Jean-Luc Petitrenaud ist eine Institution in Frankreich. Seine Sendungen rund ums gute Essen sind beliebt, ob im Fernsehen oder im Radio. An diesem grauen Wintertag hat er sein Mikrofon in Lyon installieren lassen, der "ville de gueule", der Stadt der Gaumenfreuden.
In den Markthallen, die den Namen eines noch berühmteren Mannes tragen: Paul Bocuse. Der Sternekoch wollte eigentlich zur Sendung kommen, aber ganz jung ist der Mann mit der hohen weißen Kochmütze und den rot-blau-weißen Farben Frankreichs am Kragen ja auch nicht mehr, 86 inzwischen. Die Sendung im Radio hat er deshalb kurzfristig aus dem Kalender gestrichen.
Macht aber nichts, Bocuse hat die Sache an seine besten Freunde und Mitarbeiter delegiert und die haben auch etwas zu sagen über gutes Essen und Trinken. Colette Sibilia etwa, Metzgerin mit einem Ruf, der weit über Lyon hinausragt, Weggefährtin des Küchenmeisters Bocuse und selbst schon 80 Jahre, aber rüstig, das Weißweinglas auf dem Tisch, an diesem Morgen in den Markthallen von Lyon.
"Petit Canon", ein Schlückchen Weißwein, oder Rosé, das wird hier schon ab sieben Uhr serviert, erzählt Madame la charcutière. Alle schmunzeln und der Moderator tut rasch seine Pflicht: "Alkohol ist stets mit Vorsicht zu genießen" zitiert Petitrenaud den Slogan, der in Frankreich regelmäßig vom Gesundheitsministerium verbreitet wird. Aber mit Mahnungen hält sich eine Sendung über die Köstlichkeiten der berühmten Lyoner Gastronomie nicht lange auf. Kutteln, Andouilette, Moderator Petireneaud kommt aus dem Schwärmen gar nicht heraus.
Die Markthallen von Lyon beherbergen das "who is who" der französischen Küche. Käse-, Fleisch-, Fischhändler von nationalem Rang bieten hier ihre Ware feil, Nachfahren der "Mères Lyonnaises", der Mütter von Lyon, die einst Köchinnen der gehobenen Stände waren, und die sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts selbständig gemacht und so die Kochkunst und das Wissen um gute Zutaten verbreitet haben.
Das sind hier alle Sorten der Lyoner Würste, schildert Emanuelle, die für die Stadt Lyon arbeite und selbst mit ihren Freunden am Wochenende in die Hallen kommt, um in einem der zahlreichen Bistros zwischen den Verkaufsständen zu essen, zu trinken, zu plaudern, zu genießen.
"Die hier lässt man in heißem Wasser kochen, mit Linsen oder Kartoffeln werden sie serviert, 'cervelas au pistache', auch sehr berühmt, Lyoner Schweinswurst mit Pistazien , oder hier Wurst in Briocheteig gebacken, das essen wir mit Salat, und dann natürlich hier die Quenelles, die Fischklößchen aus Hechtfleisch, vielleicht der berühmteste Teil unserer Küche. Lyon hat all diese guten Produkte, weil sie eine außergewöhnliche Umgebung hat, eine Stunde von hier Richtung Süden die Weideflächen entlang des Flusses Drôme, im Norden Bresse mit seinen berühmten Hühnern, wir haben die Seen der Dombes, von dort kommen die Hechte für unsere berühmten Quenelles, die Fischklösschen, dann gehört dazu im Norden das Weinanbaugebiet Beaujolais, im Süden die Rhoneweine, also hier konzentrieren sich die besten Produkte."
In der Weihnachtszeit sind die Markthallen besonders gut besucht, die Lage in Bahnhofsnähe ist günstig, aber das Viertel zählt nicht zu den schönsten Orten der Stadt am Zusammenfluss von Saône und Rhône, der drittgrößten Stadt Frankreichs, zwischen Jura, Alpen und Zentralmassiv.
Am Rande der Altstadt ragt der Hügel Fourvière in den Himmel, das Wahrzeichen der Stadt mit der Kathedrale Notre-Dame. Den steilen Aufstieg übernimmt die Seilbahn, die im Volksmund "ficelle" genannt wird, Bindfaden.
Am Ende der kurzen, aber steilen Fahrt sitzt an diesem Wintertag ein Akkordeonspieler, auf dem Vorplatz der Kathedrale schaufeln Priester in weißen Jacken den Schnee, der hier in Lyon nur selten fällt.
Am Rande des Plateaus steht Sandrine, die Stadtführerin hat ein paar frierende Herren aus Dubai um sich versammelt und erklärt ihnen, warum die Fahrt auf den Hügel so lohnenswert ist:
"Der Blick über die Stadt an den zwei Flüssen, mit den beiden Hügeln, 'Croix-Rousse' und 'Fourvière', der Blick über die Dächern der Renaissance-Altstadt, mit ihren italienisch anmutenden Fassaden und Farben. Lyon hat nicht nur ein Zentrum," erklärt Sandrine, "auch deshalb ist es 1998 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden, das war der Startschuss für den Tourismus in der Stadt, denn davor haben die Einwohner gedacht, dass Lyon nur eine Industriestadt sei."
Einer der größten Renaissance-Komplexe Europas erstreckt sich am Fuße des Hügels, aber die UNESCO-Weihen reichen weit darüber hinaus. Nach Prag hat Lyon die größte, ausgezeichnete Fläche aufzuweisen, weil sich die verschiedenen Teile der Stadt mit ihren historischen Bedeutungen jeweils erhalten haben, weil die Epochen teilweise ineinandergeflossen sind.
Wenn es Ihnen nichts ausmacht gehen wir hinein, sagt die Reiseführerin am mächtigen Portal der Kathedrale Notre-Dame zu den muslimischen Touristen, denn nicht alle sind bereit, ein katholisches Gotteshaus zu betreten.
Im 11 Jahrhundert wurde der Stadt eine herausragende Rolle zugewiesen, bis heute hat der Primas der katholischen Kirche in Frankreich seinen Sitz in Lyon, an der Stelle der alten Kapelle wurde im 19. Jahrhundert die Basilika errichtet, der Volksmunde sagt, dass der eiserne Antennenturm , der wie ein kleiner Eiffelturm aussieht, und der gleich nebenan auf dem Fourvière Hügel steht, auch deshalb höher sei als die Türme der Kirche, weil die Laizisten in der Stadt ein Wörtchen mitreden wollten.
Im Kircheninnern verstellen gerade Gerüste den Blick auf die üppigen Wandmalereien, Mosaike, Säulen, die Wallfahrtskirche ist reich an romanischen und byzantinischen Formen.
"Heute ist es besonders voll", sagt Père Devorge. Im Trubel unter dem Kirchendach hat er gerade lautstark in sein Handy gesprochen. Es ist besonders voll, weil wir das Lichterfest in Lyon feiern. Das Lichterfest: Die Legende besagt, dass Unwetter und Hochwasser 1852 beinah verhindert hätten, dass der Glockenturm der Kapelle von Fourvière mit einer Marienstatur geschmückt wurde. Als am 8. Dezember der Himmel aufklarte, stellten die Einwohner Kerzen in die Fenster – seither wird rund um dieses Datum gefeiert. Viele Familien Lyons stellen bereits am 8. Dezember ihre Weihnachtsbäume auf, und die Stadt erstrahlt in Dutzenden von Lichtinstallationen, auf Gebäuden, in den Straßen, an den Flussufern. Bedeutende und weniger bedeutende Künstler treffen sich alljährlich zu diesem Fest, das Lyon zu Ruhm gebracht hat auch als Stadt, die von Beleuchtung etwas versteht –seit vielen Jahren exportiert Lyon seine Kenntnisse in alle Welt, verbindet Kunst mit Nachhaltigkeit und Umweltschutz.
Deshalb ist die Stadt besonders voll, die Hotels ausgebucht, wenn Lyon das Lichterfest feiert, auch in der Altstadt am Fuße des Hügels geht es dicht gedrängt über das Kopfsteinpflaster, auf die Schirme prasselt der Schneeregen.
"Sie müssen sich vorstellen, ab dem 4. Jahrhundert etwa, bis ins 16. Jahrhundert, haben sich die Menschen hier am Fuße des Hügels niedergelassen. Lyon entwickelte sich zum Handelszentrum, vier mal im Jahr gab es hier große Märkte, es gab viele italienische Händler, viele reiche Handelsfamilien und hier sehen Sie eines der Gebäude, das deutlich italienischem Einfluss unterworfen ist."
Pastellfarbene Fassaden, prächtige Innenhöfe, und die berühmten "Traboules von Lyon"– Flurähnliche Schläuche, die die Straßen und Gassen der engen Altstadt miteinander verbinden, unten die Gänge, oben die Wohnungen.
Nicht nur hinter den Renaissance-Fassaden der Altstadt finden sich solche "Traboules", solche Durchgänge. Auch auf dem anderen Hügel der Stadt, "Croix-Rousse" genannt, im einstigen Zentrum der Seidenmacher, durchziehen die Passagen die Häuserblocks, horizontal und vertikal, viele Stufen führen an Wohnungstüren vorbei – hier ist die Bausubstanz nicht saniert, die Pracht der Altstadt fehlt, Sozialwohnungen sind an der Tagesordnung. Und doch, das Viertel über der Stadt ist lebendig, modern, beliebt.
Seit Jahren schon gibt es hier oben einen Biomarkt, junge Leute zieht es auf den Hügel:
"Das ist," sagt Emanuelle, ""eine typische Bauweise für Lyon. Mit den hohen Fenstern, den hohen Decken, das waren die alten Ateliers der Seidenmacher, die jetzt nach und nach saniert werden. Und da, die typischen Fassaden, im italienischen Stil, die Pastellfarben, lachs, rosa, gebrochenes weiß an den Außenwänden."
Im frühen 19. Jahrhundert gab es hier den Aufstand der Seidenweber, die junge Frau schwärmt, wie die meisten, von ihrer Stadt und kennt alle Daten, die von Bedeutung sind. Dass Lyon mehrfach Aufstände der Armen erlebt hat, dass die Kasperlefigur "Guignol" ein Resultat dessen ist, dass sich hier Girondisten gegen den Nationalkonvent während der Revolution zusammengeschlossen haben, und dass die Résistance gegen die deutsche Besatzung besonders aktiv war, all das weiß man als Einheimischer.
Aber zu viel Reden über Politik, sagt man auch in Lyon, stört die "convivialité", ist nicht gut für die Geselligkeit. Gut deshalb, dass es an jeder Ecke einen Chocolatier gibt, der süße Köstlichkeiten nach alter Tradition fabriziert, an jeder Ecke einen Käse- einen Wurst-, einen Austernhändler, und überall Märkte und Musik, selbst bei klirrender Kälte.
In den Markthallen, die den Namen eines noch berühmteren Mannes tragen: Paul Bocuse. Der Sternekoch wollte eigentlich zur Sendung kommen, aber ganz jung ist der Mann mit der hohen weißen Kochmütze und den rot-blau-weißen Farben Frankreichs am Kragen ja auch nicht mehr, 86 inzwischen. Die Sendung im Radio hat er deshalb kurzfristig aus dem Kalender gestrichen.
Macht aber nichts, Bocuse hat die Sache an seine besten Freunde und Mitarbeiter delegiert und die haben auch etwas zu sagen über gutes Essen und Trinken. Colette Sibilia etwa, Metzgerin mit einem Ruf, der weit über Lyon hinausragt, Weggefährtin des Küchenmeisters Bocuse und selbst schon 80 Jahre, aber rüstig, das Weißweinglas auf dem Tisch, an diesem Morgen in den Markthallen von Lyon.
"Petit Canon", ein Schlückchen Weißwein, oder Rosé, das wird hier schon ab sieben Uhr serviert, erzählt Madame la charcutière. Alle schmunzeln und der Moderator tut rasch seine Pflicht: "Alkohol ist stets mit Vorsicht zu genießen" zitiert Petitrenaud den Slogan, der in Frankreich regelmäßig vom Gesundheitsministerium verbreitet wird. Aber mit Mahnungen hält sich eine Sendung über die Köstlichkeiten der berühmten Lyoner Gastronomie nicht lange auf. Kutteln, Andouilette, Moderator Petireneaud kommt aus dem Schwärmen gar nicht heraus.
Die Markthallen von Lyon beherbergen das "who is who" der französischen Küche. Käse-, Fleisch-, Fischhändler von nationalem Rang bieten hier ihre Ware feil, Nachfahren der "Mères Lyonnaises", der Mütter von Lyon, die einst Köchinnen der gehobenen Stände waren, und die sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts selbständig gemacht und so die Kochkunst und das Wissen um gute Zutaten verbreitet haben.
Das sind hier alle Sorten der Lyoner Würste, schildert Emanuelle, die für die Stadt Lyon arbeite und selbst mit ihren Freunden am Wochenende in die Hallen kommt, um in einem der zahlreichen Bistros zwischen den Verkaufsständen zu essen, zu trinken, zu plaudern, zu genießen.
"Die hier lässt man in heißem Wasser kochen, mit Linsen oder Kartoffeln werden sie serviert, 'cervelas au pistache', auch sehr berühmt, Lyoner Schweinswurst mit Pistazien , oder hier Wurst in Briocheteig gebacken, das essen wir mit Salat, und dann natürlich hier die Quenelles, die Fischklößchen aus Hechtfleisch, vielleicht der berühmteste Teil unserer Küche. Lyon hat all diese guten Produkte, weil sie eine außergewöhnliche Umgebung hat, eine Stunde von hier Richtung Süden die Weideflächen entlang des Flusses Drôme, im Norden Bresse mit seinen berühmten Hühnern, wir haben die Seen der Dombes, von dort kommen die Hechte für unsere berühmten Quenelles, die Fischklösschen, dann gehört dazu im Norden das Weinanbaugebiet Beaujolais, im Süden die Rhoneweine, also hier konzentrieren sich die besten Produkte."
In der Weihnachtszeit sind die Markthallen besonders gut besucht, die Lage in Bahnhofsnähe ist günstig, aber das Viertel zählt nicht zu den schönsten Orten der Stadt am Zusammenfluss von Saône und Rhône, der drittgrößten Stadt Frankreichs, zwischen Jura, Alpen und Zentralmassiv.
Am Rande der Altstadt ragt der Hügel Fourvière in den Himmel, das Wahrzeichen der Stadt mit der Kathedrale Notre-Dame. Den steilen Aufstieg übernimmt die Seilbahn, die im Volksmund "ficelle" genannt wird, Bindfaden.
Am Ende der kurzen, aber steilen Fahrt sitzt an diesem Wintertag ein Akkordeonspieler, auf dem Vorplatz der Kathedrale schaufeln Priester in weißen Jacken den Schnee, der hier in Lyon nur selten fällt.
Am Rande des Plateaus steht Sandrine, die Stadtführerin hat ein paar frierende Herren aus Dubai um sich versammelt und erklärt ihnen, warum die Fahrt auf den Hügel so lohnenswert ist:
"Der Blick über die Stadt an den zwei Flüssen, mit den beiden Hügeln, 'Croix-Rousse' und 'Fourvière', der Blick über die Dächern der Renaissance-Altstadt, mit ihren italienisch anmutenden Fassaden und Farben. Lyon hat nicht nur ein Zentrum," erklärt Sandrine, "auch deshalb ist es 1998 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden, das war der Startschuss für den Tourismus in der Stadt, denn davor haben die Einwohner gedacht, dass Lyon nur eine Industriestadt sei."
Einer der größten Renaissance-Komplexe Europas erstreckt sich am Fuße des Hügels, aber die UNESCO-Weihen reichen weit darüber hinaus. Nach Prag hat Lyon die größte, ausgezeichnete Fläche aufzuweisen, weil sich die verschiedenen Teile der Stadt mit ihren historischen Bedeutungen jeweils erhalten haben, weil die Epochen teilweise ineinandergeflossen sind.
Wenn es Ihnen nichts ausmacht gehen wir hinein, sagt die Reiseführerin am mächtigen Portal der Kathedrale Notre-Dame zu den muslimischen Touristen, denn nicht alle sind bereit, ein katholisches Gotteshaus zu betreten.
Im 11 Jahrhundert wurde der Stadt eine herausragende Rolle zugewiesen, bis heute hat der Primas der katholischen Kirche in Frankreich seinen Sitz in Lyon, an der Stelle der alten Kapelle wurde im 19. Jahrhundert die Basilika errichtet, der Volksmunde sagt, dass der eiserne Antennenturm , der wie ein kleiner Eiffelturm aussieht, und der gleich nebenan auf dem Fourvière Hügel steht, auch deshalb höher sei als die Türme der Kirche, weil die Laizisten in der Stadt ein Wörtchen mitreden wollten.
Im Kircheninnern verstellen gerade Gerüste den Blick auf die üppigen Wandmalereien, Mosaike, Säulen, die Wallfahrtskirche ist reich an romanischen und byzantinischen Formen.
"Heute ist es besonders voll", sagt Père Devorge. Im Trubel unter dem Kirchendach hat er gerade lautstark in sein Handy gesprochen. Es ist besonders voll, weil wir das Lichterfest in Lyon feiern. Das Lichterfest: Die Legende besagt, dass Unwetter und Hochwasser 1852 beinah verhindert hätten, dass der Glockenturm der Kapelle von Fourvière mit einer Marienstatur geschmückt wurde. Als am 8. Dezember der Himmel aufklarte, stellten die Einwohner Kerzen in die Fenster – seither wird rund um dieses Datum gefeiert. Viele Familien Lyons stellen bereits am 8. Dezember ihre Weihnachtsbäume auf, und die Stadt erstrahlt in Dutzenden von Lichtinstallationen, auf Gebäuden, in den Straßen, an den Flussufern. Bedeutende und weniger bedeutende Künstler treffen sich alljährlich zu diesem Fest, das Lyon zu Ruhm gebracht hat auch als Stadt, die von Beleuchtung etwas versteht –seit vielen Jahren exportiert Lyon seine Kenntnisse in alle Welt, verbindet Kunst mit Nachhaltigkeit und Umweltschutz.
Deshalb ist die Stadt besonders voll, die Hotels ausgebucht, wenn Lyon das Lichterfest feiert, auch in der Altstadt am Fuße des Hügels geht es dicht gedrängt über das Kopfsteinpflaster, auf die Schirme prasselt der Schneeregen.
"Sie müssen sich vorstellen, ab dem 4. Jahrhundert etwa, bis ins 16. Jahrhundert, haben sich die Menschen hier am Fuße des Hügels niedergelassen. Lyon entwickelte sich zum Handelszentrum, vier mal im Jahr gab es hier große Märkte, es gab viele italienische Händler, viele reiche Handelsfamilien und hier sehen Sie eines der Gebäude, das deutlich italienischem Einfluss unterworfen ist."
Pastellfarbene Fassaden, prächtige Innenhöfe, und die berühmten "Traboules von Lyon"– Flurähnliche Schläuche, die die Straßen und Gassen der engen Altstadt miteinander verbinden, unten die Gänge, oben die Wohnungen.
Nicht nur hinter den Renaissance-Fassaden der Altstadt finden sich solche "Traboules", solche Durchgänge. Auch auf dem anderen Hügel der Stadt, "Croix-Rousse" genannt, im einstigen Zentrum der Seidenmacher, durchziehen die Passagen die Häuserblocks, horizontal und vertikal, viele Stufen führen an Wohnungstüren vorbei – hier ist die Bausubstanz nicht saniert, die Pracht der Altstadt fehlt, Sozialwohnungen sind an der Tagesordnung. Und doch, das Viertel über der Stadt ist lebendig, modern, beliebt.
Seit Jahren schon gibt es hier oben einen Biomarkt, junge Leute zieht es auf den Hügel:
"Das ist," sagt Emanuelle, ""eine typische Bauweise für Lyon. Mit den hohen Fenstern, den hohen Decken, das waren die alten Ateliers der Seidenmacher, die jetzt nach und nach saniert werden. Und da, die typischen Fassaden, im italienischen Stil, die Pastellfarben, lachs, rosa, gebrochenes weiß an den Außenwänden."
Im frühen 19. Jahrhundert gab es hier den Aufstand der Seidenweber, die junge Frau schwärmt, wie die meisten, von ihrer Stadt und kennt alle Daten, die von Bedeutung sind. Dass Lyon mehrfach Aufstände der Armen erlebt hat, dass die Kasperlefigur "Guignol" ein Resultat dessen ist, dass sich hier Girondisten gegen den Nationalkonvent während der Revolution zusammengeschlossen haben, und dass die Résistance gegen die deutsche Besatzung besonders aktiv war, all das weiß man als Einheimischer.
Aber zu viel Reden über Politik, sagt man auch in Lyon, stört die "convivialité", ist nicht gut für die Geselligkeit. Gut deshalb, dass es an jeder Ecke einen Chocolatier gibt, der süße Köstlichkeiten nach alter Tradition fabriziert, an jeder Ecke einen Käse- einen Wurst-, einen Austernhändler, und überall Märkte und Musik, selbst bei klirrender Kälte.