Das ist Luana, eine 17-jährige Schülerin. Sie wohnt in Berzoaia – einem kleinen Dorf, 20 Kilometer von Bukarest entfernt. Die groß gewachsene Schülerin erzählt von einem ungewöhnlichen Angebot.
Ein Mitschüler habe sie angesprochen, erzählt sie. Ob sie nicht Lust hat, mit nach Deutschland zu kommen. Dort gebe es Leute, die gerne heiraten würden, verspricht der junge Mann. Heiraten natürlich nur pro Forma. Luana lehnt ab. Sie hat einen Freund, erzählt sie.
Wir besuchen Luanas Schule. Es ist laut. Ein Zaun schützt vor Fremden. Und Videokameras passen mit auf, dass kein Unbefugter die Schule betritt. Anwerbeversuche, wie ihn Luana berichtet, gibt es immer wieder. Luanas Schulpsychologin erzählt.
"Die überwiegende Mehrheit der Opfer kommt aus armen Familien. Und sie werden meist mit attraktiven Dingen angelockt: der Fahrt in einem schicken Auto. Einem Handy. Kleinen Geschenken, oder einfach ein bisschen Geld. Das sind die Anreize, um sie zu Opfern des Menschenhandels zu machen."
Regelmäßig kommen junge Mädchen in ihre Sprechstunde, erzählt die Psychologin, und berichten vom "Anfixen". Einmal in der Hand von Zuhältern, werden die Mädchen zur billigen Ware degradiert. Dan Popescu arbeitet in Bukarest für die Rumänische Anti-Aids-Vereinigung ARAS.
Die Mädchen auf dem Straßenstrich werden immer jünger
"Die Preise für ein Mädchen sind niedrig, sagt er, sie liegen zwischen 500 und 2.000 Euro. Das trägt mit dazu bei, dass die Mädchen sehr oft die Besitzer wechseln und sich ihre Spuren sehr rasch verlieren. Heute können sie noch in der Nähe des Nordbahnhofs, aber zwei Tage später bereits nach Deutschland verkauft worden sein."
Was er auch bemerkt hat: Die Mädchen auf dem Straßenstrich werden immer jünger. Und: Oft drängen arme Familien selbst minderjährige Töchter ins Rotlicht-Milieu, ist Popescus Erfahrung.
"Wenn Du 16 bist und vielleicht schon ein Kind hast, und jüngere Geschwister und Großeltern und alle sind arm, kannst Du von 175 Euro Gehalt nicht zum Unterhalt dieser Großfamilie beitragen: Das reicht nicht einmal für eine Woche, und dann wird ein solches Mädchen für die Rettung der Familie geopfert."
Für die Zuhälter ein gutes Geschäft: Menschenhandel lohnt sich. 25 Milliarden Euro erwirtschaften kriminelle Banden in Europa im Jahr, auch mit Prostitution, schätzt man im Europaparlament. Man geht dort von etwa 270.000 Zwangsprostituierten in ganz Europa aus. Die klassischen Zielländer, so dieser rumänische Kripo-Beamte, der anonym bleiben will:
"Die Opfer werden hauptsächlich im Ausland ausgebeutet. Man kann schon von traditionellen Zielorten für die Opfer des Menschenhandels sprechen: Italien, Spanien, Griechenland, Deutschland. Neuerdings identifizieren wir auch immer mehr rumänische Opfer des Menschenhandels in skandinavischen Ländern."