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Zwei neue Sender für das Land

Vor 50 Jahren starteten die Deutsche Welle und der Deutschlandfunk als Rundfunkanstalten des Bundesrechts. Die beiden nationalen Sender wurden nach jahrelangen Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern, die um ihre Kulturhoheit fürchteten, per Bundesgesetz beschlossen.

Von Hartmut Goege |
    Es war der 29. November 1960, an dem Das Gesetz über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechts in Kraft trat und damit die beiden Radiosender Deutschlandfunk und Deutsche Welle gegründet waren. Mit diesem vom Bundestag verabschiedeten Gesetz sollten die bisherigen provisorischen Gemeinschaftsprogramme der ARD auf Kurz- und Langwelle abgelöst werden. Nach über einem Jahr konnte der Deutschlandfunk seinen Sendebetrieb dann am 1. Januar 1962 aufnehmen.

    "Hier ist der Deutschlandfunk auf Mittelwelle und Langwelle. Sie hören Nachrichten. Mit dieser Nachrichtensendung beginnt die gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Namen Deutschlandfunk ihr Programm."

    Der Deutsche Langwellensender und Vorläufer des Deutschlandfunks und die Deutsche Welle, beide finanziert von der ARD, sendeten schon seit 1953. Damals begannen in der Bundesrepublik Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über eine Neuordnung des Rundfunks. Denn eigentlich war Rundfunk seit 1949 Ländersache. Nicht noch einmal sollte das Radio wie während der Nazizeit als zentral gesteuertes Instrument zu Propagandazwecken missbraucht werden. Fritz Eberhard, einer der Gründerväter der ARD:

    "Wir wollten keinen Zentralismus wieder haben, und hatten dafür gute Gründe. Auch hätten uns die damaligen Besatzungsmächte das vermutlich nicht erlaubt."

    Die DDR hatte schon 1949 ein Langwellenprogramm für die westlichen Hörer gestartet. Die Ultrakurzwellen der ARD-Sender reichten dagegen nicht über die bundesdeutschen Grenzen hinaus. Deswegen genehmigten 1953 die westlichen Alliierten zu Versuchszwecken den Deutschen Langwellensender. Gleichzeitig durfte auch die Deutsche Welle weltweit auf Kurzwelle ausstrahlen. Bundespräsident Theodor Heuss definierte ihre Aufgabe so:

    "Die Deutsche Welle wird es vermeiden, die tagespolitischen Kontroversen der Heimat in die Empfindungswelt der Auslandsdeutschen zu tragen. Sie wird aber die Aufgabe haben, die sachlichen Schwierigkeiten anschaulich zu machen, denn es soll keine Verzerrung der geschichtlichen Schau eintreten. Deren Folge steht noch in unserem Bewusstsein."

    Im Laufe der 50er-Jahre begleitete die ARD die Politik der Bundesregierung zunehmend kritisch. Ohne sich vorher mit den Ländern zu besprechen, legte Bundeskanzler Konrad Adenauer 1959 den "Entwurf eines Gesetzes über den Rundfunk" im Bundestag vor, um drei nationale Rundfunkanstalten einzurichten: die Deutsche Welle, den Deutschlandfunk und das "Deutschland-Fernsehen", mit dem Adenauer ein zweites Fernsehprogramm installieren wollte. Für dessen Sendungen sollte hauptsächlich eine private Fernsehgesellschaft verantwortlich sein. Das Parlament stimmte für die beiden Radiosender, aber gegen Adenauers TV-Pläne. Während die Deutsche Welle ein umfassendes Bild der Bundesrepublik in die Welt tragen sollte, war es Aufgabe des Deutschlandfunks, den Gedanken der Wiedervereinigung zu bewahren und eine publizistische Brücke in den Osten zu schlagen.

    "Meine Hörerinnen und Hörer, vor allem in der mitteldeutschen Heimat. Deutschlandfunk lautet der verpflichtende Name der Rundfunkanstalt, die in dieser Stunde zum ersten Male ihr Programm in den Äther schickt. Hinüber zu Ihnen, die sie in Mecklenburg oder Thüringen, in Brandenburg oder im Sächsischen zu Hause sind, Deutsche sämtlich, denen es verwehrt ist, gemeinsam mit uns in Freiheit zu leben."

    Was Gründungsintendant Hermann-Franz-Gerhard Starke zur Eröffnung nach den ersten Deutschlandfunk-Nachrichten übermittelte, gefiel den Verantwortlichen auf der anderen Seite der Grenze ganz und gar nicht. Immer wieder beschäftigte sich von da an der DDR-Rundfunk mit der neuen westdeutschen Stimme aus Köln.

    "Der sogenannte Deutschlandfunk ist doch mit jeder Sendung bemüht, statt Liebe Hass zu säen und damit unser Land voll Leben in ein Land des Todes zu verwandeln. Lassen Sie uns sorgen, dass die Verschwörerbande vom Deutschlandfunk weder zu Menschen von uns noch zu Menschen von drüben, sondern möglichst immer in den Wind spricht."

    Offensichtlich wurde der Sender in der DDR eifrig gehört. Nach der Wiedervereinigung 1990 hatte der Deutschlandfunk seinen ursprünglichen Auftrag, den Osten mit Informationen aus dem demokratischen Westen zu versorgen, verloren. Dennoch einigten sich die 16 Bundesländer darauf, ab 1994 den Deutschlandfunk zusammen mit dem ehemaligen DDR-Deutschlandsender und dem RIAS Berlin als Deutschlandradio unter dem öffentlich-rechtlichen Dach von ARD und ZDF weiterzuführen.