Na, das wäre ja auch ein Ding gewesen, wenn Thomas Bach nun bei der Generalversammlung des Internationalen Olympischen Komitees den Verzicht auf eine weitere Amtszeit als Präsident angekündigt hätte. Hinschmeissen? Nie und nimmer. Schon gar nicht in der Corona-Krise, wo doch das olympische Erbe gefährdet ist. Das würde ja nicht zu Bachs immer wieder beschworenen Werten von Teamgeist und olympischem Spirit passen.
Ohne Pathos geht es bei Thomas Bach auch diesmal nicht. Wenn er sagt, die zerbrechliche Welt nach Corona brauche die einigende Kraft der Olympischen Spiele, dann trieft es. Und zeigt Wirkung: Der 100 Delegierte starke IOC-Hofstaat huldigt König Thomas. Kritik? Keine! Dabei kam sein zauderndes Pandemie-Management außerhalb seines IOC-Königreichs nicht gut an – weder bei den Athletinnen und Athleten, noch dem Gros der Sportfamilie, geschweige denn bei vielen Menschen weltweit.
Diesen Kritikern nimmt der 66-Jährige aber erstmal wieder den Wind aus den Segeln. Der einstige Fechter Bach wird dabei seinem Ruf als Taktiker gerecht. Der Zeitpunkt für die Ankündigung der Kandidatur ist gut gewählt: Die Krise braucht einen Macher. Kein Gegenkandidat kann sich noch profilieren. Einer weiteren Krönungsmesse im Frühjahr 2021 steht nichts mehr im Wege. Und die ewig Mäkelnden? Da schaltet man auf Durchzug und sitzt sie aus.
Viel versprochen - wenig gehalten
Seit 2013 ist der Wirtschaftsanwalt IOC-Boss. Seine bisherige Amtszeit ist geprägt von Versprechungen, Widersprüchen und Skandalen: Die Agenda 2020 sollte den großen Reformprozess der Spiele einleiten. Ergebnisse: bisher mau. Bach kündigte den Kampf gegen Doping an - und war plötzlich mit dem russischen Dopingskandal konfrontiert, den er aussaß und die Verantwortung den internationalen Verbänden zuschob. Die globale Empörung perlte an ihm ab.
Auch das Verhältnis zu den Athleten ist angespannt. Obwohl Bach 1981 seine IOC-Karriere in der Athletenkommission begonnen hatte und wirkliche Mitsprache der Aktiven forderte. Als Präsident hat er das offensichtlich vergessen. Beim Thema Politik windet er sich wie ein Aal. Er verweist gerne auf die Neutralität des IOC, wenn politische Haltung stören könnte. Und beklagt, dass der Sport wieder mehr für politische Zwecke missbraucht werde.
Dabei war er es, der vor zwei Jahren bei den Winterspielen in Südkorea medienwirksam ein gesamtkoreanisches Team forcierte – und sich danach bei einem Besuch bei Diktator Kim Jong-Un als Friedensstifter und politischer Vermittler versuchte.
Es war nicht das einzige Mal, dass Bach mit einem autoritären Herrscher kungelte. Wenn ein Land wie China sicherstellt, dass olympische Spiele rücksichtslos und ohne große Gegenwehr der Bevölkerung durchgezogen werden – was kümmern Bach dann zum Beispiel Lager, in denen Uiguren eingesperrt sind? Seit langem läuft vieles völlig falsch im Königreich Olympia. Es wird sich deshalb auch in der zweiten Amtszeit Bachs nicht viel ändern: Das IOC bleibt in vielem ignorant und aus der Zeit gefallen.