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Zwei Jahre nach dem Terroranschlag
Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz öffnet

Der Weihnachtsmarkt in Berlin rund um die Gedächtniskirche wird in diesem Jahr mit massiven Vorkehrungen gegen einen möglichen Terroranschlag gesichert. Zwei Jahre nach dem Anschlag, bei dem zwölf Menschen starben, soll das aber nur der Anfang sein.

Claudia van Laak |
    Eisenkörbe mit Sandsäcken gefüllt stehen am Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Der Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche wird zwei Jahre nach dem islamistischen Terroranschlag mit zwölf Todesopfern aufwendig abgeriegelt.
    Eisenkörbe mit Sandsäcken: Der Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz wird gegen Terroranschläge gesichert (dpa / Paul Zinken)
    Fahrbahnsperren aus Beton, Poller an den Eingängen, im Boden verankerte Drahtgeflechte gefüllt mit Sandsäcken – zwei Jahre nach dem Anschlag wirkt der Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz wie eine Festung. Ein britischer Tourist läuft vorbei, nickt zustimmend.
    "Ich bin sehr froh zu sehen, dass sie das hier haben. Ich war ziemlich besorgt, ich habe den Anschlag im Fernsehen gesehen und dachte, hoffentlich tun sie etwas dagegen. Das ist sehr gut. Grauenhafte Welt, in der wir leben."
    2,5 Millionen Euro haben die Maßnahmen gekostet, mit denen der Berliner Senat in diesem Jahr den Breitscheidplatz sicher machen will. Experten aus dem Landeskriminalamt und der Innenverwaltung haben sich in anderen europäischen Großstädten umgesehen – wie gehen London, Paris, Nizza mit der Bedrohung durch islamistischen Terrorismus um, wie werden öffentliche Plätze geschützt? London ist für uns das Vorbild, sagt Berlins SPD-Innensenator Andreas Geisel.
    "Der Anschlag 2016 erfolgte mit einem 40-Tonner. Und ein 40-Tonner in voller Fahrt entfaltet unglaubliche physikalische Kräfte. Das heiß, mit normalen Barrieren ist ein solcher Angriff kaum aufzuhalten, mit den Sicherheitssystemen, die wir im Moment auf dem Breitscheidplatz installiert haben, sehr wohl."
    Polizeistreifen wollen Anschläge verhindern
    Polizeistreifen und zivile Kräfte werden außerdem über den Weihnachtsmarkt patrouillieren, sie haben einen besonderen Blick auf Verdächtige, die möglicherweise Messerattacken verüben könnten.
    "Ich habe gerade zu meinem Mann gesagt, dass mir das fast die Tränen in die Augen treibt, dass wir solche Sicherheitsmaßnahmen inzwischen brauchen, um uns zu einem so fröhlichen Anlass vor so etwas zu schützen. Es macht traurig, nach wie vor."
    Im Innern der Festung rund um den Breitscheidplatz: Böttchers Bäckerei mit den Quarkkeulchen, der Glühweintreff, die Schmalzstulle, das Berliner Handbrot und natürlich der Stramme Max. Es blinkt und glitzert. Am Tag des Anschlags, dem 19. Dezember, soll der Weihnachtsmarkt geöffnet bleiben, anders als im letzten Jahr, erläutert der Pfarrer der Gedächtniskirche Martin Germer.
    "Weil wir den Eindruck haben, dass jetzt nach zwei Jahren das der richtige Weg ist für die Menschen, auch mit ihrer Trauer umzugehen. Das ist einfach ein Teil des normalen Lebens ist und nicht mehr das, was alles andere überlagert."
    Kritik am Gedenken
    Zwischen den Buden, auf den ersten Blick kaum sichtbar: das Gedenkzeichen für die zwölf Ermordeten und die 70 teils schwer verletzten Opfer vom 19. Dezember 2016. Es ist ein mit einer goldenen Metalllegierung gefüllter Riss am Boden, der sich die Treppe zur Gedächtniskirche hochzieht. Auf den Stufen die Namen der Ermordeten, zum Teil erinnern Fotos an die Opfer, Rosen liegen auf den Treppenstufen. Der Sprecherin der Opfer und Hinterbliebenen Astrid Passin reicht diese Art des öffentlichen Gedenkens nicht aus. Die Tochter eines Ermordeten hätte sich auch darüber gefreut, wenn am Anschlagstag das fröhliche Glühweinschunkeln ausgeblieben wäre.
    "In Nizza zum Beispiel bei dem Terroranschlag, da war die Promenade ein Jahr lang Trauerzone. Und erst nach einem Jahr wurde diese Zone aufgelöst. Da merkt man auch diesen Umgang, diese Kultur mit Trauer, dass die hier überhaupt keine Struktur hat, keine Funktion hat und dass man sich der Wirklichkeit ein bisschen sperrt."
    Die diesjährige Sicherung des Weihnachtsmarktes rund um die Gedächtniskirche ist nur der Anfang. Das Land Berlin will in den nächsten Jahren weitere Plätze umbauen, um dauerhaft Attentate mit Fahrzeugen zu verhindern – dazu gehören der Alexanderplatz und das Areal rund um das neue Humboldtforum.