Nikosia, die geteilte Hauptstadt Zyperns am 24. April 2004: Mehmet Ali Talat, der Regierungschef der türkischen Zyprer ist schwer enttäuscht. "Wir, die türkischen Zyprer, haben mit Ja gestimmt", sagt er, "wir haben also unseren Job gemacht". Die griechischen Zyprer aber hatten den Plan zur Wiedervereinigung abgelehnt.
"Der türkischen Seite darf man jetzt keine Vorhaltungen mehr machen", forderte Talat damals.
Ironie der Geschichte: Nach der gescheiterten Abstimmung wurden nur die griechischen Zyprer EU-Bürger mit allen Rechten; die türkischen Zyprer blieben außen vor. Sie fühlen sich bis heute ungerecht behandelt und abgestraft.
Seit einigen Monaten verhandeln beide Seiten erneut über eine Wiedervereinigung. Für den griechisch-zyprischen Süden sitzt Andreas Mavroiannis am Verhandlungstisch: "Wir haben niemals die türkischen Zyprer für irgendetwas bestraft.
Das Problem ist, dass es im besetzten Gebiet eine illegale Regierung gibt, die ist auch vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilt worden. Aber die türkischen Zyprer sind Bürger unseres Landes; mit allen Rechten, die Bürger haben."
Tatsächlich können türkische Zyprer über die Grenzlinie in den Süden der Insel gehen und einen EU-Pass bekommen, also einen Pass der Republik Zypern.
"Wir türkischen Zyprer sind traumatisiert. Denn wir wissen nicht, wo wir hingehören", sagt Hasan Hastürer, der im türkischen Teil der geteilten Hauptstadt Nikosia lebt.
"Ich habe drei Pässe. Den türkischen Pass, den ich benutze, wenn ich in die Türkei reise. Aber ich empfinde diesen Pass nicht wirklich als den meinen. Dann habe ich den Pass der Europäischen Union. Den hat mir der griechisch-zyprische Beamte so ausgestellt, als hätte ich eigentlich kein Recht darauf. Ich empfinde ihn also auch nicht als den meinen. Und schließlich habe ich den Pass der Türkischen Republik Nordzypern, den die ganze Welt nicht anerkennt. Aber der ist mir - glaube ich - noch am nächsten. Der definiert mich noch am meisten."
Viele wissen nicht, wo sie hingehören
Mit seinem EU-Pass könnte Hasan Hastürer auch an den Wahlen zum Europaparlament teilnehmen. Schließlich sind für die türkischen Zyprer zwei Plätze im Europaparlament vorgesehen. Diese beiden Plätze aber nehmen Politiker aus dem griechischen Teil der Insel ein, denn die Regierung im griechischen Teil Nikosia sieht sich als völkerrechtlich legitimierte Vertretung der gesamten Insel.
Hasan Hastürer will aber nicht über eine Grenze gehen und griechisch-zyprische Politiker wählen müssen. Deshalb geht er gar nicht hin.
"Warum können die türkischen Zyprer ihre zwei Sitze im EU-Parlament nicht wählen? Es muss doch Wege geben, dass die türkischen Zyprer im EU-Parlament vertreten sind! Dann wäre es attraktiv für mich. Aber so? – Nein!"
Die jetzt neu begonnenen Verhandlungen zur Wiedervereinigung sind kompliziert. Nach dem Zypernkrieg 1974 hatte die Türkei Zigtausende Siedler nach Zypern geschickt, um den Bevölkerungsanteil der Türken auf der Insel zu erhöhen. Diese türkischen Siedler, so meint Andreas Mavroiannis von der griechisch-zyprischen Regierung, müssen wieder zurück.
"Dass sie hier leben, geht auf kriminelle Handlungen zurück. Und wir können das nicht billigen."
Die Regierung im türkischen Nordteil der Insel hingegen sieht die Siedler und deren Nachfahren als gleichwertige Bürger an und will sie auf keinen Fall von der Insel vertreiben. Es wird schwer werden, hier einen Kompromiss zu finden.