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Zweckentfremdung von Wohnraum
Der Kampf der Städte gegen Airbnb

Dass normale Mietwohnungen über Portale wie AirBnB auch als Ferienwohnungen angeboten werden, ist in vielen größeren Städten ein Ärgernis. Wie groß das Problem tatsächlich sei, lasse sich aber nur schwer sagen, erklärt Dlf-Wirtschaftsredakteurin Sina Fröhndrich. Denn verlässliche Zahlen gebe es nicht.

Sina Fröhndrich im Gespräch mit Philipp May |
    Das Logo vom Onlineübernachtungsdienst Airbnb im Eingang Brunnenstraße 196 am Rosenthaler Platz, fotografiert am 19.08.2015 in Berlin.
    Die AirBnB-Niederlassung in Berlin: Immer wieder gibt es Streit wegen Mietwohnungen, die über AirBnB angeboten werden (dpa / Jens Kalaene)
    Philipp May: Paris geht gegen AirBnb vor: Für jede vermietete Wohnung, die nicht registriert wird, soll der Wohnungsvermittler eine Strafe zahlen. Ferienwohnung statt normaler Wohnung - das kennen wir auch aus deutschen Großstädten. Wie gehen diese damit um, das besprechen wir mit Sina Fröhndrich, wie groß ist das Problem eigentlich?
    Sina Fröhndrich: Das lässt sich gar nicht so pauschal sagen. In der Wahrnehmung ist es ein großes Problem, aber das lässt sich gar nicht so recht mit Daten unterfüttern. Man kann natürlich mal die Inserate zählen in einer Stadt - und gucken, wie viele Wohnungen es insgesamt in dieser Stadt gibt. Dann hat man einen Anhaltspunkt. Die Stadt München hat das gemacht – und hat erhoben, wie viele Wohnungen und Zimmer über AirBnB vermietet werden. Das sind etwas mehr als 7.000. Und wenn wir uns anschauen, wie viele Wohnungen München insgesamt hat - dann ist das ein Anteil von Air-BnB-Angeboten von unter einem Prozent. Also nicht sonderlich viel.
    Die Kernfrage ist natürlich - wie viele dieser Wohnungen werden dauerhaft vermietet und damit dem Markt entzogen und wo wird die Wohnung nur ab und zu vermietet, das ist für acht Wochen im Jahr etwa in München ja auch erlaubt. Und das ist auch nicht unüblich - weil sich Mieter damit etwas hinzuverdienen wollen. Was überwiegt - kurzzeitige Vermietung oder dauerhafte - darüber lässt sich nur schwer etwas sagen.
    16.04.2018, Berlin: Eine Reisetasche ist in der Wohnung eines Airbnb-Gastgebers auf dem Bett im Schlafzimmer abgestellt (Symbolbild).
    Die Wohnung eines Airbnb-Gastgebers (picture alliance / Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa)
    "Airbnb ist einfach eine Blackbox"
    May: Warum dann die Aufregung in Berlin, München, Köln etc.?
    Fröhndrich: Weil es genügend Beispiele gibt, wo Wohnungen wirklich dauerhaft zweckentfremdet werden - natürlich in bester Lage. Und: Dann gibt es in einigen Vierteln auch sehr viele Inserate – das verknappt das Angebot dort dann doch noch mal mehr als im Stadtdurchschnitt. Und: Es gibt eine breite Front gegen die AirBnB-Vermietung - Anwohner wollen das nicht, Hoteliers nicht, Politiker auch nicht - und auch nicht alle Vermieter wollen, dass Mieter weitervermieten.
    Ich glaube, das große Problem ist, dass sich nicht erfassen lässt, wer vermietet und wie lange? AirBnB ist einfach eine Blackbox. Das ärgert die Städte. München hat deswegen von AirBnB gefordert - alle Daten offenzulegen, von Wohnungen, die länger als acht Wochen vermietet werden. Und die Stadt hat Recht bekommen vom Verwaltungsgericht München - das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, AirBnB kann noch Rechtsmittel einlegen. Die Frist läuft demnächst ab.
    Andere Städte drohen Vermietern mit Strafen. Und in Berlin muss sich jeder, der über AirBnB vermietet, registrieren lassen - interessant ist aber: Das macht nur eine absolute Minderheit. Also: Es ist nicht so leicht, an die Daten heranzukommen.
    May: Wohnraum, der fehlt ist das eine, aber es gibt auch noch eine finanzielle Facette - wer vermietet, muss diese Einnahmen versteuern.
    Fröhndrich: Genau, Mieteinnahmen müssen angegeben werden bei der Steuer - und ab einer bestimmten Summe sind solche Einnahmen auch umsatzsteuerpflichtig. Da nimmt es anscheinend nicht jeder Vermieter so genau mit der Steuerehrlichkeit. Und dadurch entgeht dem Fiskus tatsächlich vermutlich einiges an Einnahmen.
    Wissenschaftler vom Leibnitz Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung haben das durchgerechnet. Sie gehen davon aus, dass in mehreren deutschen Städten mit allen AirBnB-Angeboten fast 700 Millionen Euro Umsatz gemacht werden - die versteuert werden müssten. Aber das passiert eben nicht immer. Und deswegen haben die Studienautoren gefordert - der Anbieter sollte in Haftung genommen werden für die Vermieter. Fraglich, ob das politisch aufgegriffen wird.