Die Fotografin Roni Horn hat schon immer in Serien und Konzepten gedacht. Und es war schon immer das Kühle und Glatte, das sie anzog. Als sie 2003 im Fotomuseum Winterthur ausstellte, schnitt sie die streng weißgekachelten Gänge und Umkleidekabinen eines Schwimmbads zu einer gigantischen Projektionswand zusammen: was in diesen Räumen wohl passieren mag? Und sie untersuchte die Wasseroberfläche der Themse in bewegten, bewegenden Großformaten, eine spiegelnde, schrundige, sich ständig verändernde Landschaft, eine kalte Haut.
Allerdings ist Roni Horn nicht nur als Fotografin unterwegs, ihr Anspruch ist komplexer. In Bregenz muss man bis zum zweiten Stockwerk warten, bevor man das erste Foto sieht; davor und danach Papierarbeiten, Sprach-Stäbe und Skulpturen, die leider nicht die Qualität früherer Fotoarbeiten erreichen.
Das übergreifende Konzept dieser Ausstellung ist das Spiel mit der Identität, einer tief verunsicherten, fragmentierten Identität. Die jetzt 55-jährige Künstlerin zieht den Betrachter nah an sich heran und hält ihn dann doch auf Distanz; sie gibt etwas preis und verhüllt es gleich wieder. Einerseits bedient sie damit perfekt den Erwartungshorizont moderner Kunst, andererseits sind die Grundideen doch etwas einfach gestrickt. Schon im ersten Raum werden wir mit fast sechs Quadratmeter großen Papier-Collagen konfrontiert, die in der Hauptsache schneeweiß sind, um im Zentrum filigrane Muster aus Rot oder Blau zu bilden. Von weitem sehen die Werke aus wie stilisierte Stadtpläne, von nahem erkennt man, dass hier lauter ausgerissene, bemalte Einzelteile zu einer neuen Form zusammengepuzzelt sind.
Das ist insofern programmatisch, als das Motiv des Multiplen, der zusammengesetzten, frei veränderbaren Identität wieder auftauchen wird. Roni Horn stellte sich auf der Vernissage nicht dem Publikum, sondern verharrte reglos und anonym im Hintergrund, eine asketische, maskulin stilisierte Gestalt mit kurzen grauen Haaren. Dies ginge uns nichts an, würde sie es nicht selbst zum Thema machen. Denn der zentrale Raum zeigt zu Paaren arrangierte Portraitfotos: die Künstlerin als Kind, die Künstlerin als Erwachsene. Keiner weiß, wer die Kinderbilder gemacht hat: sie zeigen ein scheues, in Mädchenkleidern steckendes Wesen, das später mit wirren Haaren und aufgedrehten Hippielocken im Felsmassiv hockt und sich zu einer androgynen und dann vermännlichten Gestalt weiterentwickelt. Die paarweise Anordnung der Bilder zeigt, wie dieselben Posen einmal feminin, einmal maskulin interpretiert werden können, unterstützt von Rüschenkleid oder Sakko, von Madonnenhaar und Kurzhaarschnitt.
Die Bilder zeigen aber auch den Weg vom naiven, manchmal strahlenden Kind zur einer meist skeptischen Studentin und traurigen Erwachsenen. Obwohl die Anordnung der Bilder für die freie Wählbarkeit der sexuellen Orientierung plädiert und unsere erotischen Stylings als "gemacht" entlarven will, erzählt sie auf einer zweiten Ebene auch die Geschichte eines Rückzugs.
Der hat, bei Roni Horn, tatsächlich stattgefunden: sie lebt abwechselnd in New York und auf Island, sie braucht die Einsamkeit – und die Macht der Natur. Wir alle haben sie gerade gespürt, wenn auch nur durch die isländische Vulkanasche; Roni Horn dagegen fasziniert an diesem Land die Kälte, die Weite, das Blaue und das Weiße, das Wasser und der Schnee. Der oberste Raum in Bregenz ist nun ein Bühnenbild voller gläserner runder Sockel, sanft bläulich schimmernd, mit eiskalt geschliffener arktischer Oberfläche und aufgerauhten Seitenwänden; materialgewordene Flüssigkeiten.
Leider kann es Roni Horn nicht dabei belassen. In einem weiteren Raum lehnt sie minimalistische Stäbe an die Wand – mit Sinnsprüchen der depressiven amerikanischen Dichterin Emily Dickinson. Die atmen die Hermetik, aber auch den Kitsch des 19. Jahrhunderts. "Fascination is portable", heißt eine Sentenz aus dieser poetischen Hausapotheke. Bislang kannte man tragbare Radios und Pullover, vielleicht auch untragbare Zustände. Die Faszination aber ist nicht portabel, und Roni Horn sollte sich von Sprachkunstwerken schnellstens verabschieden.
Allerdings ist Roni Horn nicht nur als Fotografin unterwegs, ihr Anspruch ist komplexer. In Bregenz muss man bis zum zweiten Stockwerk warten, bevor man das erste Foto sieht; davor und danach Papierarbeiten, Sprach-Stäbe und Skulpturen, die leider nicht die Qualität früherer Fotoarbeiten erreichen.
Das übergreifende Konzept dieser Ausstellung ist das Spiel mit der Identität, einer tief verunsicherten, fragmentierten Identität. Die jetzt 55-jährige Künstlerin zieht den Betrachter nah an sich heran und hält ihn dann doch auf Distanz; sie gibt etwas preis und verhüllt es gleich wieder. Einerseits bedient sie damit perfekt den Erwartungshorizont moderner Kunst, andererseits sind die Grundideen doch etwas einfach gestrickt. Schon im ersten Raum werden wir mit fast sechs Quadratmeter großen Papier-Collagen konfrontiert, die in der Hauptsache schneeweiß sind, um im Zentrum filigrane Muster aus Rot oder Blau zu bilden. Von weitem sehen die Werke aus wie stilisierte Stadtpläne, von nahem erkennt man, dass hier lauter ausgerissene, bemalte Einzelteile zu einer neuen Form zusammengepuzzelt sind.
Das ist insofern programmatisch, als das Motiv des Multiplen, der zusammengesetzten, frei veränderbaren Identität wieder auftauchen wird. Roni Horn stellte sich auf der Vernissage nicht dem Publikum, sondern verharrte reglos und anonym im Hintergrund, eine asketische, maskulin stilisierte Gestalt mit kurzen grauen Haaren. Dies ginge uns nichts an, würde sie es nicht selbst zum Thema machen. Denn der zentrale Raum zeigt zu Paaren arrangierte Portraitfotos: die Künstlerin als Kind, die Künstlerin als Erwachsene. Keiner weiß, wer die Kinderbilder gemacht hat: sie zeigen ein scheues, in Mädchenkleidern steckendes Wesen, das später mit wirren Haaren und aufgedrehten Hippielocken im Felsmassiv hockt und sich zu einer androgynen und dann vermännlichten Gestalt weiterentwickelt. Die paarweise Anordnung der Bilder zeigt, wie dieselben Posen einmal feminin, einmal maskulin interpretiert werden können, unterstützt von Rüschenkleid oder Sakko, von Madonnenhaar und Kurzhaarschnitt.
Die Bilder zeigen aber auch den Weg vom naiven, manchmal strahlenden Kind zur einer meist skeptischen Studentin und traurigen Erwachsenen. Obwohl die Anordnung der Bilder für die freie Wählbarkeit der sexuellen Orientierung plädiert und unsere erotischen Stylings als "gemacht" entlarven will, erzählt sie auf einer zweiten Ebene auch die Geschichte eines Rückzugs.
Der hat, bei Roni Horn, tatsächlich stattgefunden: sie lebt abwechselnd in New York und auf Island, sie braucht die Einsamkeit – und die Macht der Natur. Wir alle haben sie gerade gespürt, wenn auch nur durch die isländische Vulkanasche; Roni Horn dagegen fasziniert an diesem Land die Kälte, die Weite, das Blaue und das Weiße, das Wasser und der Schnee. Der oberste Raum in Bregenz ist nun ein Bühnenbild voller gläserner runder Sockel, sanft bläulich schimmernd, mit eiskalt geschliffener arktischer Oberfläche und aufgerauhten Seitenwänden; materialgewordene Flüssigkeiten.
Leider kann es Roni Horn nicht dabei belassen. In einem weiteren Raum lehnt sie minimalistische Stäbe an die Wand – mit Sinnsprüchen der depressiven amerikanischen Dichterin Emily Dickinson. Die atmen die Hermetik, aber auch den Kitsch des 19. Jahrhunderts. "Fascination is portable", heißt eine Sentenz aus dieser poetischen Hausapotheke. Bislang kannte man tragbare Radios und Pullover, vielleicht auch untragbare Zustände. Die Faszination aber ist nicht portabel, und Roni Horn sollte sich von Sprachkunstwerken schnellstens verabschieden.