Es bleibt dabei: Alle Spuren führen nach Russland, aber Ross und Reiter wollte oder konnte das internationale Ermittlerteam auch in diesem zweiten Zwischenbericht nicht benennen. Nach der Auswertung zahlreicher Fotos, Videoaufnahmen und Zeugenaussagen gebe es jedoch keine Zweifel mehr an der Herkunft der beim Abschuss verwendeten BUK-Rakete, so der niederländische Polizeichef Wilbert Paulissen:
"Nach einem ausführlichen und arbeitsintensiven Vergleich verschiedenster BUK-Raketensysteme ist das Ermittlerteam zu dem Schluss gekommen, dass das BUK-Geschütz, mit dem Flug MH17 abgeschossen wurde, zur 53. Luftabwehrbrigade in Kursk in der Russischen Föderation gehört."
Die entscheidende Frage bleibt offen
Die Rakete vom Typ 9M38 wurde offenbar in einer Moskauer Fabrik produziert. Das jedenfalls gehe aus einer eingravierten Zahlenkombination auf dem Gehäuse hervor. In einem Konvoi sei die Waffe im Juni 2014 in ein von pro-russischen Rebellen kontrolliertes Gebiet in der Ost-Ukraine gebracht worden. Wer genau zu dem Konvoi gehört und die Rakete abgeschossen habe, sei noch unklar. Auf die Frage eines Journalisten, ob es sich wie vor anderthalb Jahren immer noch um bis zu 100 Tatbeteiligte handele, antwortete Staatsanwalt Fred Westerbeke als Leiter der Ermittlungen:
"Die Zahl ist zurückgegangen auf mehrere Dutzend. Und da sprechen wir von Menschen verschiedener Herkunft, die wir im Visier haben. Ich möchte nicht näher darauf eingehen. Aber sie können sich angesichts des Schauplatzes vielleicht denken, welchen Hintergrund diese Personen haben."
Das Schweigen der russischen Behörden
Das Team, zu dem neben Niederländern auch Ermittler aus Malaysia, Australien, Belgien und die Ukraine gehören, rief mögliche Augenzeugen dazu auf, sich bei den Behörden zu melden, um Hinweise auf die noch offenen Fragen zu geben. Wer gehörte zur Besatzung des Militärkonvois? Wer gab den Auftrag zum Abschuss der malaysischen Passagiermaschine? Und wer trägt die Verantwortung für das Verbrechen? Alle diese Fragen, so Fred Westerbeke, seien auch den russischen Behörden bereits gestellt, aber nicht beantwortet worden.
"Ich stelle fest, dass wir entscheidende Hinweise nicht gehabt haben. Und ich finde, dass sich diesbezüglich etwas verbessern muss. Wir haben jetzt erneut um Informationen gebeten, und ich bin gespannt, ob wir diese Informationen nun bekommen oder nicht."
Die aktuellen Ermittlungen bestätigen damit die Untersuchungsergebnisse, die das Recherchenetzwerk Bellingcat bereits vor Monaten veröffentlich hatte. Morgen will Bellingcat in Den Haag vor die Presse treten und neue Erkenntnisse publik machen. Sollte es irgendwann zu einem Prozess gegen Tatverdächtige kommen - darauf haben sich die von dem MH17-Abschuss betroffenen Länder geeinigt -, werde dieser vor einem niederländischen Gericht stattfinden.