Archiv


Zwischen Eichen und Wisente

Der Abschluss von Verträge zum Schutz der Artenvielfalt ist auf der 10. UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt in Nagoya unwahrscheinlich. Deswegen sind nationale Schutzprogramme von Bedeutung: Der Bialowieza Nationalpark in Polen ist einer der letzten Urwäldern Europas. Er bietet vielen gefährdeten Arten einen Lebensraum.

Von Monika Lüpschen |
    Der Bialowieza-Nationalpark im Nordosten Polens ist seit fast 80 Jahren ein über weite Teile unberührtes Naturreservat. Es ist das älteste polnische Naturschutzgebiet und der letzte Flachland-Urwald Europas. In seiner Kernzone laufen die ökologischen Prozesse ungestört ab. Das bedeutet, in diesem Urwald gibt es eine riesige Artenvielfalt, wie sie einstmals in allen Wäldern vorhanden war, die nie bewirtschaftet wurden. Dass es diesen Urwald überhaupt noch gibt, bezeichnet Czeslaw Okolow, ehemaliger Direktor des Parks, als absoluten Glücksfall. Deshalb soll nun auch die streng geschützte Kernzone von 4500 auf 30.000 Hektar vergrößert werden. Damit gingen allerdings jene Flächen verloren, in denen jetzt noch Bäume geschlagen werden. Und das wiederum passt den Gemeinden nicht, die eigenständig über die Nutzung dieser Flächen entscheiden können. In Verhandlungen - Negotiation - wie Okolow sagt - soll erreicht werden, dass sie zustimmen:

    "Alle Gebiete für Vergrößerung sind staatlich. Das ist nicht privat. Aber unser Naturschutzrecht hat solche Paragrafen, das heißt, man muss akzeptieren mit lokale Gemeinde und das ist, warum es Negotiation ist. Die Minister für Umwelt proponieren 75 Millionen Zloty für verschiedene Investitionen in lokale Gemeinde. Aber diese muss akzeptieren."

    Also umgerechnet 19 Millionen Euro hat die Regierung den Kommunen für Infrastrukturverbesserungen zur Verfügung gestellt. Doch bisher kommt man nicht weiter. So wurde in diesem Sommer Druck gemacht. Es gab große Proteste von Umweltgruppen vor dem Umweltministerium in Warschau:

    "Ein Teil der Einwohner akzeptieren, ja, wir müssen vergrößern für die Qualität des Waldes. Bis jetzt: Es gibt im Wald sehr seltene Arten, Pflanzen, Tiere, Pilzarten in verschiedenen roten Listen, und das ist die letzte Chance zum Schutz. Wenn nicht geschützt wird, dann gestorben."

    Vor diesem Hintergrund weist Wissenschaftler Okolow auch auf die weltweite Anerkennung der Forschungsarbeit der drei wissenschaftlichen Institute hin, die über 4000 Publikationen veröffentlicht haben:

    "Das ist beste Forschung und Untersuchung in polnischem Nationalpark. Das funktioniert mehr als 60 Jahre. Nur hier wird gefunden zum Beispiel die Ökologie und Biologie verschiedener Arten."

    25.000 wurden bisher im 150.000 Hektar großen Bialowieza-Nationalpark gefunden, und dazu zählen auch Luchse, Wölfe, Elche und insbesondere Wisente - das sind europäische Büffel - in beträchtlicher Zahl. Diese wurden nachgezüchtet, nachdem die Letzten im Zweiten Weltkrieg geschossen wurden. Das Gebiet des Parks war ohnehin über Jahrhunderte Jagdrevier der polnischen Könige und russischen Zaren. - Der Wildreichtum lockt nun immer mehr Natur-Touristen. Über 200.000 Besucher sind im vergangenen Jahr in dieses einzigartige Gebiet kommen. Tadäuzs Przygodzjy, Fremdenführer von der Forstlichen Fachhochschule:

    "Seit 1990 entstanden vier neue Hotels, viele Einwohner in Bialowieza haben vorbereitet, immer mehr Polen für ein bis zwei Tage kommen aus Warschau etc. und große Werbung in TV. Ausländer kommen auch. Deutsche, Italiener, Spanier. - Die Einwohner von dieser Gegend verdienen Geld. Früher Landwirtschaft und Forstwirtschaft, jetzt ist Tourismus."

    Auf geführten Touren erhalten die Besucher nicht nur direkte Eindrücke, was Urwald bedeutet, sondern sie können sich auch in den didaktisch hervorragend aufbereiteten und mit modernster Technik ausgestatteten Fortbildungszentren über die Belange des Naturschutzes, der Ökologie, der engen Verzahnung der Lebensbedingungen von Pflanzen, Tieren und Menschen informieren und so begreifen, warum es wichtig ist, Naturräume dieser Art zu schützen und zu erhalten.