Eine schwarz verschleierte Frau trägt einen kleinen Jungen über eine staubige Landstraße. Hinten ist ein Flüchtlingstreck zu erkennen, im Himmel hängt schwarzer Rauch. Die Dramatik des Bildes ist schwer zu überbieten – auch wenn es keine unmittelbare Zerstörung oder Kämpfe zeigt. Anja Niedringhaus fotografiert Menschen – Menschen, die leiden, Angst haben oder einfach nur erschöpft sind.
Ein Soldat liegt ausgestreckt mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden, ein schreiender Rebell auf einem Autodach breitet die Arme aus. Emotionen sind wichtig, sagt Anja Niedringhaus.
"So wie man sieht und wie man fühlt, so fotografiert man auch."
Der Rest ist Handwerk. Anja Niedringhaus ist immer wieder überrascht, wenn ihre Fotos in Kunstausstellungen gezeigt werden. Sie empfindet sich als Journalistin, möchte Themen, die sie für wichtig hält, ins Gespräch bringen. Das ist auch ihr moralischer Anspruch.
"Ich erfinde nicht die Kriege, sondern ich gehe da hin. Wenn ich nicht hingehen würde, würden vielleicht viel zu wenig Leute darüber berichten."
Eine Abenteurerin ist Anja Niedringhaus nicht. Sie ist Mitte 40, hat glatte graue Haare und sanfte Gesichtszüge. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie oft Angst hat, wenn sie in Konfliktgebieten unterwegs ist. Die Angst, sagt sie, sei lebenserhaltend. Als sie im März in Bengasi war, wollte ein junger Kollege sie überreden, zur Absturzstelle eines Flugzeugs zu fahren. Doch Gaddafis Truppen waren sehr nah, daher lehnte Anja Niedringhaus ab.
"Weil ein toter Fotograf bringt keinem was, ein gekidnappter Fotograf bringt keinem was. Ich glaube da gibt es Grenzen, wo man abschätzen muss - das ist es wert, um diese Geschichte zu erzählen, oder das ist es nicht wert, weil ich die Geschichte morgen vielleicht nicht mehr erzählen könnte."
Ihr Instinkt war richtig. Gaddafis Truppen drangen derart schnell in die Stadt ein, dass sie um ein Haar gefangen genommen worden wäre. Trotzdem würde sie sich wieder in eine solche Situation begeben - schließlich hat sie in Bengasi ein Foto gemacht, das um die Welt ging: ein abstürzendes Flugzeug, aus dem sich der Pilot mit dem Schleudersitz rettet…
"Als ich es fotografiert habe, wusste ich gar nicht, was ich da fotografiere. Also dass ich den Piloten habe, wie er mit dem Fallschirm rausspringt. Das war mir alles nicht bewusst, weil das sind ja Bruchstücke von Sekunden, in denen das passiert."
Anja Niedringhaus arbeitet auch als Sportfotografin - ihre Reaktionsfähigkeit ist also geschult. Ihre Karriere begann in den 80er-Jahren beim Göttinger Tageblatt. Eigentlich wollte sie Lehrerin werden und jobbte bei der Zeitung nur nebenbei. Sie schrieb Texte. Das Fotografieren traute man ihr nicht zu – bis sie bei einer Reportage über die Besetzung einer Schule in einen Polizeieinsatz hineingeriet.
"Ich wurde auch mit verhaftet und bin getreten worden, hatte ne Platzwunde, habe aber auch nebenbei fotografiert und habe meinen Film einem Kollegen mitgegeben. Und ich kam dann abends, nachdem ich aus der Ambulanz zurückkam, in die Redaktion untersagte der CvD zu mir: 'Niedringhaus komm mal her, ab heute bist du in der Bildredaktion'."
Anja Niedringhaus fotografierte 1989 den Fall der Mauer und in den 90er-Jahren den Krieg im auseinanderbrechenden Jugoslawien. Seitdem ist sie immer wieder in Konfliktgebieten unterwegs. Für ihre Berichte aus dem Irak erhielt sie den Pulitzerpreis. Als Star fühlt sie sich deswegen aber nicht. Im Gegenteil. Die Interviews, die sie nach der Preisverleihung geben musste, waren ihr lästig - vor allem weil eine Frage, immer wieder gestellt wurde: Wie kann man als Frau einen derart harten, derart gefährlichen Beruf ausüben? Anja Niedringhaus zuckt mit den Schultern:
"Natürlich kann ich das als Frau. Warum nicht? Die Frauen, die ich kennengelernt habe, die sich dafür entschieden haben, sind psychisch stärker belastbar als viele Männer."
Ein Soldat liegt ausgestreckt mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden, ein schreiender Rebell auf einem Autodach breitet die Arme aus. Emotionen sind wichtig, sagt Anja Niedringhaus.
"So wie man sieht und wie man fühlt, so fotografiert man auch."
Der Rest ist Handwerk. Anja Niedringhaus ist immer wieder überrascht, wenn ihre Fotos in Kunstausstellungen gezeigt werden. Sie empfindet sich als Journalistin, möchte Themen, die sie für wichtig hält, ins Gespräch bringen. Das ist auch ihr moralischer Anspruch.
"Ich erfinde nicht die Kriege, sondern ich gehe da hin. Wenn ich nicht hingehen würde, würden vielleicht viel zu wenig Leute darüber berichten."
Eine Abenteurerin ist Anja Niedringhaus nicht. Sie ist Mitte 40, hat glatte graue Haare und sanfte Gesichtszüge. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie oft Angst hat, wenn sie in Konfliktgebieten unterwegs ist. Die Angst, sagt sie, sei lebenserhaltend. Als sie im März in Bengasi war, wollte ein junger Kollege sie überreden, zur Absturzstelle eines Flugzeugs zu fahren. Doch Gaddafis Truppen waren sehr nah, daher lehnte Anja Niedringhaus ab.
"Weil ein toter Fotograf bringt keinem was, ein gekidnappter Fotograf bringt keinem was. Ich glaube da gibt es Grenzen, wo man abschätzen muss - das ist es wert, um diese Geschichte zu erzählen, oder das ist es nicht wert, weil ich die Geschichte morgen vielleicht nicht mehr erzählen könnte."
Ihr Instinkt war richtig. Gaddafis Truppen drangen derart schnell in die Stadt ein, dass sie um ein Haar gefangen genommen worden wäre. Trotzdem würde sie sich wieder in eine solche Situation begeben - schließlich hat sie in Bengasi ein Foto gemacht, das um die Welt ging: ein abstürzendes Flugzeug, aus dem sich der Pilot mit dem Schleudersitz rettet…
"Als ich es fotografiert habe, wusste ich gar nicht, was ich da fotografiere. Also dass ich den Piloten habe, wie er mit dem Fallschirm rausspringt. Das war mir alles nicht bewusst, weil das sind ja Bruchstücke von Sekunden, in denen das passiert."
Anja Niedringhaus arbeitet auch als Sportfotografin - ihre Reaktionsfähigkeit ist also geschult. Ihre Karriere begann in den 80er-Jahren beim Göttinger Tageblatt. Eigentlich wollte sie Lehrerin werden und jobbte bei der Zeitung nur nebenbei. Sie schrieb Texte. Das Fotografieren traute man ihr nicht zu – bis sie bei einer Reportage über die Besetzung einer Schule in einen Polizeieinsatz hineingeriet.
"Ich wurde auch mit verhaftet und bin getreten worden, hatte ne Platzwunde, habe aber auch nebenbei fotografiert und habe meinen Film einem Kollegen mitgegeben. Und ich kam dann abends, nachdem ich aus der Ambulanz zurückkam, in die Redaktion untersagte der CvD zu mir: 'Niedringhaus komm mal her, ab heute bist du in der Bildredaktion'."
Anja Niedringhaus fotografierte 1989 den Fall der Mauer und in den 90er-Jahren den Krieg im auseinanderbrechenden Jugoslawien. Seitdem ist sie immer wieder in Konfliktgebieten unterwegs. Für ihre Berichte aus dem Irak erhielt sie den Pulitzerpreis. Als Star fühlt sie sich deswegen aber nicht. Im Gegenteil. Die Interviews, die sie nach der Preisverleihung geben musste, waren ihr lästig - vor allem weil eine Frage, immer wieder gestellt wurde: Wie kann man als Frau einen derart harten, derart gefährlichen Beruf ausüben? Anja Niedringhaus zuckt mit den Schultern:
"Natürlich kann ich das als Frau. Warum nicht? Die Frauen, die ich kennengelernt habe, die sich dafür entschieden haben, sind psychisch stärker belastbar als viele Männer."