Das Christusporträt "Salvator Mundi", das angeblich vom Renaissance-Meister Leonardo da Vinci stammen soll, war im November 2017 bei Christie’s in New York für 450,3 Millionen Dollar (inklusive Gebühren) versteigert worden. Einen Monat später gab das Ministerium für Kultur und Tourismus des Emirats Abu Dhabi bekannt, dass der Staat das Gemälde ersteigert habe und in der Museumsfiliale "Louvre Abu Dhabi" ausstellen wolle.
Zweifel schon bei der Rekordauktion
Schon zum Zeitpunkt der Rekordauktion gab es allerdings Zweifel daran, dass das Gemälde tatsächlich von der Hand Leonardo da Vincis stammte. Dass es die National Gallery in London 2011 trotzdem als sein Werk ausstellte, war auf massive Kritik anerkannter Leonardo-Experten gestoßen. Der Leipziger Kunsthistoriker Frank Zöllner verwies auf Lücken in der Herkunftsgeschichte des Bildes und auf dessen massive Überarbeitung vor dem Verkauf: Erst dadurch sei der verschwommene "Sfumato"-Effekt entstanden, der für Leonardo-Werke typisch ist. Andere Kunsthistoriker hatten nach Angaben des Museums und des Auktionshauses bei einem Symposium in London die Echtheit bestätigt.
Nur "einige kleine Retuschen" von Leonardo?
Carmen Bambach, Leonardo-Expertin und Altmeister-Kuratorin am Metropolitan Museum of Art in New York, bestreitet nun allerdings im Branchendienst artnet.com, dass sie – wie im Auktionskatalog behauptet – das Gemälde für einen eigenhändigen Leonardo halte. Der Maler habe höchstens "einige kleine Retuschen" vorgenommen. Christie’s hingegen sieht keinen Grund, seine Position zu überdenken.
Der Streit um die Echtheitsfrage könnte einer der Gründe dafür sein, dass das Bild seit seiner Versteigerung nicht mehr zu sehen war und auch bei einer Leonardo-Ausstellung im Herbst in Paris wohl nicht zu sehen sein wird: Mit einer Schülerarbeit will man sich weder in Abu Dhabi noch in Frankreich blamieren.