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Zwischen Genuss und Heilwirkung

Für den einen hat Knoblauch Aroma, für den anderen stinkt die Knolle einfach nur. Unabhängig davon hat die Gewürzpflanze gesundheitsfördernde Wirkung: beispielsweise eine den Cholersterolspiegel senkende oder eine vorbeugende gegen Arteriosklerose.

Von Renate Rutta |
    "Ich esse gern Knoblauch, ja, zum Beispiel habe ich mir gerade Schweinebraten mit Pfeffer und Knoblauch geholt."

    "Nein, ich mag keinen Knoblauch, das riecht so streng."

    "Zu allem, Tsatsiki und in Suppen und Gemüsen, Knoblauch passt überall rein und ist auch gesund. Ja, beides, gesund und es schmeckt. Knoblauch ist eine feine Sache."

    "Zum Beispiel Kürbissuppe, da gehört einfach Knoblauch dran. Wenn ich Bohnen mache – Knoblauch, aber immer frischen, lachen."

    "Gibt dem Ganzen eine angenehm gewürzte Note, die ätherischen Öle darin, die sollen gesund sein. Ich glaube, er soll gut für die Gefäße sein, also vor Herzinfarkt schützen."

    "Wenn man dran glaubt, dann schützt er auch vor Vampiren, ja, Lachen."

    Die ursprünglich in Südeuropa beliebte Gewürz- und Heilpflanze ist inzwischen aus der deutschen Küche nicht mehr wegzudenken. Professor Michael Keusgen ist Dekan im Fachbereich Pharmazie an der Universität Marburg. Er beschäftigt sich schon lange mit Knoblauch. Er reiste entlang der Seidenstraße, um die wilden Verwandten des Knoblauchs aufzuspüren:

    "Die Heimat des Knoblauchs liegt wahrscheinlich im Dreiländereck zwischen Tadschikistan, Usbekistan und Afghanistan. Er ist eine Kulturpflanze seit 6000 Jahren und hat sich über Babylonien, Ägypten und die Griechen und Römer bis zu uns hin ausgebreitet."

    Obwohl die Pflanze eigentlich die Wärme liebt, kann man sie auch bei uns im Garten anpflanzen. Dort gedeiht sie allerdings nicht ganz so gut wie in südlicheren Gegenden.

    Knoblauch gehört zu den Liliengewächsen, sieht aber eher unspektakulär aus. Ein Stängel ragt aus der Erde und im Boden bildet sich eine Knolle, die aus etwa acht bis zwölf einzelnen Zehen besteht, die jeweils von einer Haut umschlossen sind.
    Michael Keusgen:

    "Oben kommt eine sehr unscheinbare Blüte, wo ich meist keine richtigen Blüten drin finde, sondern sogenannte Bulbillen, das sind kleine Zwiebeln, die kann man direkt einpflanzen, um daraus neuen Knoblauch zu züchten für den eigenen Gebrauch immer frisch aus dem Garten."

    Auch Wissenschaftler wissen offenbar Knoblauch zu schätzen, so wie Professor Michael Keusgen.

    "Ich esse sehr gerne Knoblauch. Am liebsten mit Oliven oder in Öl eingelegt oder etwas mit Knoblauch angebraten. Wenn man den Knoblauch brät, gehen natürlich ein Teil der Inhaltsstoffe verloren, aber dafür entsteht natürlich das ganz spezielle Aroma."

    Das spezielle Aroma, den besonderen Geschmack erhält Knoblauch erst, wenn man ihn zerkleinert, zerkaut, zerreibt. Dann werden Schwefelverbindungen freigesetzt.

    Michael Keusgen:
    "Dann kommt ein Enzym mit geruchlosen Vorstufen in Kontakt und innerhalb von Sekunden bildet sich das typische Knoblaucharoma, was also den Namen Allicin hat. Und dieses Allicin, das riech ich dann. Das ist der Stoff, der scharf schmeckt und auch der Stoff, der für eine ganze Fülle von gesundheitsfördernden Wirkungen verantwortlich ist."

    Vermutlich ist das Allicin ein Abwehrstoff, mit dem die Pflanze sich davor schützen wollte, dass beispielsweise Mäuse die Knoblauchzwiebel fressen. Allicin hat eine antibiotische Wirkung und schützt die Pflanze vor einigen Pilzen. Davon profitiert nicht nur die Pflanze, sondern auch die Menschen, die sie zu sich nehmen.
    Michael Keusgen:

    "Es gibt mehrere Hundert Publikationen über die gesundheitsfördernde Wirkung von Knoblauch. Die Palette ist relativ vielfältig. Was relativ gut belegt ist, ist eine Cholesterolspiegel senkende Wirkung des Knoblauchs. Wenn ich erhöhte Blutfettwerte habe, dann kann also die tägliche Einnahme von Knoblauch schon etwas bewirken. Ich habe eine gute vorbeugende Wirkung gegen Arteriosklerose. Ich habe eine leichte Blutdruck senkende Wirkung und was sicher am interessantesten ist, dass die regelmäßige Einnahme von Knoblauch durchaus gewissen Krebskrankheiten vorbeugen kann."

    Das heißt, wenn ich immer viel Zwiebeln und Knoblauch esse, dann ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass ich an Magenkrebs oder Darmkrebs erkranke.

    Außerdem regt Knoblauch die Magen- und Darmtätigkeit an und unterstützt so die Verdauung.

    Diese positiven Wirkungen des Knoblauchs sind schon lange bekannt, sagt Dr. Johannes Mayer vom Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde an der Universität Würzburg:

    "Der Knoblauch ist eigentlich eine uralte Kulturpflanze, die schon in den Hochkulturen am Nil aber auch im Zweistromland genutzt wurde. Und bei den Ägyptern war sie sogar heilig und es gehörte sogar zu der täglichen Bezahlung der Pyramidenbauer, dass sie eine gewisse Ration an Knoblauchzehen bekommen haben. Die haben nicht unbeträchtliche Mengen an Knoblauch am Tag gegessen."

    Das setzte sich auch bei den Römern zunächst so fort. Auch sie schätzten den Knoblauch in ihrem Essen.

    Johannes Mayer:
    "Allerdings dann in der Kaiserzeit wurde es in der Oberschicht doch anrüchig, wenn man nach Knoblauch gerochen hat. Das mochte man nicht, da ist man in Misskredit gekommen."

    Zu der Zeit war Knoblauch nicht nur ein Mittel um die Speisen zu würzen, man wendete ihn äußerlich und innerlich an bei vielerlei Beschwerden.

    Johannes Mayer:
    "Man hat ihn damals gegen Insektenstiche und Wunden und auch bei inneren Beschwerden eingesetzt. Es ist ja auch ein sehr gutes Mittel gegen schädliche Pilze, gegen Verdauungsbeschwerden."

    Auch im Mittelalter, so Johannes Mayer, wurde viel Knoblauch verspeist, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Gründen:

    "Man hat auch die Knoblauchzehe als Schutz übrigens vor verdorbenen Getränken im Mittelalter eingesetzt. Weil man da oft mit schlechtem Wasser zu tun hatte, sollte der Knoblauch schützen."

    Und man hat ihn schließlich auch als Schutz gegen böse Geister und nicht zuletzt gegen Vampire als Schutz betrachtet. Man musste möglichst viel Knoblauch essen, um diese Schutzwirkung zu erzielen. Vermutlich glaubte man, dann schmeckt den Vampiren das Blut nicht, weil man ja am ganzen Körper danach riecht.

    Knoblauch wird über die Haut und die Lunge wieder ausgeschieden. Schon kleinste Mengen von Schwefel signalisieren dann: Hier hat jemand Knoblauch gegessen. Wenn man allerdings selbst Knoblauch verspeist hat, dann riecht man ihn beim Gegenüber nicht, weil die Geruchsknospen in der Nase abstumpfen durch den Eigengeruch.

    In den Balkanländern und auch in Griechenland wird nach wie vor viel mit Knoblauch gekocht.

    Johannes Mayer:
    "Es ist ja bekannt, dass auf Kreta die Leute am ältesten werden in der gesamten EU, die haben die höchste Lebenserwartung im Durchschnitt. Man hat es natürlich auch dem Olivenöl zugeschrieben. Das dürfte auch eine Rolle spielen. Aber auch der Knoblauch spielt eine ganz wichtige Rolle, auch auf den Balkanländern, da wurde ja damit geworben, dass Knoblauch da wohl mit verantwortlich ist für die hohe Lebenserwartung."

    Ob man tatsächlich 100 Jahre alt wird, wenn man oft Knoblauch isst, dafür gibt es wohl keinen wirklichen Beweis. In der Praxis scheinen Knoblauchesser aber tatsächlich eine höhere Lebenserwartung zu haben. Studien weisen darauf hin: Menschen, die häufig Knoblauch verzehren, bekommen seltener Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wahrscheinlich hilft die Summe seiner guten Eigenschaften, vielen Krankheiten vorzubeugen und so das Leben zu verlängern. Wichtig ist auf jeden Fall, dass man ihn regelmäßig verzehrt.

    In welcher Form sollte man den Knoblauch essen, damit er seine gesundheitliche Wirkung voll entfalten kann?

    Johannes Mayer:
    "Man sollte ihn eher roh essen oder möglichst nicht über 40 Grad erhitzen."

    Und wie viel Knoblauch sollte es schon sein, damit er seine Wirkung voll entfaltet? Professor Keusgen:

    "Viele Untersuchungen wurden gemacht mit einer Tagesdosis von vier Gramm Knoblauch, das entspricht einer großen Zehe. Das Gleiche, was ich finde im Knoblauch, finde ich in Knoblauch-Dragees wieder. Die sind aus Knoblauch-Trockenpulver gemacht. Und dann gibt es noch Knoblauch-Ölkapseln. Da ist was anderes drin, also ich habe sicher noch eine Wirkung auf die Blutgerinnung, dieser Blut verdünnende Effekt, der ist sicher noch vorhanden. Aber die anderen Effekte müssen schon infrage gestellt werden, wenn ich einen Ölauszug aus Knoblauch verwende."

    Gut wirkt der frische Knoblauch, die Knoblauchdragees wirken auch, Knoblauchsaft. Knoblauch-Presssaft, wenn er frisch ist, wirkt natürlich genauso wie frischer Knoblauch. Wenn man ihn stehen lässt, wirkt er nicht mehr so gut.