70 Milchkühe stehen bei Klaus Peter Lucht im Stall – ein für Schleswig-Holstein typischer Milchviehbetrieb. Und ganz typisch für viele Bauern im Land sind auch die Antworten von Klaus Peter Lucht, wenn es um die Piratenpartei geht. Die habe er im Landtagswahlkampf Anfang des Jahres erstmals richtig wahrgenommen. An einem Wahlkampfstand sei ihm ein Plakat besonders aufgefallen, erzählt er.
"Da war ein Wahlplakat aufgestellt 'Wir sind gegen Massentierhaltung'. Ich bin auf den Stand zugegangen und habe dann gefragt: 'Was meinen Sie denn mit Massentierhaltung?' Und die beiden Menschen, die da standen, konnten dann sagen: 'Wir haben leider keine Ahnung davon'. Die nächste Frage von mir war dann: 'Könnte ich denn mal Ihr Parteiprogramm lesen?' Das hätten sie auch gerade nicht zur Hand."
Piraten und Landwirtschaft, zwei Welten begegnen sich – diesen Eindruck wird nicht nur Klaus Peter Lucht seither nicht mehr los. Dabei legt das Ergebnis der Landtagswahl am 6. Mai auf den ersten Blick eine ganz andere Schlussfolgerung nahe. Immerhin erreichten die Piraten in den ländlichen Regionen sechs bis acht Prozent und damit ähnliche Werte wie in den größeren Städten Kiel, Lübeck oder Flensburg. Lucht bleibt aber dabei, die Piraten haben thematisch für Landwirte kaum etwas zu bieten. Bestes Beispiel: der heftige Streit zwischen der Piratenfraktion und den übrigen Parteien um die Laptopnutzung während der Landtagssitzung vor einigen Wochen. Die sollen sich im Parlament nicht mit technischen Spielereien befassen, sondern mit politischen Inhalten, fordert Klaus Peter Lucht.
"Ob Laptopverbot im Landtag ist oder nicht, interessiert mich nicht. Wenn die Piraten aber eine Aussage machen, sie wollen unsere Knicklandschaft zum Weltnaturerbe erheben – das ist eine Forderung, die absolut absurd ist. Für mich wieder ein Zeichen, dass man nicht in der Thematik drinsteckt, sondern dass man einfach nur Sachen raus haut, weil man glaubt, damit kommt man in der Wählerschaft oder in der Bevölkerung an."
Knicks, so heißen in Schleswig-Holstein die typischen Wallhecken, die die Landschaft durchziehen. Umwelt- und Naturschützer betonen immer wieder den ökologischen Wert dieser Knicks als Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten, manchem Landwirt stehen sie aber im Weg, wenn es um den effizienten Einsatz zum Beispiel von großen Maschinen auf den Äckern und Wiesen geht. Planlos, ahnungslos und im besten Fall populistisch, solche Vorwürfe kennt der Chef der Piratenfraktion im Kieler Landtag, Patrick Breyer, zur Genüge. Sie treffen aber ganz einfach nicht zu, versichert er.
"Wir haben eine sehr aktive AG-Landwirtschaft, in der auch Landwirte sich einbringen und die Piraten positionieren zu dem Thema. Das geht zum Beispiel von 'Gentechnikfreie Region Schleswig-Holstein' bis hin zur Frage von neuen Gefahren, wie zum Beispiel durch Einsatz von Clearfield Raps, wo wir laufend auch in Zusammenarbeit von Fraktion und Piratenbasis Landwirtschaftspolitik tatsächlich gestalten."
Gegen Gentechnik in der Landwirtschaft, gegen speziell gezüchtetes Saatgut, wie den Clearfield Raps, dem bestimmte Pflanzenschutzmittel nichts anhaben können, die alle übrigen Pflanzen und Unkräuter auf dem Feld abtöten, für die Kürzung von Agrarsubventionen, Nein zu industrieller Tierproduktion - zugegeben, sagt Breyer, in den Programmen anderer Parteien finden sich zum Teil ausführlichere Kapitel zum Thema Landwirtschaft, aber auch im neuen Grundsatzprogramm der Piraten sind klare Aussagen zu landwirtschaftlichen Themen verankert. Die AG-Landwirtschaft habe viel auf den Weg gebracht, betont deren Vorsitzende Birgit Piepgrass. Von wegen zwei Welten begegnen sich. Piraten und Landwirtschaft, das passt ganz hervorragend zusammen, meint sie.
"Es war nicht wirklich schwierig, Mitstreiter zu finden. Hier steht noch ein Kollege neben mir, der aus der Landwirtschaft kommt, und schauen Sie mal, was der über der Schulter hängen hat – nämlich sein MacBook. Also, ich glaube da sind einfach Klischees über die Piraten vorhanden und Klischees auch über die Landwirte vorhanden, die heute einfach so gar nicht mehr zutreffen."
Der mit dem Laptop über der Schulter, das ist Dettmar Kleensang, 35 Milchkühe, 40 Hektar Getreideanbau, konventionelle, bäuerliche Landwirtschaft, eben keine industrielle Tierproduktion, keine Agrarfabrik. Dem 39-Jährigen haben zuletzt ganz einfach die Alternativen in der Landwirtschaftspolitik gefehlt. Darum sein Weg zu den Piraten.
""Die etablierten Parteien haben nicht mehr viel zu bieten, was das angeht. Die sind eingefahren in ihren Programmen und die Landwirtschaft leidet da drunter, egal was gemacht wird. Deswegen muss einfach ganz was anderes her."
Dieses ganz andere ist jetzt zumindest in Grundzügen im Programm der Piratenpartei Schleswig-Holstein verankert. Unter dem Titel: "Landwirtschaft für Landwirte und Verbraucher" sind auf gut einer DIN-A 4-Seite die wichtigsten Eckpunkte zusammengefasst. "Piratige Landwirtschaftspolitik", so nennt Birgit Piepgrass das.
"Den Landwirten ist heute durchaus klar, dass es ohne den Verbraucher nicht geht, und wenn der Verbraucher bestimmte Produkte nicht will, dann nützt es nichts, wenn der Landwirt die produziert. Insofern haben wir uns in der AG sehr schnell mit Landwirten, Verbrauchern, Gärtnern, Tierschützern an einen Tisch gesetzt und haben gemeinsam besprochen, wie wir uns piratige Landwirtschaftspolitik vorstellen."
Papier ist geduldig, meint dagegen Landwirt Klaus Peter Lucht. Er bleibt dabei: Die Piraten sind für die Masse der Landwirte in Schleswig-Holstein noch immer ein Rätsel und damit eigentlich nicht wählbar, die entscheidenden Antworten bleiben sie seiner Meinung nach weiterhin schuldig.
"Ich kann das Ziel der Piraten nicht erkennen, wo die Landwirtschaft hingehen soll. Nur mit Schlaglichtern, ich sage jetzt mal ein paar Worte wie Biolandwirtschaft, Ökologisierung, Massentierhaltung, das sind Schlaglichter, aber das sind keine politischen Themen, wie man versucht, eine moderne Landwirtschaft, wie wir sie in Schleswig-Holstein haben, zu unterstützen."
Im Frühjahr sind Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein nach dem Erfolg bei der Landtagswahl mit über acht Prozent ist das die nächste echte Nagelprobe für die Piraten. Und dabei dürfte eines sicher sein: ohne klares Profil auch bei landwirtschaftlichen Themen wird es schwer, den Erfolg aus dem Mai dieses Jahres zu wiederholen.
"Da war ein Wahlplakat aufgestellt 'Wir sind gegen Massentierhaltung'. Ich bin auf den Stand zugegangen und habe dann gefragt: 'Was meinen Sie denn mit Massentierhaltung?' Und die beiden Menschen, die da standen, konnten dann sagen: 'Wir haben leider keine Ahnung davon'. Die nächste Frage von mir war dann: 'Könnte ich denn mal Ihr Parteiprogramm lesen?' Das hätten sie auch gerade nicht zur Hand."
Piraten und Landwirtschaft, zwei Welten begegnen sich – diesen Eindruck wird nicht nur Klaus Peter Lucht seither nicht mehr los. Dabei legt das Ergebnis der Landtagswahl am 6. Mai auf den ersten Blick eine ganz andere Schlussfolgerung nahe. Immerhin erreichten die Piraten in den ländlichen Regionen sechs bis acht Prozent und damit ähnliche Werte wie in den größeren Städten Kiel, Lübeck oder Flensburg. Lucht bleibt aber dabei, die Piraten haben thematisch für Landwirte kaum etwas zu bieten. Bestes Beispiel: der heftige Streit zwischen der Piratenfraktion und den übrigen Parteien um die Laptopnutzung während der Landtagssitzung vor einigen Wochen. Die sollen sich im Parlament nicht mit technischen Spielereien befassen, sondern mit politischen Inhalten, fordert Klaus Peter Lucht.
"Ob Laptopverbot im Landtag ist oder nicht, interessiert mich nicht. Wenn die Piraten aber eine Aussage machen, sie wollen unsere Knicklandschaft zum Weltnaturerbe erheben – das ist eine Forderung, die absolut absurd ist. Für mich wieder ein Zeichen, dass man nicht in der Thematik drinsteckt, sondern dass man einfach nur Sachen raus haut, weil man glaubt, damit kommt man in der Wählerschaft oder in der Bevölkerung an."
Knicks, so heißen in Schleswig-Holstein die typischen Wallhecken, die die Landschaft durchziehen. Umwelt- und Naturschützer betonen immer wieder den ökologischen Wert dieser Knicks als Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten, manchem Landwirt stehen sie aber im Weg, wenn es um den effizienten Einsatz zum Beispiel von großen Maschinen auf den Äckern und Wiesen geht. Planlos, ahnungslos und im besten Fall populistisch, solche Vorwürfe kennt der Chef der Piratenfraktion im Kieler Landtag, Patrick Breyer, zur Genüge. Sie treffen aber ganz einfach nicht zu, versichert er.
"Wir haben eine sehr aktive AG-Landwirtschaft, in der auch Landwirte sich einbringen und die Piraten positionieren zu dem Thema. Das geht zum Beispiel von 'Gentechnikfreie Region Schleswig-Holstein' bis hin zur Frage von neuen Gefahren, wie zum Beispiel durch Einsatz von Clearfield Raps, wo wir laufend auch in Zusammenarbeit von Fraktion und Piratenbasis Landwirtschaftspolitik tatsächlich gestalten."
Gegen Gentechnik in der Landwirtschaft, gegen speziell gezüchtetes Saatgut, wie den Clearfield Raps, dem bestimmte Pflanzenschutzmittel nichts anhaben können, die alle übrigen Pflanzen und Unkräuter auf dem Feld abtöten, für die Kürzung von Agrarsubventionen, Nein zu industrieller Tierproduktion - zugegeben, sagt Breyer, in den Programmen anderer Parteien finden sich zum Teil ausführlichere Kapitel zum Thema Landwirtschaft, aber auch im neuen Grundsatzprogramm der Piraten sind klare Aussagen zu landwirtschaftlichen Themen verankert. Die AG-Landwirtschaft habe viel auf den Weg gebracht, betont deren Vorsitzende Birgit Piepgrass. Von wegen zwei Welten begegnen sich. Piraten und Landwirtschaft, das passt ganz hervorragend zusammen, meint sie.
"Es war nicht wirklich schwierig, Mitstreiter zu finden. Hier steht noch ein Kollege neben mir, der aus der Landwirtschaft kommt, und schauen Sie mal, was der über der Schulter hängen hat – nämlich sein MacBook. Also, ich glaube da sind einfach Klischees über die Piraten vorhanden und Klischees auch über die Landwirte vorhanden, die heute einfach so gar nicht mehr zutreffen."
Der mit dem Laptop über der Schulter, das ist Dettmar Kleensang, 35 Milchkühe, 40 Hektar Getreideanbau, konventionelle, bäuerliche Landwirtschaft, eben keine industrielle Tierproduktion, keine Agrarfabrik. Dem 39-Jährigen haben zuletzt ganz einfach die Alternativen in der Landwirtschaftspolitik gefehlt. Darum sein Weg zu den Piraten.
""Die etablierten Parteien haben nicht mehr viel zu bieten, was das angeht. Die sind eingefahren in ihren Programmen und die Landwirtschaft leidet da drunter, egal was gemacht wird. Deswegen muss einfach ganz was anderes her."
Dieses ganz andere ist jetzt zumindest in Grundzügen im Programm der Piratenpartei Schleswig-Holstein verankert. Unter dem Titel: "Landwirtschaft für Landwirte und Verbraucher" sind auf gut einer DIN-A 4-Seite die wichtigsten Eckpunkte zusammengefasst. "Piratige Landwirtschaftspolitik", so nennt Birgit Piepgrass das.
"Den Landwirten ist heute durchaus klar, dass es ohne den Verbraucher nicht geht, und wenn der Verbraucher bestimmte Produkte nicht will, dann nützt es nichts, wenn der Landwirt die produziert. Insofern haben wir uns in der AG sehr schnell mit Landwirten, Verbrauchern, Gärtnern, Tierschützern an einen Tisch gesetzt und haben gemeinsam besprochen, wie wir uns piratige Landwirtschaftspolitik vorstellen."
Papier ist geduldig, meint dagegen Landwirt Klaus Peter Lucht. Er bleibt dabei: Die Piraten sind für die Masse der Landwirte in Schleswig-Holstein noch immer ein Rätsel und damit eigentlich nicht wählbar, die entscheidenden Antworten bleiben sie seiner Meinung nach weiterhin schuldig.
"Ich kann das Ziel der Piraten nicht erkennen, wo die Landwirtschaft hingehen soll. Nur mit Schlaglichtern, ich sage jetzt mal ein paar Worte wie Biolandwirtschaft, Ökologisierung, Massentierhaltung, das sind Schlaglichter, aber das sind keine politischen Themen, wie man versucht, eine moderne Landwirtschaft, wie wir sie in Schleswig-Holstein haben, zu unterstützen."
Im Frühjahr sind Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein nach dem Erfolg bei der Landtagswahl mit über acht Prozent ist das die nächste echte Nagelprobe für die Piraten. Und dabei dürfte eines sicher sein: ohne klares Profil auch bei landwirtschaftlichen Themen wird es schwer, den Erfolg aus dem Mai dieses Jahres zu wiederholen.