Ein Fernsehsender meldet das vorläufige Endergebnis: Wladimir Putin gewinnt die Wahl mit mehr als 52 Prozent. Zu diesem Zeitpunkt hatte er das Amt des Präsidenten zwar schon einige Monate inne, übernommen von Boris Jelzin, aber öffentlich sichtbares Profil hatte der damals 47-Jährige als Politiker noch kaum – vor allem für Betrachter aus Westeuropa.
Als Wladimir Putin im Herbst 2001 im Bundestag eine Rede hält, beginnt er sie zunächst auf Russisch und wechselt später ins Deutsche. Wer seine Worte heute, fast zwei Jahrzehnte später nachliest, dem springt ein Schwerpunkt ins Auge, der sich im Reden und Handeln durch die folgenden Jahre zieht, bis heute: Sicherheit.
"Das Sicherheitssystem, welches wir in den vergangenen Jahrzehnten erschaffen haben, wurde verbessert. Eine der Errungenschaften des vergangenen Jahrzehnts wurde die beispiellos niedrige Konzentration von Streitkräften und Waffen in Mitteleuropa und der baltischen Region."
Nachbarstaaten in Abhängigkeit
Als eben diese Regionen sich entschlossen, der NATO beizutreten, betrachtete Putin ihm wichtige Linien als überschritten und entwarf eine Politik, von der er sich fortan größere Sicherheit versprach: Außenpolitische Sicherheit zum Beispiel, indem er Nachbarstaaten entweder in Abhängigkeit hält, wie etwa Belarus, oder sie auch militärisch unter Druck setzt, beispielsweise die Ukraine oder Georgien. Das Militär wird nachhaltig modernisiert. Die Sicherheitsdienste im Innern sind hochgerüstet.
"Das Hauptziel der Innenpolitik von Russland ist vor allem die Gewährleistung der demokratischen Rechte und Freiheit, des höheren Lebensniveaus und der Sicherheit des Volkes."
Eine bereinigte politische Landschaft
Der höhere Lebensstandard im Vergleich zum Jahr 2000 ist erreicht, wenngleich die Entwicklung für die meisten Russen seit mehr als einem halben Jahrzehnt auf der Stelle tritt. Die Sicherheit im Innern, die sich zum Beispiel in sinkender Straßenkriminalität ausdrückt, hat jedoch viele Kehrseiten: Demokratische Rechte und Freiheiten sind massiv eingeschränkt.
Wie gefährlich ist das neue Coronavirus?
Die Zahl der Infizierten mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 steigt trotz Gegenmaßnahmen vieler Regierungen weiter - auch in Deutschland. Die Weltgesundheitsorganisation hat Ende Januar den "internationalen Gesundheitsnotstand" ausgerufen.
Die Zahl der Infizierten mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 steigt trotz Gegenmaßnahmen vieler Regierungen weiter - auch in Deutschland. Die Weltgesundheitsorganisation hat Ende Januar den "internationalen Gesundheitsnotstand" ausgerufen.
Seinen sicheren Verbleib im Amt garantiert dem Präsidenten die auf seinen Wunsch hin von ernsthafter Konkurrenz bereinigte politische Landschaft. Im Ergebnis kam, von einem kurzen Zwischenspiel Dmitrij Medwedjews abgesehen, nach Putin immer nur einer: er selbst.
Es war eine verwinkelte Formulierung, mit der er vor kurzem das Parlament de facto aufforderte, ihm weitere Amtszeiten zu ermöglichen – der Präsident könnte bis 2036 im Amt bleiben. Die weiteren Pläne für den Frühling sahen vor: Volksabstimmung über die dazu notwendige Verfassungsänderung im April, dann die große Militärparade zum Tag des Sieges im Mai.
Coronavirus auch in Russland
Aber nun erkranken auch in Russland Menschen durch das Coronavirus. Über Wochen hatte der Kreml zwar den Eindruck erweckt, als gehe ihn das Thema gar nichts an. Doch gestern sah sich Wladimir Putin dann doch gezwungen, sein Land mit dem Ernst der Lage zu konfrontieren:
"Es kann alle betreffen. Und das, was heute in vielen westlichen Ländern, in Europa und in Übersee geschieht, kann auch unsere Zukunft werden."
Die Volksabstimmung, erklärte er, sei auf unbestimmte Zeit zu vertagt.
Das ist ein Einschnitt. Diesem Präsidenten gelang politisch aus seiner Sicht zuletzt fast alles, was ihm in vielen Kreisen der russischen Gesellschaft zu stabiler Popularität verholfen hat. Nun lässt ein kleiner Erreger und dessen Verbreitung die Machtmaschine auch in Moskau stottern. Das Virus setzt Stabilität und Sicherheit unter Druck. Für Putin ist das ein neues Szenario. Der wichtigste Unterschied: Es ist nicht seins.