Safri steht am Meer und schaut zu, wie die Wellen gleichmäßig an Land rollen. So, wie vor etwa einem Jahr. Der junge Mann erzählt:
"Als die Welle kam, bin ich auf einen Baum geklettert. Aber die Wassermassen haben mich mitgerissen und aufs Meer gezogen. Da schwamm ich dann: Zwei Tage und zwei Nächte. Bis ich von einem Fischer gerettet worden bin. Es waren noch ganz viele andere Menschen im Wasser. Aber wir konnten ihnen nicht helfen. Sie waren eingeklemmt – zwischen Dächern, Häusern, Palmen, Autos – das ganze Dorf schwamm im Meer."
Safri wendet sich ab. Das Meer hat ihm alles genommen, was er hatte: Seine Frau. Sein Kind. 40 Tage war es alt. Jetzt lebt Safri alleine, in einem notdürftig zusammengebauten Zelt.
"Ich habe noch kein Haus. So viele Hilfsorganisationen waren zwar schon hier. Sie haben uns viel versprochen. Sie haben Versammlungen einberufen. Aber sie reden nur, sie tun nichts."
Safri ist frustriert. Ein wenig wütend ist er auch. Wie so viele in Aceh, die nicht verstehen, warum der Wiederaufbau so lange dauert. Einige Kilometer weiter. In Lampuuk. Auch dort ist nichts vom Dorf übrig geblieben. Nur die Moschee steht noch. Gleich daneben wird das Modellhaus der Welthungerhilfe gebaut. Es steht auf Stelzen. Und das ist etwas ungewöhnlich, aber gut, sagt Ralph Dickerhof:
"Es war Ziel, dass man innerhalb der Vorgaben bleibt, 36 qm, dass man nicht hingeht und einen Palast baut und damit auch für sozialen Unfrieden sorgt innerhalb von Dörfern aber auch von Dorf zu Dorf. 36 qm, dann Erdbebensicherheit und die Kosten nicht höher als 2.800 US-Dollar."
Die Kosten sind das größte Problem. Die Preise für Baumaterialien sind um das zwei oder dreifache gestiegen. Aber in punkto Erdbebensicherheit ist das Haus wohl nicht zu überbieten, sagt Ralph Dickerhof und klopft an die Wand, ein Flechtwerk aus Kokosfasern und Lehm.
"Das ist die Wattel- und Daube-Technik, die als erdbebsicherste Form des Bauens gilt."
Auch Imram kennt das Haus. Jeden Tag besucht er die Baustelle. Und immer gerät er ins Schwärmen.
"Es wäre toll, wenn mir jemand das Haus von der Welthungerhilfe bauen würde. Es ist wirklich gut. Aber die Türken waren zuerst hier. Deshalb bauen sie jetzt unser Dorf."
Imram zeigt auf die andere Straßenseite. Dort steht schon ein Haus. Mit pinkfarbenen Wänden. Einem steilen Dach und großen Säulen vor der Tür. Etwas bombastisch sieht es aus, die Technik ist aber alt bekannt: Ziegel und Zement, dazu etwas Beton. Imram ist skeptisch:
"Wenn sie nur halten, was sie uns versprochen haben: Sie haben uns gesagt, dass diese Häuser erdbebensicher sind. Wir hoffen, dass sie Recht haben. Sonst werden hier wieder viele Menschen sterben."
Vor dem Dorf liegen die Toten der jüngsten Katastrophe begraben, die sterblichen Überreste der Tsunami-Opfer, die noch geborgen werden konnten. Mehr als 6500 Menschen lebten einmal in Lampuuk. Nur etwa 1000 von ihnen haben überlebt, erzählt Imram, während er durch den Regen läuft, an einigen Bretterbuden vorbei, zum kleinen Café am Straßenrand. Dort sitzen einige seiner Freunde. Alles Männer, alles Witwer.
"Natürlich wollen wir wieder heiraten", sagt Imram. "Aber hier gibt es keine Frauen mehr. Wir müssen in die Berge, in andere Dörfer. Wir müssen hier wieder mehr werden. In fünf Jahren wollen wir dieses Dorf ja nicht nur wieder aufgebaut haben. Es soll auch alles besser werden".
Einer der Männer nickt. Mahdan will Lampuuk auch nicht verlassen. Vor dem Meer haben sie ja keine Angst, sagt er, nur vor der Zeit, die macht ihnen Sorgen.
"Die Hilfsorganisationen geben sich schon große Mühe, sie gehen auf unsere Probleme ein. Aber sie brauchen dauernd neue Daten. Ständig machen sie Umfragen. Erst dann fangen sie an zu planen. Die Verwaltung der Hilfe dauert also sehr zu lange. Diese Zeit haben wir einfach nicht."
Auch Rosna wartet. Immer noch sitzt sie auf ihrem Land. Aber der Boden ist versalzt. Die Bäume ringsum sind abgestorben. Der Weg zum nächsten Brunnen ist weit. Da also sitzt Rosna vor ihrer Holzhütte und schaut aufs Meer.
"Was soll ich denn anderes tun? Ich kann hier nicht mehr leben. Aber ich stehe auf einer Liste. Also warte ich. Und ich hoffe, dass mein neues Haus bald fertig wird."
Hier soll Rosna einmal leben. Mitten im Busch. Wo die Affen von einem Baum zum anderen springen und die Vögel den kleinsten Windhauch fürchten. Hier steht auch Jens Machatsch vom Technischen Hilfswerk und begutachtet die Arbeit, die noch getan werden muss:
"Das sind ehemalige Reisfelder, da befinden sich Entwässerungsgräben, die noch genutzt werden können, so dass schon etwas Struktur da ist, aber es muss natürlich noch viel gemacht werden, das ist keine Frage."
Zehn Hektar Land. Ohne Straße, ohne Strom, ohne Wasser. Hier will das THW 155 Häuser bauen, ein komplett neues Dorf. Und das alles in einem Jahr. Doch Jens Machatsch ist zuversichtlich:
"Gemessen an dem, was wir für Mühen hatten um dieses Land zu bekommen sehe ich dem ganz gelassen entgegen. Das Land zu bekommen, war sicherlich das Schwierigste."
Andernorts ist man schon weiter. Dort, wo die Landrechte nicht geklärt werden mussten, da stehen schon einige Holzhäuser. Da werden Mauern hochgezogen, Dächer gedeckt. Aber auch da ist der anfängliche Optimismus gewichen. Said Faisal, der Sprecher der acehnesischen Wiederaufbaubehörde BRR wirbt deshalb um Verständnis:
"Das Ausmaß der Katastrophe ist wirklich groß. Wir reden hier von mehr als 2000 Schulen, die zerstört worden sind. Wir reden von 148.000 Häusern, die zerstört worden sind. Wir reden von 120.000 Häusern, die wir jetzt neu bauen müssen. Wir reden von 800 Quadratkilometern zerstörtem Land. Das ist eine der größten Katastrophen der letzten 100 Jahre."
Nursi sitzt auf dem Boden ihrer Holzhütte, vor einem kleinen Tisch, und zeigt auf ein paar Fotos. Ihre drei Kinder. Und die Enkel. Sie alle sind tot:
"Ich war auf dem Markt, als die Flutwelle kam. Dann kam ich wieder hier her. Ich habe gesehen, was passiert war, und ich bin krank geworden. Ich bin verrückt geworden. Ich musste in eine Klinik. Da wurde ich mehrere Monate lang behandelt."
Nursi wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. Dann erklärt sie: Diese Hütte hier, die hat sie aus den Brettern zusammengenagelt, die die Flutwelle von ihrem Dorf übrig gelassen hat. Es zieht ein bisschen. Und es ist feucht. Vor allem jetzt, wo der Monsun-Regen begonnen hat. Aber es reicht ihr, sagt Nursi:
"Ich kann hier leben. Ich brauche kein neues Haus. Was ich brauche, ist eine Beschäftigung. Ich muss Arbeiten, am liebsten die ganze Zeit. Von morgens bis abends. Sonst denke ich an meine Kinder. Und dann werde ich wieder krank."
"Als die Welle kam, bin ich auf einen Baum geklettert. Aber die Wassermassen haben mich mitgerissen und aufs Meer gezogen. Da schwamm ich dann: Zwei Tage und zwei Nächte. Bis ich von einem Fischer gerettet worden bin. Es waren noch ganz viele andere Menschen im Wasser. Aber wir konnten ihnen nicht helfen. Sie waren eingeklemmt – zwischen Dächern, Häusern, Palmen, Autos – das ganze Dorf schwamm im Meer."
Safri wendet sich ab. Das Meer hat ihm alles genommen, was er hatte: Seine Frau. Sein Kind. 40 Tage war es alt. Jetzt lebt Safri alleine, in einem notdürftig zusammengebauten Zelt.
"Ich habe noch kein Haus. So viele Hilfsorganisationen waren zwar schon hier. Sie haben uns viel versprochen. Sie haben Versammlungen einberufen. Aber sie reden nur, sie tun nichts."
Safri ist frustriert. Ein wenig wütend ist er auch. Wie so viele in Aceh, die nicht verstehen, warum der Wiederaufbau so lange dauert. Einige Kilometer weiter. In Lampuuk. Auch dort ist nichts vom Dorf übrig geblieben. Nur die Moschee steht noch. Gleich daneben wird das Modellhaus der Welthungerhilfe gebaut. Es steht auf Stelzen. Und das ist etwas ungewöhnlich, aber gut, sagt Ralph Dickerhof:
"Es war Ziel, dass man innerhalb der Vorgaben bleibt, 36 qm, dass man nicht hingeht und einen Palast baut und damit auch für sozialen Unfrieden sorgt innerhalb von Dörfern aber auch von Dorf zu Dorf. 36 qm, dann Erdbebensicherheit und die Kosten nicht höher als 2.800 US-Dollar."
Die Kosten sind das größte Problem. Die Preise für Baumaterialien sind um das zwei oder dreifache gestiegen. Aber in punkto Erdbebensicherheit ist das Haus wohl nicht zu überbieten, sagt Ralph Dickerhof und klopft an die Wand, ein Flechtwerk aus Kokosfasern und Lehm.
"Das ist die Wattel- und Daube-Technik, die als erdbebsicherste Form des Bauens gilt."
Auch Imram kennt das Haus. Jeden Tag besucht er die Baustelle. Und immer gerät er ins Schwärmen.
"Es wäre toll, wenn mir jemand das Haus von der Welthungerhilfe bauen würde. Es ist wirklich gut. Aber die Türken waren zuerst hier. Deshalb bauen sie jetzt unser Dorf."
Imram zeigt auf die andere Straßenseite. Dort steht schon ein Haus. Mit pinkfarbenen Wänden. Einem steilen Dach und großen Säulen vor der Tür. Etwas bombastisch sieht es aus, die Technik ist aber alt bekannt: Ziegel und Zement, dazu etwas Beton. Imram ist skeptisch:
"Wenn sie nur halten, was sie uns versprochen haben: Sie haben uns gesagt, dass diese Häuser erdbebensicher sind. Wir hoffen, dass sie Recht haben. Sonst werden hier wieder viele Menschen sterben."
Vor dem Dorf liegen die Toten der jüngsten Katastrophe begraben, die sterblichen Überreste der Tsunami-Opfer, die noch geborgen werden konnten. Mehr als 6500 Menschen lebten einmal in Lampuuk. Nur etwa 1000 von ihnen haben überlebt, erzählt Imram, während er durch den Regen läuft, an einigen Bretterbuden vorbei, zum kleinen Café am Straßenrand. Dort sitzen einige seiner Freunde. Alles Männer, alles Witwer.
"Natürlich wollen wir wieder heiraten", sagt Imram. "Aber hier gibt es keine Frauen mehr. Wir müssen in die Berge, in andere Dörfer. Wir müssen hier wieder mehr werden. In fünf Jahren wollen wir dieses Dorf ja nicht nur wieder aufgebaut haben. Es soll auch alles besser werden".
Einer der Männer nickt. Mahdan will Lampuuk auch nicht verlassen. Vor dem Meer haben sie ja keine Angst, sagt er, nur vor der Zeit, die macht ihnen Sorgen.
"Die Hilfsorganisationen geben sich schon große Mühe, sie gehen auf unsere Probleme ein. Aber sie brauchen dauernd neue Daten. Ständig machen sie Umfragen. Erst dann fangen sie an zu planen. Die Verwaltung der Hilfe dauert also sehr zu lange. Diese Zeit haben wir einfach nicht."
Auch Rosna wartet. Immer noch sitzt sie auf ihrem Land. Aber der Boden ist versalzt. Die Bäume ringsum sind abgestorben. Der Weg zum nächsten Brunnen ist weit. Da also sitzt Rosna vor ihrer Holzhütte und schaut aufs Meer.
"Was soll ich denn anderes tun? Ich kann hier nicht mehr leben. Aber ich stehe auf einer Liste. Also warte ich. Und ich hoffe, dass mein neues Haus bald fertig wird."
Hier soll Rosna einmal leben. Mitten im Busch. Wo die Affen von einem Baum zum anderen springen und die Vögel den kleinsten Windhauch fürchten. Hier steht auch Jens Machatsch vom Technischen Hilfswerk und begutachtet die Arbeit, die noch getan werden muss:
"Das sind ehemalige Reisfelder, da befinden sich Entwässerungsgräben, die noch genutzt werden können, so dass schon etwas Struktur da ist, aber es muss natürlich noch viel gemacht werden, das ist keine Frage."
Zehn Hektar Land. Ohne Straße, ohne Strom, ohne Wasser. Hier will das THW 155 Häuser bauen, ein komplett neues Dorf. Und das alles in einem Jahr. Doch Jens Machatsch ist zuversichtlich:
"Gemessen an dem, was wir für Mühen hatten um dieses Land zu bekommen sehe ich dem ganz gelassen entgegen. Das Land zu bekommen, war sicherlich das Schwierigste."
Andernorts ist man schon weiter. Dort, wo die Landrechte nicht geklärt werden mussten, da stehen schon einige Holzhäuser. Da werden Mauern hochgezogen, Dächer gedeckt. Aber auch da ist der anfängliche Optimismus gewichen. Said Faisal, der Sprecher der acehnesischen Wiederaufbaubehörde BRR wirbt deshalb um Verständnis:
"Das Ausmaß der Katastrophe ist wirklich groß. Wir reden hier von mehr als 2000 Schulen, die zerstört worden sind. Wir reden von 148.000 Häusern, die zerstört worden sind. Wir reden von 120.000 Häusern, die wir jetzt neu bauen müssen. Wir reden von 800 Quadratkilometern zerstörtem Land. Das ist eine der größten Katastrophen der letzten 100 Jahre."
Nursi sitzt auf dem Boden ihrer Holzhütte, vor einem kleinen Tisch, und zeigt auf ein paar Fotos. Ihre drei Kinder. Und die Enkel. Sie alle sind tot:
"Ich war auf dem Markt, als die Flutwelle kam. Dann kam ich wieder hier her. Ich habe gesehen, was passiert war, und ich bin krank geworden. Ich bin verrückt geworden. Ich musste in eine Klinik. Da wurde ich mehrere Monate lang behandelt."
Nursi wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. Dann erklärt sie: Diese Hütte hier, die hat sie aus den Brettern zusammengenagelt, die die Flutwelle von ihrem Dorf übrig gelassen hat. Es zieht ein bisschen. Und es ist feucht. Vor allem jetzt, wo der Monsun-Regen begonnen hat. Aber es reicht ihr, sagt Nursi:
"Ich kann hier leben. Ich brauche kein neues Haus. Was ich brauche, ist eine Beschäftigung. Ich muss Arbeiten, am liebsten die ganze Zeit. Von morgens bis abends. Sonst denke ich an meine Kinder. Und dann werde ich wieder krank."