Die Berliner Sozialarbeiterin Tina - ihren echten Namen behält die 39-Jährige lieber für sich - war schockiert, als sie am 25.März dieses Jahres die Zeitung aufschlug. Neben dem Foto eines muslimischen Kollegen, mit dem sie seit Jahren in der Jugendsozialarbeit kooperiert, stand dort das Wort "Islamist".
Unter dem Titel "Berlin beruft Islamisten in Kommission gegen antimuslimischen Rassismus" unterstellte ein Journalist der Zeitung "Die Welt" im zugehörigen Artikel Mohamad Hajjaj, SPD-Mitglied und Berliner Landesvorsitzender des Zentralrats der Muslime, "Bezüge zu islamistischen Organisationen, die teilweise vom Verfassungsschutz beobachtet wurden oder werden".
Als Belege folgten Verweise auf teilweise mehr als zehn Jahre alte Interviews sowie auf Verfassungsschutzberichte, in denen Hajjaj zwar nie selbst auftauchte, wohl aber Organisationen, mit denen er Kontakt gehabt hatte. Mehrfach wiederkehrende Schlagworte wie Islamismus, Muslimbrüder oder Hamas schienen das Bild eines religiösen Gefährders abzurunden.
"Es wurde eigentlich in diesem Beispiel ein Feind- und Zerrbild entworfen, in dem ich mich selbst nicht wiedererkenne und vor dem ich selbst erschrecken würde", so der beschuldigte Mohamad Hajjaj kurz nach Erscheinen des Artikels.
"Wenn man inhaltlich auf meine Positionen zu sprechen gekommen wäre, dann würde man sehen, dass ich immer jemand gewesen bin, der praktisch auf Menschenrechte, auf menschenrechtliche Aspekte wert gelegt hat in meiner Arbeit, eine zentrale Rolle spielen, ich mich stets gegen Antisemitismus in all seinen Formen ausgesprochen habe, auch gegen Anti-Zionismus ausgesprochen habe, dass wir sogar Projekte zur Sensibilisierung, Aufklärung von Muslimen zum Thema Antisemitismus initiiert haben. Und ich mich auch niemals von Organisationen und Ideologien vereinnahmen ließ."
Vorwürfe mit Folgen
(*) Diejenigen, die die Vorwürfe später aufgreifen, kontaktieren weder ihn selbst noch solche, die seit Jahren zum Beispiel im interreligiösen Dialog mit ihm zusammenarbeiten. Mit konkreten Folgen: Die Berliner Sozialarbeiterin Tina verwirft nach der Lektüre Pläne für eine angedachte Kooperation mit Hajjajs Verein Inssan. Und auch für den Berliner CDU-Fraktionsvorsitzenden Burkard Dregger scheint der Fall klar. Wenige Tage nach Erscheinen des Welt-Artikels fordert er die Auflösung der noch jungen ExpertInnenkommission gegen antimuslimischen Rassismus wegen Hajjajs Berufung.
"Wenn man eine Expertenkommission gründet, die sich mit beklagenswertem Rassismus oder Diskriminierung zu Lasten muslimischer Mitbürgerinnen und Mitbürger befassen soll, dann beruft man darin nicht Personen, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen." So Burkhard Dregger mit Blick auf die verantwortliche grüne Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung.
"Also entweder sie haben Tomaten auf den Augen oder sie sind an Naivität nicht zu überbieten. Und deswegen muss diese Kommission aufgelöst oder gern auch neu besetzt werden."
Ruf bleibt angeschlagen
Die Berliner Integrationsbeauftragte Katarina Niewiedzial allerdings stellt sich nach jahrelanger Zusammenarbeit öffentlich hinter den Beschuldigten. Auch nach einer vertraulichen Sitzung des Verfassungsschutzausschusses wird die besagte Kommission weder aufgelöst noch neu besetzt. Der Ruf von Mohamad Hajjaj bleibt dennoch angeschlagen. Seine Frau wird an ihrer Arbeitsstelle auf den angeblichen Islamisten an ihrer Seite angesprochen, seine Kinder in der Schule. Der 36-Jährige glaubt an eine gezielte Kampagne.
"Ich habe manchmal das Gefühl, dass die Muslimbruderschaft so eine Art Feindbild darstellt, das halt im Schrank sitzt und jedes Mal, wenn eine Person irgendwie missliebig ist oder man sie kritisch angreifen möchte, holt man dieses Feindbild aus dem Schrank und dadurch wird diese Person praktisch mundtot gemacht."
Das sehen jene, die Mohamad Hajjaj weiter verdächtigen, anders. Gerade den Rassismus-Vorwurf, der bei Hajjaj und anderen auf ähnliche Weise Beschuldigten implizit mitschwingt, bezeichnen sie als Ablenkungsstrategie. Auch Lorenzo Vidino, Extremismusforscher an der George Washington University und einer der profiliertesten Kenner der Muslimbruderschaft weltweit, sagt: Es sei Teil der Strategie von Islamisten, auf Kritik mit Rassismusvorwürfen zu antworten.
"Die Islamophobie-Karte ist etwas, das sie viel verwenden und das eine Menge Leute zum Verstummen bringt. Denn in den heutigen Zeiten will sich niemand vorwerfen lassen, ein Rassist, ein Eiferer, oder islamophob zu sein. In vielen Fällen unterdrückt das die Debatte."
Nur: Ist Mohamad Hajjaj überhaupt ein solcher Islamist? Reichen die in der Welt angeführten Belege wirklich für einen solch schwerwiegenden Vorwurf aus? Wer schafft es bei der wachsenden Zahl an öffentlich ausgetragenen Konflikten noch den Überblick über Gut und Böse, Recht und Unrecht zu behalten, zwischen politisch aktiven Muslimen und Islamisten zu unterscheiden?
"Wir reden ja mit vielen, vielen Menschen und Sie merken einfach, im kommunalen Bereich, im kirchlichen Bereich, im politischen Bereich – es gibt sehr viele Unsicherheiten."
Viele Kommunen sind verunsichert
Beobachtet der Leiter von Deutschlands erster Islamberatung in Baden-Württemberg, Hussein Hamdan. Vor allem Kommunen, aber auch kirchliche Träger oder Parteien wenden sich an die beim Fachbereich Muslime in Deutschland angesiedelte Stelle der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart , wenn sie Beratung bei der Einschätzung und Zusammenarbeit mit muslimischen Gruppierungen suchen. Die Zahl derer, die das tun, wachse seit Jahren, so Hussein Hamdan.
"Wir dürfen nicht vergessen, wir haben den Zuzug vieler Geflüchteter aus Syrien, aus Afghanistan, aus dem Iran, aus anderen Ländern. Das heißt, Muslime sind einfach vielfältiger geworden und auch, was ihre Organisationen angeht, werden sie vielfältiger. Und das führt bei vielen Menschen natürlich auch zu gewissen Verunsicherungen. Also, dass man einfach sozusagen den Überblick verliert."
Hinzu kommt: Selbst vermeintlich überzeugende Kriterien wie eine behauptete "Nähe zur Muslimbruderschaft" oder eine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht helfen bei der tatsächlichen Einschätzung nicht immer weiter. Das gilt gerade dann, wenn diese Vorwürfe - wie im Fall von Mohamad Hajjaj aus Berlin - nicht auf konkreten Handlungen oder Aussagen, sondern allein auf Kontakten beruhen. Werner Schiffauer, Ethnologe und Professor Emeritus an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder, bezeichnet eine solche Art der Beweisführung als "Kontaktschuld":
"Bei Kontaktschuld gehen wir davon aus, dass der bloße Kontakt schon ein Hinweis ist oder Beleg dafür ist, dass jemand eine bestimmte Weltanschauung teilt. Das heißt, man schenkt sich dann – und das macht Kontaktschuld zu Kontaktschuld – die inhaltlichen Belege für die Behauptung, sondern aus dem bloßen Kontakt wird auf diese weltanschauliche Nähe geschlossen."
Selbst der in der Öffentlichkeit häufig als geradezu unfehlbar wahrgenommene Verfassungsschutz arbeite bei der Erstellung von Personenprofilen teilweise mit genau solchen Methoden, so Werner Schiffauer.
"Man notiert, wer wo auftaucht und gibt das in den Computer ein und hat damit so ein Kontaktprofil. Damit arbeiten auch Kriminalbeamte und so was. Das ist an sich nicht weiter problematisch, wenn man es als Erkenntnismittel nimmt und nicht als Beweis. So wird es aber oft nicht verwendet."
Kontakte werden oft als Beweis gewertet
Denn dafür müssten die Kontaktprofile um konkrete Informationen ergänzt werden: Wer hat sich mit wem getroffen? Wie oft? Was genau wurde besprochen? Stattdessen aber, so Werner Schiffauer, komme es immer häufiger vor, dass islamkritische Blogger und Aktivisten selbst zur Tat schritten:
"Sehr interessant sind diese Kontaktdaten für Netzaktivisten und Netzaktivistinnen, die dann sozusagen ihre eigene Agenda verfolgen und diese Kontaktinformationen durchaus verschwörungstheoretisch aufladen und dann tatsächlich ein Bild daraus stricken. Dann wird zum Beispiel aus der Aussage ‚die Gemeinde XY hat Bezüge zu der Institution Z und die Institution Z wird der Muslimbruderschaft zugeordnet‘, die Aussage, ‚die Gemeinde, um die es ursprünglich geht, ist Teil der Muslimbruderschaft‘. Und wenn das dann in der Presse ist, dann hat sich sozusagen das erhärtet, was im Block steht und hat den Charakter eines vernichtenden Urteils."
Bei Mohamad Hajjaj war es so, aber auch bei vielen anderen. Ein hessisches Präventionsprojekt gegen Radikalisierung etwa geriet 2017 in die Schlagzeilen, weil zwei seiner Mitarbeiter angeblich Verbindungen zu Islamisten hatten - und das Projekt dennoch vom hessischen Innenministerium gefördert wurde. Am Ende ergab eine behördliche Sicherheitsüberprüfung, dass an den Vorwürfen nichts dran war.
Ähnlich lag der Fall einer Berliner Moschee, deren Imam vom Berliner Senat für seine Dialogarbeit ausgezeichnet - zugleich jedoch in Internet und Presse immer wieder als verkappter Islamist bezeichnet wurde, weil der Name seiner Moschee in Berichten des Berliner Verfassungsschutz auftauchte.
Ein Gerichtsurteil untersagte diese Nennung schließlich im Jahr 2018, weil die Sicherheitsbehörde nicht klar belegen konnte, was genau die Moschee mit der Muslimbruderschaft zu tun hatte. Bis heute allerdings taucht die ehemalige Erwähnung im Verfassungsschutzbericht in fast jedem Artikel auf, in dem die Berliner Moschee oder ihr Imam erwähnt werden.
Wachsende Berührungsängste mit Muslimen
"Also manchmal hat man das Gefühl, lieber kritisch, dann kann ich nicht so viel falsch machen." So Hussein Hamdan von der Islamberatung Baden-Württemberg. Auch er beobachtet unter anderem wegen dieser Art der Berichterstattung wachsende Berührungsängste mit Muslimen und so genannten Islamthemen insgesamt.
"Sie haben dann jemanden in der Verwaltung sitzen, der mir sagt: Wissen Sie, ich habe hier Gruppen, die immer einen Aufstand machen, sobald wir irgendwie mit dem Thema Islam anfangen. Und dann kriegen wir Briefe und dann haben wir Journalistinnen und Journalisten, die warten nur darauf, dass sie irgendwie einen Artikel setzen können."
Genau diese Vorsicht aber, die andere Gesellschaftsgruppen in dieser Weise nicht erführen, könne am Ende dazu führen, dass Muslime zunehmend pauschal aus demokratischen Strukturen ausgeschlossen würden, so Hamdan.
"Also ich erlebe es tatsächlich, dass es Leute gibt, die sagen, das ist uns zu heiß, das wollen wir nicht. Ich erlebe aber tatsächlich auch bei vielen Musliminnen und Muslimen eher einen Rückzug. Aufgrund dieses Misstrauens, aufgrund dessen, dass man ständig mit Vorurteilen auch bombardiert wird. Das ist etwas, was mir Sorge bereitet, wenn diejenigen, die eigentlich eher aufgeschlossen sind, die dialogorientiert sind, die versuchen auch für ein offenes Miteinander zu werben, dass die oft gar nicht mal mit böser Absicht, doch eine gewisse Zurückweisung erleben."
Aufgeschlossene Muslime haben oft einen schweren Stand
Dabei hätten gerade die aufgeschlossenen, gut integrierten Muslime in ihren eigenen, konservativen Gemeinden oft ohnehin einen schweren Stand, sagt der Ethnologe Werner Schiffauer. Er verweist etwa auf den Berliner Imam, der für seinen offenen Kurs bekannt ist, Juden und Jüdinnen in die Moschee einlud, Islamkritiker und Homosexuelle. Und der dennoch für viele als Partner nicht mehr infrage kam, weil seine Moschee immer wieder wegen sogenannter Kontaktschuldvorwürfe im Verfassungsschutzbericht auftauchte.
"Der Imam hat eine schwierige Klientel, indem er sozusagen so viele Geflüchtete auch hat in der Gemeinde. Er versucht gleichzeitig eine Linie zu fahren, wo er diese Stolpersteine z.B. mitpflegt oder Veranstaltungen da mitmacht, um damit Signale gegenüber seinen Gemeindemitgliedern zu setzen. Es ist ganz klar, dass hier Integrations- und Friedensarbeit gemacht wird. Und dass keine Unterwanderung der Gesellschaft stattfindet. Vielmehr werden hier Gruppen in die Gesellschaft hereingeholt. Das hindert aber viele nicht daran zu sagen: Es sind auch Leute in der Moschee, die dem Islamismus zugehören. Ja, aber dass man daraus dann sagt, dann wollen wir keine Kooperation mehr mit jemandem, der beispielsweise Stolpersteine pflegt oder sich gegen den Antisemitismus einsetzt. Das ist doch absurd."
Verfassungsschutz warnt vor "legalistischem Islamismus"
Würden solche Leute kriminalisiert, verlören damit nicht nur die Muslime, sondern auch die nicht-muslimische Mehrheitsgesellschaft, die sonst so gerne ein klares Bekenntnis gegen Antisemitismus oder Homophobie fordere, so Werner Schiffauer. Tatsächlich warnt der Verfassungsschutz unter dem Stichwort "legalistischer Islamismus" seit einigen Jahren verstärkt vor so genannten "Wölfen im Schafspelz", im Internet auch "Schlipsislamisten" genannt.
Gemeint sind Muslime, die sich zwar formal an Recht und Gesetz halten, denen aber unterstellt wird - zum Beispiel im Bezug auf Frauenrechte - doch Werte zu vertreten, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind oder langfristig eine islamische Gesellschaftsordnung anzustreben. Jedoch gilt das Phänomen legalistischer Islamismus selbst innerhalb von Sicherheitsbehörden als umstritten bzw. schwierig zu handhaben.
"Das ist ja ein Vorwurf, wenn der erhoben wird, von dem kann man sich selbst nicht freisprechen", gesteht etwa Hazim Fouad, Islamwissenschaftler beim Verfassungsschutz in Bremen: "Weil das würde einem ja ausgelegt als genau die Verfolgung dieser Taktik: Nämlich nach außen hin moderat-demokratisch aufzutreten. Und das ist natürlich ein Problem, das sehe ich auch so."
Und dennoch ist auch Hazim Fouad von der Existenz des so genannten legalistischen Islamismus überzeugt: "Das ist aber nun mal auch die Strategie – in Teilen auch sehr erfolgreich, eben nach außen hin nicht das zu vertreten, was man eigentlich vorhat. Und wenn nun mal Personen sich regelmäßig im Umfeld von anderen aufhalten, die bekannt einer Bewegung zugeordnet werden, die beobachtet wird, dann muss man sich nun mal auch vorwerfen lassen, möglicherweise Sympathisant zu sein. Das ist ja auf andere Extremismusbereiche übertragbar."
Persönliche Beziehungen aufbauen
Wem also glauben, wem noch vertrauen? Wie das Entstehen eines wachsenden Misstrauens gegenüber Muslimen insgesamt verhindern? Letztendlich sind sich Experten und Expertinnen einig: Um herauszufinden, mit wem man es im konkreten Fall zu tun hat, gilt es - wie in anderen Lebensbereichen auch - persönliche Kontakte und Beziehungen zu muslimischen AkteurInnen aufzubauen. Wem das selbst nicht möglich sei, oder wer dennoch Misstrauen hege, der könne und müsse mit Dritten sprechen, die eine Einschätzung abgeben könnten, so der Ethnologe Werner Schiffauer.
"Viele der Gruppen, die der Kontaktschuld bezichtigt werden, arbeiten seit Jahren mit Stadtverwaltungen zusammen, mit christlichen Kirchen, mit jüdischen Gemeinden und man kann diese Kooperationspartner nach den Erfahrungen fragen, die sie gesammelt haben über die Jahre hinweg. Das ist in der Regel vertrauenswürdiger als die Informationen von irgendwelchen Bloggern oder Bloggerinnen, die nur auf einen Verdacht oder den Namen 'Muslimbrüder' abfahren."
Hussein Hamdan von der Islamberatung empfiehlt zudem, sich die Menschen und Gemeinden vor Ort anzuschauen, ihre Handlungen und Aussagen zu bewerten - und nicht nur auf Gruppenzugehörigkeiten zu achten. So werde die türkische Organisation Milli Görüs zwar in Baden-Württemberg in ihrer Gesamtheit vom Verfassungsschutz beobachtet. Einzelne Imame und Gemeinden aber hätten sich in der Vergangenheit immer wieder als konstruktive und aufgeschlossene Kooperationspartner bewährt. Ihnen die Türen zum Dialog zu verschließen, hieße zugleich, eine Kontaktmöglichkeit zu Hunderttausenden Türkeistämmigen Menschen in Deutschland zu ignorieren, so Hamdan.
"Mir kommt es immer drauf an, mit wem kann ich reden und mit wem kann ich nicht reden. Mit salafistischen Gruppierungen können wir nicht reden. Mit gewaltbereiten Gruppierungen ist es einfach nicht möglich. Das ist etwas für die Sicherheitsbehörden. Wenn ich aber einfach mal so höre, der legalistische Islamismus ist die neue Gefahr, dann werden zu schnell zu viele Menschen und zu viele Verbände/Gemeinden in Haftung genommen."
Der Dialog ist wichtig
Das glaubt auch die Berliner Integrationsbeauftragte Katarina Niewiedzial, bei der genau deswegen das deutschlandweit erste Islamforum angesiedelt ist. Eine Gesprächs- und Diskussionsplattform, bei der seit 15 Jahren Teilnehmer aus den verschiedenen muslimischen Communities der Hauptstadt, Vertreter der Senatsverwaltungen, anderer religiöser Gruppen und von Migrantenorganisationen zusammenkommen, um sich auszutauschen.
"Solange sie quasi keine Terrororganisation oder tatsächlich Organisationen, die vom Verfassungsschutz verboten werden, drin haben, bewegen wir uns hier in einem Milieu, was für uns wahnsinnig wichtig ist, weil wir den Zugang zu den verschiedenen Communities dadurch auch haben", so Katarina Niewiedzial.
Sie weiß aus der Erfahrung ihrer täglichen Arbeit als Integrationsbeauftragte: "Wir brauchen eine Gesprächsplattform. Der Dialog ist wichtig. Wir haben ganz viele Fragen in dieser Stadt, die Muslime betreffen, und wir müssen mit ihnen sprechen. Reden hilft!"
Auch der eingangs erwähnte und in der Welt als Islamist beschuldigte Mohamad Hajjaj ist Teil des Berliner Islamforums. Ebenso andere Vertreter von durchaus als konservativ bekannten Berliner Moscheegemeinden. Einverstanden sein, müsse man mit deren Positionen und Weltbildern selbstverständlich nicht, so der emeritierte Professor Werner Schiffauer von der Europa-Universität Viadrina. Die Unschuldsvermutung aber müsse für alle gelten.
"Die Verurteilung der Kontaktschuld bedeutet nicht, jemanden von der Kritik zu immunisieren und auszunehmen. Aber einfach den Imperativ, den anderen in seinen Positionen ernst zu nehmen, und wenn man gegen die Positionen ist, auch dagegen zu argumentieren, mit ihm zu streiten, sich auseinanderzusetzen."
(*) In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, Mohamad Hajjaj sei in dem Welt-Artikel vom 25. März 2021 nicht zu Wort gekommen. Dies haben wir korrigiert.
Zudem haben wir mehrere Fotos und Links entfernt, um die Persönlichkeitsrechte einer Person aus dem Beitrag zu wahren.