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Debatte um deutsche Bewerbung
So lief das zweite DOSB-Dialogforum zu Olympischen Spielen

Der DOSB hätte gerne wieder Olympische und Paralympische Spiele in Deutschland. In der Debatte um eine mögliche Bewerbung tourt der Verband unter dem Motto "Deine Ideen. Deine Spiele" durch das Land und versucht, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Nun gab es ein zweites Dialogforum in Hamburg.

Von Magdalena Neubig |
Die Olympischen Ringe werden vor dem Rathaus von Paris, wo die Sommerspiele 2024 stattfinden, präsentiert.
Sollte Deutschland sich für die Austragung Olympischer Spiele bewerben? Das will der Deutsche Olympische Sportbund in mehreren Dialogforen in verschiedenen Städten mit der Bevölkerung klären. (picture alliance / / Daniel Kalker)
Auf dem Podium des Deutschen Olympischen Sportbunds im stattlichen Börsensaal der Hamburger Handelskammer sitzen ausschließlich Olympia-Fans. Wie etwa die Präsidentin des Hamburger Sportbunds, Katharina von Kodolitsch: "Die olympische Idee ist einfach eine Tolle. Und die zu Hause zu haben und dafür als Land sich zu zeigen und ein Gastgeber zu sein für schöne, friedliche Spiele, die Begeisterung entfachen für den Sport, ist einfach ein ganz tolles Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt."
Das findet auch Rollstuhlbasketballerin Mareike Miller: "Für Athletinnen und Athleten sind die Olympischen und Paralympischen Spielen einfach das allergrößte Event." Die Paralympics-Siegerin von London (2012) unterstützt eine deutsche Bewerbung: "Mit der Goldmedaille in London hatte ich wirklich einen ganz besonderen Start in meiner Erfahrung mit diesen Events und ich glaube aus dieser Erfahrung heraus kann ich nur dafür plädieren, dass es für uns das Größte wäre, das eben zu Hause vor heimischem Publikum erleben zu dürfen."
Zum Beispiel bei den Olympischen und paralympischen Sommerspielen 2036, beziehungsweise 2040, oder die Winterausgaben 2038 oder 2042. Damit dieser Traum Realität werden kann, muss sie allerdings erst einmal die breite deutsche Öffentlichkeit überzeugt werden.

Negative Abstimmung von 2015 noch in den Köpfen

Und das ist keine Selbstverständlichkeit – das weiß man in Hamburg aus eigener Erfahrung. Als Olaf Scholz dort noch Bürgermeister war, wollte er die Olympischen Spiele in die Hansestadt holen. Bei dem entsprechenden Referendum vor acht Jahren entschieden sich die Hamburger jedoch mit einer knappen Mehrheit dagegen.
Im Saal der Handelskammer ist dieses Ergebnis von 2015 noch sehr präsent. Hier sitzen aber in erster Linie die Menschen, die für die Ausrichtung von Olympische Spielen gestimmt haben. "Also ich habe schon die andere Bewerbung, die vorherige, als Bürger unterstützt", erklärt ein Mann im Publikum.

Nur wenige Menschen bei Dialogforum zugegen

Der DOSB will das Forum aber eigentlich nutzen, um die Zweifler unter den Bürgern umstimmen. Gründe für die Ablehnung 2015 waren vor allem die hohen Kosten und die vielen geplanten Neubauten. Deshalb spricht man jetzt über die aus Sicht des DOSB veränderten Rahmenbedingungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) für eine mögliche Olympia-Bewerbung.
Immer wieder kann das Publikum Fragen stellen. Eine Bürgerschaftsabgeordnete der Hamburger Linkspartei, die klar gegen eine Olympia-Ausrichtung ist, befürchtet, dass sich die Stadt dafür zu stark verschulden müsste. Ein weiterer Gast, der sich als "glühender Olympia-Verehrer" vorstellt, kritisiert, dass nur knapp 50 Menschen bei der Veranstaltung anwesend sind: "Wenn ich hier in diesen Raum gucke, bin ich ehrlich gesagt enttäuscht, wie wenig Menschen hier sind. Ich sehe zu 85 Prozent die üblichen Verdächtigen und überhaupt keine jungen Menschen. Deshalb meine Frage: Was tun sie, um junge Leute anzusprechen?"
"Ich hätte mir für den Moment hier 100 Menschen mehr erhofft", sagt sogar Stephan Brause etwas enttäuscht selbst. Er ist Leiter der Stabsstelle Olympia-Bewerbung beim DOSB. "Aber vielleicht geht Qualität auch ein bisschen vor Quantität. So gesehen hoffe ich, dass die Dialogformate jetzt noch ein bisschen Ergebnisse bringen."

Ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit sind Themen

Denn nach den offiziellen Podiumsdiskussionen finden kleinere Workshops statt, bei denen die Anwesenden im unmittelbaren Dialog einzelne Fragestellungen diskutieren und gemeinsam brainstormen können. Sollten die Spiele beispielsweise nur in einer Region stattfinden oder im gesamten Bundesgebiet?
Beim letzten Anlauf für Hamburg hätte ein großes Leichtathletk-Stadion neu gebaut werden müssen. Das ließe sich verhindern, wenn man beispielsweise mit Berlin oder Leipzig gemeinsam ins Rennen ginge. Ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit sind Themen an diesem Tag in Hamburg.
Der DOSB will Anregungen sammeln, sagt Brause. Und Fehler aus der Vergangenheit, aus insgesamt sieben erfolglosen Anläufen, Olympische Spiele nach Deutschland zu holen, dürften sich keinesfalls wiederholen. Deshalb spreche der DOSB schon jetzt mit allen relevanten gesellschaftlichen Akteuren:

Wenn wir zum Beispiel über 2036 reden – die nächste Option Sommerspiele – das wäre hundert Jahre nach den Nazi-Spielen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass man ganz früh im Vorfeld mit dem Zentralrat der Juden, Betroffenen-Verbänden und so spricht: Ist das eine Chance für unser Land? Oder ist das vielleicht ein viel zu große Herausforderung für unser Land? Verheben wir uns an dieser 36er-Bewerbung aufgrund der Historie?

Stephan Brause, Leiter der DOSB-Stabsstelle Olympia-Bewerbung

Weitere Foren in Berlin, München und Düsseldorf

Eine weitere Lehre aus der gescheiterten Hamburger Bewerbung sei, dass die Finanzierung der Spiele frühzeitig abgesichert sein müsse, sagt Stephan Brause. Eine Besucherin der Veranstaltung, die sich seit vielen Jahren als Ehrenamtliche bei Sportgroßveranstaltungen engagiert, fordert, dass der DOSB noch viel stärker aus seiner Sportler-Blase rauskommen müsse.
Wenn das gelänge, könne man die Öffentlichkeit – sogar in Hamburg – sicher für Olympia in Deutschland begeistern: "Wenn man sich an das Sommermärchen zurückerinnert 2006, das war eine Begeisterung in Deutschland, die ihresgleichen sucht. Und wenn man so etwas in den Herzen der Menschen wieder entfacht und sagt, es ist nachhaltig möglich, es ist finanzierbar – dann glaube ich, kann man da ganz viele Menschen mitnehmen. Denn Menschen sehnen sich heutzutage nach positiven Erlebnissen bei den ganzen furchtbaren Geschichten, die in der Welt passieren. Und da ist Sport einfach ein wunderbares Medium."
Die nächsten Dialogforen veranstaltet der DOSB in Berlin, München und Düsseldorf.