Humanitäre Katastrophe
Zwei Jahre Bürgerkrieg im Sudan - und kein Ende in Sicht

Seit mittlerweile zwei Jahren tobt der Bürgerkrieg im Sudan. Am 15. April jährt sich der Beginn des Kriegs erneut. Millionen Menschen leiden in dem nordafrikanischen Land unter einem Mangel an Lebensmitteln, medizinischer Versorgung und Sicherheit - und eine Besserung ist nicht in Sicht. Ein Überblick.

    Eine Menschenmenge im Flüchtlingslager Goz al-Haj. Die Zivilisten, die vor dem Bürgerkrieg im Sudan fliehen, berichten von Misshandlungen durch die RSF-Miliz.
    Millionen Menschen sind im Sudan auf der Flucht vor Krieg und Gewalt. (picture alliance / Anadolu / Osman Bakir)

    Wie ist die Lage im Sudan zwei Jahre nach Kriegsbeginn?

    Nach Einschätzung der Vereinten Nationen handelt es sich um eine der schlimmsten humanitären Krisen des 21. Jahrhunderts. Die Kämpfe zwischen den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) und der sudanesischen Armee halten an. Heute sind in der Region Darfur Berichten zufolge mehr als 100 Menschen bei Angriffen der RSF-Miliz auf ein Flüchtlingslager getötet worden. Auch die Regierungstruppen, die nach der Rückeroberung der Hauptstadt Khartum militärisch zuletzt Erfolge vorweisen konnten, agieren scheinbar ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung: Bei Luftangriffen auf einen Markt im Dorf Tora in Nord-Darfur wurden Hunderte Zivilisten getötet oder verletzt.

    Wie schwer trifft der Krieg die Bevölkerung?

    Seit Kriegsbeginn sind Schätzungen zufolge mindestens 150.000 Menschen ums Leben gekommen. Genaue Zahlen gibt es nicht. Generell gibt es nur wenige gesicherte Informationen über die Situation im Sudan. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind rund 11,3 Millionen Menschen im eigenen Land vertrieben worden. Mehr als 3,8 Millionen flüchteten in Nachbarländer.
    Nach Angaben des UNO-Welternährungsprogramms ist etwa die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung - 25 Millionen Menschen - von extremem Hunger betroffen. Etwa fünf Millionen Kinder und Mütter leiden demnach an akuter Unterernährung.
    Zudem gibt es zahlreiche Berichte darüber, dass Frauen und Mädchen von den RSF-Milizen sexuelle Gewalt angetan wird. Das hat auch Amnesty International dokumentiert. Nach Einschätzung der Organisation setzen die Rebellen Vergewaltigungen und Versklavung bewusst ein, um Gemeinschaften zu demütigen, zu kontrollieren und zu vertreiben. Andere Menschenrechtsorganisationen erheben gegen beide Kriegsparteien schwere Vorwürfe.

    Wie war die politische Lage vor Beginn des Krieges?

    Seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1956 gab es immer wieder Konflikte im Sudan. Bis 2005 erlebte das Land mit einer Pause von elf Jahren zwei Bürgerkriege. Der zweite führte zur Spaltung des einstmals größten afrikanischen Flächenstaates. Aus dem christlich geprägten Süden wurde 2011 der - ebenfalls krisengebeutelte - Südsudan. Ein weiterer Konflikt begann Ende der 1980er Jahre in der Region Darfur im Westen des Landes. Die Spannungen zwischen verschiedenen Ethnien sowie Hirten und sesshaften Bauern eskalierten 2003. Die Regierung in Khartum stellte eine Reitermiliz auf. Bei Angriffen starben Zehntausende oder flüchteten ins Nachbarland Tschad. Trotz eines Waffenstillstands kam es zu Massakern, Vertreibung und Zerstörung von Eigentum. Aus der Reitermiliz ging später die RSF hervor.
    Im April 2019 gab es zunächst Hoffnung. Der vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchte Langzeitdiktator al-Baschir wurde gestürzt. Doch wenig später machten eine schwächelnde Wirtschaft, Proteste und der Konflikt zwischen Armee und RSF den Sudan wieder zum Pulverfass. Es gelang nicht, die Paramilitärs in die reguläre Armee zu integrieren. Stattdessen eskalierte der Konflikt zwischen Armeechef Al-Burhan und seinem ehemaligen Vize, dem heutigen RSF-Kommandeur Dagalo.

    Wie wirkt sich der aktuelle Bürgerkrieg auf die Region aus?

    Der Krieg ist mehr als nur ein Machtkampf zwischen zwei Männern. Nachbarstaaten haben seit Kriegsbeginn mehrere Millionen Menschen aus dem Sudan aufgenommen. Länder wie der Tschad und Südsudan gehören selbst zu den ärmsten der Welt und sind von Krisen gezeichnet. Erschwerend hinzu kommen Mittelkürzungen, etwa durch die neue US-Regierung.

    Gibt es Hoffnung auf ein schnelles Ende des Krieges?

    Erste Gespräche hatte es bereits wenige Wochen nach Kriegsausbruch gegeben. Diese wie auch Gespräche in Genf im August 2024 blieben jedoch ohne nennenswerte Ergebnisse. Vertreter der Armee waren gar nicht erst erschienen. Die RSF schickten nur eine kleine Delegation. Die sudanesischen Streitkräfte bewerten zwar die Rückeroberung von Khartum als zentral. Beobachtern zufolge reicht das jedoch nicht aus, um genug Druck auf die RSF auszuüben. Zu ihren Unterstützern gehören etwa die Vereinigten Arabischen Emirate. Diese beliefern die Paramilitärs auch mit Waffen, kritisiert der Sudan.

    Weiterführende Informationen

    Schulze: Katastrophe findet zu wenig Beachtung
    Warum im Sudan gekämpft wird
    Podcast-Folge von ”Der Rest ist Geschichte” über den Bürgerkrieg im Sudan (Audio)
    Diese Nachricht wurde am 13.04.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.