostitution", etwa wenn die Prostituierte mit Gewalt vorgeführt werde.
    Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: "Wir werden nicht nur gegen die Menschenhändler, sondern auch gegen diejenigen, die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen und diese zu sexuellen Handlungen missbrauchen, vorgehen." Dies entspricht weitgehend einer Formulierung, die die Koalitionsarbeitsgruppe Familie bereits vor mehr als drei Wochen ausgehandelt hatte.
    Verbot von Flatrate-Sex
    Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz, die für die CDU in dieser Arbeitsgruppe saß, sagte dem Deutschlandfunk, "dass der Freier durchaus erkennen kann, dass er sich hier eine Dienstleistung erkauft, die mit Zwang und mit Gewalt überhaupt erst möglich wird." Wer Zwangsprostituierte wissentlich und brutal ausbeute, solle auch damit rechnen müssen, dass zu Hause die Polizei vor der Tür steht. Außerdem fordert Widmann-Mauz , sogenannten Flatrate-Sex zu verbieten.
    Ziel des Prostitutionsgesetzes war es seinerzeit gewesen, Prostituierte aus der Illegalität zu holen. Sie können seither ihren Lohn gerichtlich einklagen und in die Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgenommen werden. Kritiker bemängeln jedoch, dass die Regelung vor allem Zwangsprostitution fördere und Zuhältern Schutz vor Kontrollen biete.
    Appell gegen Prostitution
    Erst Ende Oktober hatten auch Köpfe aus Politik und Gesellschaft unter der Ägide von Alice Schwarzer ein Umdenken gefordert. 90 Prominente, darunter Margot Käßmann und Wolfgang Niedecken, hatten den "Appell gegen Prostitution" unterschrieben.
    Darin heißt es, Deutschland sei durch das Gesetz zu "Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden". Es habe Prostitution salonfähig gemacht und fördere "moderne Sklaverei".