Wenn es so etwas wie das Herz der globalen Luft- und Raumfahrt-Industrie gibt, dann schlug es in diesem Jahr für ein paar Sommertage im französischen Le Bourget. In schwüler Hitze war für knapp eine Woche das Who-is-Who der Branche im Norden von Paris versammelt, zur weltweit größten Luftfahrtmesse des Jahres. Es gab Flugschauen, Pressekonferenzen, Vertrags-Unterzeichnungen, zehntausende spazierten über das Gelände, Journalisten, Militärs, Flugzeugfans, wenn vor allem Kampfflugzeuge zu atemberaubenden Vorführungen abhoben.
Einen der besten Plätze auf dem Gelände von Le Bourget hatte Tom Enders. Der Chef der EADS residierte in einem sogenannten Chalet, einer Mischung aus Messestand und Großbungalow, mit Pressezentrum, Konferenzräumen und einem Büro für den Vorstandsvorsitzenden.
Es ist fast unmöglich, in Le Bourget einen Termin mit Enders zu bekommen. Am Ende findet sich aber doch eine Viertelstunde in seinem randvollen Terminkalender. Enders ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen: Sein Unternehmen schreibt dicke Gewinne, der Aktienkurs steigt und steigt, die Auftragsbücher der wichtigsten Tochter Airbus sind prall gefüllt, und was Enders mit besonderem Stolz erfüllt: Kurz vor der Le Bourget hat sich die EADS eine neue Struktur gegeben: Staatliche Anteilseigner halten seither weniger als die Hälfte der Aktien. Deutschland und Frankreich jeweils 12 Prozent, Spanien 4 Prozent. Der überwiegend deutsch-französische Konzern soll unabhängiger von nationalen Politikinteressen werden:
"Ich bin sehr zufrieden. Ich muss ja auch zufrieden sein, denn das war ja die Struktur, die wir angestrebt haben. Und das bedeutet eindeutig weniger Staat, weil kein Staat, keine Regierung hat in unserer Unternehmensverfassung noch Rechte auf die Mitsprache beispielsweise bei Investitionen, bei Allianzen oder bei Akquisitionen, wie das vorher der Fall war. Insofern sind wir eine ganz normale Company geworden."
Das bedeutet in der Lesart von Thomas Enders: Markt geht vor Politik. Der Unternehmenserfolg steht im Vordergrund, Regierungen sollen weniger zu sagen haben. Angesichts der Geschichte des Unternehmens ist das eine Revolution. Denn in kaum einem europäischen Konzern spielen Staatsinteressen eine solche Rolle wie bei der EADS. Und das seit ihrer Gründung um die Jahrtausendwende, als die deutsche DASA und die französische Aerospatiale Matra zu einem einzigen Unternehmen verschmolzen wurden, mit den damaligen Großaktionären Daimler, Lagardère und dem französischen Staat. Zunächst begrüßte die deutsche Regierung – vertreten durch den damaligen Kanzler Gerhard Schröder - diese Vereinigung.
"Dies ist ein guter Tag für Europa. Herzlichen Glückwunsch Ihnen, Herr Lagardère, Ihnen Herr Schremp und Ihnen, Herr Premierminister zu dieser Entscheidung. Ich freue mich, dass ich – gleichsam als Trauzeuge – gemeinsam mit Ihnen, Herr Premierminister, der Vereinigung dieser beiden Unternehmen beiwohnen kann."
Doch in der Folge kam vor allem auf deutscher Seite Misstrauen auf: Immer wieder wurde in Berlin kolportiert, die französische Seite versuche, die Macht in dem neuen Unternehmen an sich zu ziehen. Eine Position übrigens, die sich im politischen Berlin bis heute hält, nicht zuletzt beim langjährigen Luft- und Raumfahrtkoordinator der Bundesregierung, Peter Hintze von der CDU:
"Mein politisches Ziel ist es, dass wir im Flugzeugbau Forschung, Entwicklung und industrielle Produktion fair zwischen Frankreich und Deutschland teilen. Und wenn ich den Eindruck habe, dass an der Fairness noch etwas zu tun ist, dann äußere ich mich dazu."
Die Fakten sprechen aber gegen die These von den trickreichen Franzosen, die ihre deutschen Partner ständig über den Tisch ziehen. So hat die EADS seit ihrer Gründung ihre Kräfte in Deutschland nicht ab-, sondern aufgebaut. Heute arbeiten hierzulande 51.000 Menschen für das Unternehmen, 15.000 mehr als im Jahr 2000. Auch Thierry Baril will nichts von einem Ungleichgewicht wissen. Der stämmige Manager, der als Personalvorstand sowohl für EADS insgesamt als auch für Airbus zuständig ist, sieht die deutschen Standorte vielmehr im Aufwind:
"Wir haben eigentlich die Werke an allen Standorten deutlich weiterentwickelt. Sehen Sie sich Hamburg an: Dort ist die Zahl der Mitarbeiter in den vergangenen 10 Jahren sprunghaft gestiegen. Und das gilt nicht nur für Airbus direkt, sondern auch für unsere zahlreichen Zulieferer. In dieser Richtung wird es auch weitergehen, wenn auch nicht mehr ganz so schnell. Nach drei Jahren, in denen wir extrem viele Mitarbeiter eingestellt haben, wird sich das ab 2014 normalisieren."
Überhaupt sei die Paranoia, man werde vom Partner auf der anderen Rheinseite übervorteilt, auch in Frankreich zu Hause:
"Mein Deutsch ist nicht gut genug, um die ganze deutsche Presse zu lesen. Aber auch in Frankreich gibt es umgekehrt genau dasselbe Gefühl. Nämlich, dass die EADS immer mehr im jeweils anderen Land investiert. Aber wenn man sich die Zahlen objektiv anschaut, dann erkennt man, dass wir in den vergangenen 10 Jahren in beiden Ländern ähnlich investiert haben. Und übrigens auch in Spanien, in Großbritannien und im Rest der Welt."
Einen der besten Plätze auf dem Gelände von Le Bourget hatte Tom Enders. Der Chef der EADS residierte in einem sogenannten Chalet, einer Mischung aus Messestand und Großbungalow, mit Pressezentrum, Konferenzräumen und einem Büro für den Vorstandsvorsitzenden.
Es ist fast unmöglich, in Le Bourget einen Termin mit Enders zu bekommen. Am Ende findet sich aber doch eine Viertelstunde in seinem randvollen Terminkalender. Enders ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen: Sein Unternehmen schreibt dicke Gewinne, der Aktienkurs steigt und steigt, die Auftragsbücher der wichtigsten Tochter Airbus sind prall gefüllt, und was Enders mit besonderem Stolz erfüllt: Kurz vor der Le Bourget hat sich die EADS eine neue Struktur gegeben: Staatliche Anteilseigner halten seither weniger als die Hälfte der Aktien. Deutschland und Frankreich jeweils 12 Prozent, Spanien 4 Prozent. Der überwiegend deutsch-französische Konzern soll unabhängiger von nationalen Politikinteressen werden:
"Ich bin sehr zufrieden. Ich muss ja auch zufrieden sein, denn das war ja die Struktur, die wir angestrebt haben. Und das bedeutet eindeutig weniger Staat, weil kein Staat, keine Regierung hat in unserer Unternehmensverfassung noch Rechte auf die Mitsprache beispielsweise bei Investitionen, bei Allianzen oder bei Akquisitionen, wie das vorher der Fall war. Insofern sind wir eine ganz normale Company geworden."
Das bedeutet in der Lesart von Thomas Enders: Markt geht vor Politik. Der Unternehmenserfolg steht im Vordergrund, Regierungen sollen weniger zu sagen haben. Angesichts der Geschichte des Unternehmens ist das eine Revolution. Denn in kaum einem europäischen Konzern spielen Staatsinteressen eine solche Rolle wie bei der EADS. Und das seit ihrer Gründung um die Jahrtausendwende, als die deutsche DASA und die französische Aerospatiale Matra zu einem einzigen Unternehmen verschmolzen wurden, mit den damaligen Großaktionären Daimler, Lagardère und dem französischen Staat. Zunächst begrüßte die deutsche Regierung – vertreten durch den damaligen Kanzler Gerhard Schröder - diese Vereinigung.
"Dies ist ein guter Tag für Europa. Herzlichen Glückwunsch Ihnen, Herr Lagardère, Ihnen Herr Schremp und Ihnen, Herr Premierminister zu dieser Entscheidung. Ich freue mich, dass ich – gleichsam als Trauzeuge – gemeinsam mit Ihnen, Herr Premierminister, der Vereinigung dieser beiden Unternehmen beiwohnen kann."
Doch in der Folge kam vor allem auf deutscher Seite Misstrauen auf: Immer wieder wurde in Berlin kolportiert, die französische Seite versuche, die Macht in dem neuen Unternehmen an sich zu ziehen. Eine Position übrigens, die sich im politischen Berlin bis heute hält, nicht zuletzt beim langjährigen Luft- und Raumfahrtkoordinator der Bundesregierung, Peter Hintze von der CDU:
"Mein politisches Ziel ist es, dass wir im Flugzeugbau Forschung, Entwicklung und industrielle Produktion fair zwischen Frankreich und Deutschland teilen. Und wenn ich den Eindruck habe, dass an der Fairness noch etwas zu tun ist, dann äußere ich mich dazu."
Die Fakten sprechen aber gegen die These von den trickreichen Franzosen, die ihre deutschen Partner ständig über den Tisch ziehen. So hat die EADS seit ihrer Gründung ihre Kräfte in Deutschland nicht ab-, sondern aufgebaut. Heute arbeiten hierzulande 51.000 Menschen für das Unternehmen, 15.000 mehr als im Jahr 2000. Auch Thierry Baril will nichts von einem Ungleichgewicht wissen. Der stämmige Manager, der als Personalvorstand sowohl für EADS insgesamt als auch für Airbus zuständig ist, sieht die deutschen Standorte vielmehr im Aufwind:
"Wir haben eigentlich die Werke an allen Standorten deutlich weiterentwickelt. Sehen Sie sich Hamburg an: Dort ist die Zahl der Mitarbeiter in den vergangenen 10 Jahren sprunghaft gestiegen. Und das gilt nicht nur für Airbus direkt, sondern auch für unsere zahlreichen Zulieferer. In dieser Richtung wird es auch weitergehen, wenn auch nicht mehr ganz so schnell. Nach drei Jahren, in denen wir extrem viele Mitarbeiter eingestellt haben, wird sich das ab 2014 normalisieren."
Überhaupt sei die Paranoia, man werde vom Partner auf der anderen Rheinseite übervorteilt, auch in Frankreich zu Hause:
"Mein Deutsch ist nicht gut genug, um die ganze deutsche Presse zu lesen. Aber auch in Frankreich gibt es umgekehrt genau dasselbe Gefühl. Nämlich, dass die EADS immer mehr im jeweils anderen Land investiert. Aber wenn man sich die Zahlen objektiv anschaut, dann erkennt man, dass wir in den vergangenen 10 Jahren in beiden Ländern ähnlich investiert haben. Und übrigens auch in Spanien, in Großbritannien und im Rest der Welt."
Nicht überall geht es aufwärts mit EADS
Doch auch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Nicht überall geht es aufwärts mit der EADS in Deutschland. Während etwa die Airbus-Produktion in Hamburg brummt, plagen vor allem an einigen bayerischen Standorten Zukunftssorgen die Belegschaft, und das seit Jahren:
"Kolleginnen und Kollegen, ich will nicht einfach zuschauen, wie unsere Arbeitsplätze, aber auch unsere jahrzehntelange Erfahrung so leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden."
Betriebsrat Thomas Pretzel gibt sich bei der Kundgebung der Belegschaft kämpferisch. Es ist ein Herbsttag des Jahres 2010 in Manching vor den Toren Ingolstadts. Vor dem Werkstor von Cassidian, der Rüstungstochter der EADS, mischen sich Wut und Besorgnis. Pretzels Brandrede könnte auch aus diesem Jahr stammen. Denn nach wie vor ist die Zukunft des Manchinger Werkes mit mehreren Tausend Beschäftigten unsicher. So unsicher, dass heute keiner der Betriebsräte ein Interview geben will. Einer der Gründe: Die Bundeswehrreform und Sparzwänge. Unter anderem will die Truppe weniger Eurofighter kaufen als vor Jahren geplant, das Kampfflugzeug, das hier in Oberbayern montiert wird.
"Sollten die Einsparmaßnahmen so umgesetzt werden, beraubt die Politik Deutschland um zwei wesentliche Faktoren: Zum einen um die hochqualifizierten Arbeitsplätze, die stehen hier. Zum anderen um die Hochtechnologie, das darf die Politik nicht vergessen, aus deren Vorreiterrolle sich viele andere Industriezweige bedienen und entwickeln. Kolleginnen und Kollegen, das darf und das kann nicht Ziel einer nachhaltigen Politik sein."
Dabei bemüht sich die Politik durchaus um Cassidian. Berlin unterstützt zum Beispiel die Exportbemühungen um den Eurofighter. Nicht nur mit guten Worten, sondern auch mit viel Steuergeld. Allein für eine Kampagne, um den indischen Militärs den Eurofighter schmackhaft zu machen, schoss sie in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt 20 Millionen Euro zu. Vergebens übrigens, die Inder entscheiden sich für das französische Konkurrenzprodukt Rafale.
"Kolleginnen und Kollegen, ich will nicht einfach zuschauen, wie unsere Arbeitsplätze, aber auch unsere jahrzehntelange Erfahrung so leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden."
Betriebsrat Thomas Pretzel gibt sich bei der Kundgebung der Belegschaft kämpferisch. Es ist ein Herbsttag des Jahres 2010 in Manching vor den Toren Ingolstadts. Vor dem Werkstor von Cassidian, der Rüstungstochter der EADS, mischen sich Wut und Besorgnis. Pretzels Brandrede könnte auch aus diesem Jahr stammen. Denn nach wie vor ist die Zukunft des Manchinger Werkes mit mehreren Tausend Beschäftigten unsicher. So unsicher, dass heute keiner der Betriebsräte ein Interview geben will. Einer der Gründe: Die Bundeswehrreform und Sparzwänge. Unter anderem will die Truppe weniger Eurofighter kaufen als vor Jahren geplant, das Kampfflugzeug, das hier in Oberbayern montiert wird.
"Sollten die Einsparmaßnahmen so umgesetzt werden, beraubt die Politik Deutschland um zwei wesentliche Faktoren: Zum einen um die hochqualifizierten Arbeitsplätze, die stehen hier. Zum anderen um die Hochtechnologie, das darf die Politik nicht vergessen, aus deren Vorreiterrolle sich viele andere Industriezweige bedienen und entwickeln. Kolleginnen und Kollegen, das darf und das kann nicht Ziel einer nachhaltigen Politik sein."
Dabei bemüht sich die Politik durchaus um Cassidian. Berlin unterstützt zum Beispiel die Exportbemühungen um den Eurofighter. Nicht nur mit guten Worten, sondern auch mit viel Steuergeld. Allein für eine Kampagne, um den indischen Militärs den Eurofighter schmackhaft zu machen, schoss sie in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt 20 Millionen Euro zu. Vergebens übrigens, die Inder entscheiden sich für das französische Konkurrenzprodukt Rafale.
Aber noch immer sind die engen Beziehungen zwischen Staat und Industrie im Rüstungsgeschäft zu sehen. Das zeigte sich etwa im Frühjahr 2013 bei einem Termin im Eurofighter-Werk in Manching. Zu Besuch war der damalige Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler von der FDP. Vor klickenden Kameras stieg der schmächtige Politiker in das Cockpit eines Kampfflugzeuges, lächelte freundlich für die Fotographen, und er nahm Stellung zu der Frage, wie es weitergehen soll mit dem oberbayerischen Werk, wenn in wenigen Jahren die Produktion des Eurofighters ausläuft.
"Es gibt die Debatte, wird es dann unbemannte Luftfahrzeuge geben? Wie können die entwickelt werden? Denn sie wissen, es gibt momentan eine große Debatte, auch auf politischer Ebene, eine ethische Debatte: Brauchen wir solche Luftfahrzeuge? Wollen wir solche Luftfahrzeuge? Wenn ja, unter welchen Bedingungen?"
Rösler kündigte damals an, dass diese Debatte wohl bis zur Bundestagswahl geführt werden müsse. Inzwischen sind Monate vergangen, die Wahl ist gelaufen. Doch die große Debatte über bewaffnete Drohnen als Nachfolger von Kampfflugzeugen hat nicht stattgefunden. Die Politik hat sich weggeduckt.
Ortswechsel zurück nach Le Bourget. Ich treffe Bernhard Gerwert. Er ist seit einigen Monaten Chef von Cassidian, der Rüstungssparte der EADS. Soeben hat er gemeinsam mit den Chefs von Dassault aus Frankreich und Finmeccania aus Italien der Politik ein Angebot gemacht. Die Konzerne erklärten sich bereit, gemeinsam für Europas Streitkräfte neue Drohnen zu entwickeln. Das soll Kosten sparen und gleichzeitig die Zukunft der Branche sichern:
"Es ist üblich in Europa, bei militärischen Programmen zu kooperieren. Es gibt ja mehrere verbale Äußerungen sowohl der deutschen als auch der französischen Regierung oder von entsprechenden Regierungsvertretern, dass sie eine europäische Entwicklung unterstützen würden."
Inzwischen ist das Angebot der europäischen Rüstungsindustrie mehr als drei Monate alt, doch es gibt keine greifbare Reaktion auf die Industrie-Initiative. Weder aus Rom, noch aus Paris, erst recht nicht aus Berlin. Dort ist das Thema Drohne inzwischen politisches Gift. Bundesverteidigungsminister Thomas De Maizière CDU hatte im Frühjahr angekündigt, das Projekt Eurohawk einzustellen, in die man bereits Hunderte von Millionen Euro investiert hatte. Steuergelder, die jetzt versenkt sind. Eurohawk: Eine extrem hoch fliegende, unbewaffnete Drohne, die rund um die Welt zu Überwachungsflügen eingesetzt werden sollte. Der Grund des Scheiterns: Es hakt bei der Zulassung.
Die deutschen Behörden vertreten den Standpunkt, es gebe ein Risiko bei Start und Landung, wenn der unbemannte Flieger durch Lufträume schwebt, in denen auch Zivilflugzeuge unterwegs sind. Betroffen ist auch EADS Cassidian. Denn in Manching hat das Unternehmen das amerikanische Grundflugzeug Global Hawk für die Erfordernisse der Bundeswehr zum Eurohawk umgebaut und mit hoch komplexen Sensoren ausgerüstet. Cassidian-Chef Bernhard Gerwert ist der Frust anzuhören, dass dieses Projekt ausgerechnet an der deutschen Zulassung scheitern soll, und dass im Verteidigungsministerium über Jahre niemand die Bedenken der Zulassungsbehörde ernst nahm.
"Am Eurohawk ist schief gelaufen, dass es eine amerikanische Zertifizierung gibt, die aber von den deutschen Zertifizierungsbehörden nicht anerkannt wird. Ich möchte nochmal betonen: Technisch ist der Eurohawk ein absolutes Spitzenprodukt. Es ist also keine technische Frage. Es ist eine reine Zulassungsfrage. Und die Probleme liegen darin, dass es sehr unterschiedliche Zulassungsforderungen in Deutschland und in den USA gibt."
Einer der wenigen, die sich in Deutschland neutral mit diesem Thema beschäftigen ist der Wissenschaftler Marcel Dickow. Er arbeitet für die Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Der Wissenschaftler gilt als einer der kundigsten Experten für Rüstungspolitik. Deshalb an ihn die Frage, warum eigentlich alle großen Verteidigungsprojekte zwischen Markt und Politik zerrieben werden?:
"Das liegt daran, dass beide Parteien, nämlich die, die den Auftrag vergeben und die, die den Auftrag nehmen, mit völlig unrealistischen Vorstellungen herangehen. Die einen wollen es möglichst billig haben, die anderen wollen den Auftrag haben. Das führt dazu, dass nicht ehrlich miteinander verhandelt wird. Die Preise, die dann auf dem Papier stehen, das sind politische Preise."
Je länger Marcel Dickow über gescheiterte Rüstungsprojekte spricht, desto mehr scheint er zu altern. Er wirkt ein bisschen wie der einsame Rufer in der Wüste, der die Politik berät, aber keiner hört auf ihn:
"Es ist überambitioniert und in dem Produkt soll sich dann noch möglichst die nationale Rüstungs-, Verteidigungs- und Militärkultur widerspiegeln. Das kann ein solches Projekt nur zum Scheitern bringen. Und die zwangsläufige Folge ist, dass die Produkte zu spät kommen und zu teuer werden und in der Regel noch nicht einmal das erfüllen, was sie erfüllen sollen, geschweige denn zu dem Zeitpunkt, denn die Rahmenbedingungen ändern sich natürlich."
Deutlich entspannter läuft die internationale Zusammenarbeit in der zivilen Luftfahrt bei Airbus, der mit Abstand größten und erfolgreichsten Sparte der EADS. Das Bestellbuch für die zivilen Jets ist auf Jahre gefüllt. Dort läuft es auch technisch rund. So ging der Erstflug des neuen Langstreckenjets A 350 im Juni problemlos über die Bühne.
Der Airbus ist inzwischen ein Bestseller. Erst vor wenigen Tagen bestellte Japan Airlines für umgerechnet 7 Milliarden Euro Maschinen dieses Typs. Für den Hersteller ist das ein historischer Erfolg. Denn Japan war für Jahrzehnte Boeing-Land. Die dortigen Airlines flogen nahezu ausschließlich Maschinen aus den USA. Jetzt hat Airbus in Japan einen Fuß in der Tür, was auch die Mitarbeiter an den europäischen Standorten freuen dürfte.
Airbus-Produktion in China
Traditionell ist die Endmontage der Flugzeuge auf Toulouse in Südfrankreich und Hamburg verteilt. Doch inzwischen produziert Airbus auch auf anderen Kontinenten. Das hat nicht zuletzt politische Gründe: So forderte Peking lange Zeit eine Fertigung vor Ort, schließlich gehören Airlines aus China zu den ganz großen Kunden. Airbus gab nach. In einem zweiten Schritt geht man jetzt in die USA, in die Heimat des großen Konkurrenten Boeing. Und hier kommt dann doch wieder die Politik als Geschäftsfaktor ins Spiel. Denn die amerikanische Öffentlichkeit ist extrem patriotisch, wenn es um Luft- und Raumfahrt geht. Flugzeuge made in USA sind dort wesentlich leichter zu verkaufen als Importe aus Europa. Das EADS-Management entschloss sich deshalb. Als Standort suchte man Mobile an der Golfküste aus, eine Entscheidung die Gouverneur Robert Bentley als großen Tag in der Geschichte Alabamas bejubelte:
"It is truly a great day in the history of the state of Alabama. This day will shape the future of this region for years to come!"
Doch warum ausgerechnet Mobile? So ungern man das bei Airbus sagt: Die Antwort lautet schlicht: Man braucht das Wohlwollen der örtlichen Politiker. Denn auch und gerade in Amerika läuft in der Luftfahrt sehr wenig ohne gute Kontakte zu Parlamentariern, Ministern und Militärs. Für die Europäer war Alabama eine ideale Lösung: In den US-Südstaaten ist Konkurrent Boeing eher schwach vertreten. Hier ist künftig die EADS-Tochter Airbus der Platzhirsch, der Arbeitsplätze schafft. Dank der Investitionen vor Ort kann sich der europäische Konzern künftig der politischen Unterstützung durch Senatoren und Kongressabgeordnete aus Alabama und den Nachbarstaaten sicher sein, auch wenn es um Rüstungsaufträge aus Washington geht. Das sind dann auch die strategischen Erfolge, die ganz nach dem Geschmack von Konzernchef Tom Enders sind. Ein wichtiger Schritt ist eine Umbenennung. Ab dem Jahreswechsel verschwindet der sperrige Name EADS, der gesamte Konzern heißt dann Airbus, nach seiner weltweit bekanntesten Marke.
"Es führt eben, wenn man unter einer einzigen Marke operiert, zu einer stärkeren Integration und zu einem stärkeren Zusammengehörigkeitsgefühl. Und das brauchen wir sicherlich nach 13 Jahren EADS."
Doch was wird aus den deutschen, und vor allem den bayerischen Standorten? Dort gab es im vergangenen Jahr Irritationen, als Enders ankündigte, das Firmen-Hauptquartier aus Ottobrunn bei München abzuziehen und mit der Airbus-Zentrale in Toulouse zu verschmelzen. Die bayerische Staatsregierung schäumte. Ortswechsel. Donauwörth. Das neue Ingenieursszentrum der Hubschraubertochter Eurocopter wird eröffnet. Viel lokale Prominenz ist da. Aber auch Ministerpräsident Horst Seehofer CSU ist samt seinem Tross aus München angereist. Demonstrativ gut gelaunt posiert er gemeinsam mit EADS-Chef Tom Enders für die Kameras. Aus Seehofers Grußwort ist die frühere Kritik an Enders verschwunden:
"Sie sind ja ein Bayer. Man sollte Sie arbeiten lassen und auch darauf vertrauen, dass Sie an den Erfolg ihres Konzerns denken, aber auch an den Standort Bayern."
Konzernchef Enders muss seinen Aktionären, zu denen inzwischen mit einem Anteil von 12 Prozent auch der Bund mit gehört, vor allem Zahlen liefern: Gewinne, Wachstum. Die Politiker stecken dagegen in einer Zwickmühle: Zwar kämpfen sie um Arbeitsplätze, auch bei der EADS. Doch auf der anderen Seite wollen sie auch gewählt werden. Und es ist äußerst schwer, mit großen Rüstungsprojekten Punkte bei der Wählerschaft zu sammeln. Vor allem, wenn diese erfahrungsgemäß erheblich teurer werden als zunächst versprochen. Hier hat die EADS in den vergangenen Jahren viel öffentlichen Kredit verspielt.
"It is truly a great day in the history of the state of Alabama. This day will shape the future of this region for years to come!"
Doch warum ausgerechnet Mobile? So ungern man das bei Airbus sagt: Die Antwort lautet schlicht: Man braucht das Wohlwollen der örtlichen Politiker. Denn auch und gerade in Amerika läuft in der Luftfahrt sehr wenig ohne gute Kontakte zu Parlamentariern, Ministern und Militärs. Für die Europäer war Alabama eine ideale Lösung: In den US-Südstaaten ist Konkurrent Boeing eher schwach vertreten. Hier ist künftig die EADS-Tochter Airbus der Platzhirsch, der Arbeitsplätze schafft. Dank der Investitionen vor Ort kann sich der europäische Konzern künftig der politischen Unterstützung durch Senatoren und Kongressabgeordnete aus Alabama und den Nachbarstaaten sicher sein, auch wenn es um Rüstungsaufträge aus Washington geht. Das sind dann auch die strategischen Erfolge, die ganz nach dem Geschmack von Konzernchef Tom Enders sind. Ein wichtiger Schritt ist eine Umbenennung. Ab dem Jahreswechsel verschwindet der sperrige Name EADS, der gesamte Konzern heißt dann Airbus, nach seiner weltweit bekanntesten Marke.
"Es führt eben, wenn man unter einer einzigen Marke operiert, zu einer stärkeren Integration und zu einem stärkeren Zusammengehörigkeitsgefühl. Und das brauchen wir sicherlich nach 13 Jahren EADS."
Doch was wird aus den deutschen, und vor allem den bayerischen Standorten? Dort gab es im vergangenen Jahr Irritationen, als Enders ankündigte, das Firmen-Hauptquartier aus Ottobrunn bei München abzuziehen und mit der Airbus-Zentrale in Toulouse zu verschmelzen. Die bayerische Staatsregierung schäumte. Ortswechsel. Donauwörth. Das neue Ingenieursszentrum der Hubschraubertochter Eurocopter wird eröffnet. Viel lokale Prominenz ist da. Aber auch Ministerpräsident Horst Seehofer CSU ist samt seinem Tross aus München angereist. Demonstrativ gut gelaunt posiert er gemeinsam mit EADS-Chef Tom Enders für die Kameras. Aus Seehofers Grußwort ist die frühere Kritik an Enders verschwunden:
"Sie sind ja ein Bayer. Man sollte Sie arbeiten lassen und auch darauf vertrauen, dass Sie an den Erfolg ihres Konzerns denken, aber auch an den Standort Bayern."
Konzernchef Enders muss seinen Aktionären, zu denen inzwischen mit einem Anteil von 12 Prozent auch der Bund mit gehört, vor allem Zahlen liefern: Gewinne, Wachstum. Die Politiker stecken dagegen in einer Zwickmühle: Zwar kämpfen sie um Arbeitsplätze, auch bei der EADS. Doch auf der anderen Seite wollen sie auch gewählt werden. Und es ist äußerst schwer, mit großen Rüstungsprojekten Punkte bei der Wählerschaft zu sammeln. Vor allem, wenn diese erfahrungsgemäß erheblich teurer werden als zunächst versprochen. Hier hat die EADS in den vergangenen Jahren viel öffentlichen Kredit verspielt.